Warum denken viele Jugendliche, dass es "cool" wäre, eine soziale Phobie zu haben?

12 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es den Jugendlichen darum geht, dass eine soziale Phobie oder ähnliches "cool" wäre.

Ich denke es ist eher ein Phänomen der (sozialen) Medien.

Psychische Erkrankungen werden immer mehr zum Thema. Die Aufklärung wird immer mehr voran getrieben und viele Menschen können zumindest mit den meisten Erkrankungen etwas anfangen.

Aber das schafft eben auch den Nachteil, dass Symptome falsch gedeutet werden und Selbstdiagnosen gestellt werden!

Wenn jemand traurig ist, mal keine Lust mehr auf alles hat, dann sind es direkt Depressionen.

Wenn jemand nicht unter Menschen möchte und sich dabei unwohl fühlt, dann ist es direkt die soziale Phobie.

Wenn jemand Angst hat vor der Klasse etwas vorzutragen und dabei einmal in Tränen ausgebrochen ist, hat die Person direkt eine Angststörung.

Die meisten kennen die Begriffe, wissen auch grob in welche Richtung die Symptome gehen und ziehen daraus ihre Schlussfolgerungen. Das ist nicht immer richtig!

Die Wörter sind einfach im falschen gebrauch...

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Schulsozialarbeiterin

Dieses Phänomen beschränkt sich nicht nur auf soziale Phobie. Bei Depressionen ist das recht ähnlich.

Bei Depressionen hat, vermutlich, eine gewisse Musikerin, welche kurzzeitig im Trend war (oder immernoch ist. Ka, kenn mich da nicht so aus) einen gewissen Einfluss drauf hatte.

Und mit so einer "Depression" kann man ziemlich schön Aufmerksamkeit im Internet erlangen.

Der Aspekt der Aufmerksamkeit spielt wahrscheinlich auch bei der Sozialphobie eine gewisse Rolle.

Die Jugendlichen, die sich überhaupt nicht mit den Symptomen einer Depression identifizieren können, aber trotzdem 'cool' sein und Aufmerksamkeit haben wollen suchen sich dann etwas anderes. Und so wird Schüchternheit und Introversion schnell mal zu einer Sozialphobie.

Dazu kommt, dass einem eine Identität gibt. Ich habe nicht umsonst das wort (sich mit den Symptomen einer Depression) "identifizieren" (Können) benutzt. Man will 'edgy' sein, um besonders zu sein. Und das hebt einen dann von der Masse ab.

Ich muss ehrlich gesagt auch gestehen, dass ich selbst nicht so ganz unschuldig bin. Aber das hat andere Gründe gehabt. Ich habe nicht an eine Sozialphobie gedacht, sondern hatte Asperger im Verdacht (Reim not intended). Das hatte aber, wie gesagt, nicht die gleichen Gründe wie oben genannt. Ich bin hier auf gf auf eine Frage gestoßen, wo jemand gefragt hat, warum Blickkontakt für ihn so unangenehm ist. Ein paar Tage vorher hatte ich eine ähnliche Situation und war deswegen an die Frage interessiert. Natürlich war Asperger in den antworten verteten. Daraufhin habe ich mich ein wenig darüber informieren und festgestellt, dass ich mich mit vielen Symptomen identifizieren konnte. Ich habe nie behauptet, dass ich Asperger habe, aber (hier auf gf) doch häufiger mal gemeint, dass ich es wahrscheinlich habe (habe also deutlich gemacht, dass es lediglich eine Vermutung ist).

Das stellte sich später aber als falsch heraus. Ich bin wohl einfach sensibel (vllt HSP), habe ne scheiß Sozialkompetenz und bin sehr introvertiert.

Das, wie bei mir beschrieben, könnte auch ein Grund sein. Dass man einfach Symptome bei sich selbst wieder findet und sich damit identifizieren kann, obwohl es bei weitem nicht so 'schlimm' ist und entschedene Symptome 'fehlen'. Da kommt schnell mal die Annahme, dass man eine bestimmte krankheit hat. Und viele sind deutlich weniger skeptisch sich selbst gegenüber als ich (und selbst ich hatte, so in Nachhinein gesehen, mich viel zu wenig hinterfragt).

Plus die zuerst genannten Gründe beeinflussen diese Selbsteinschätzung natürlich ebenfalls beträchtlich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich philosophiere einfach gerne rum :)

Nagisaaa  16.09.2021, 21:01

Finde deine Antwort echt toll :)

4

Noch weniger verstehe ich, warum ausgerechnet die "soziale Phobie" so faszinierend für einige Menschen ist, die diese Erkrankung gar nicht haben.

Warscheinlich um interresse auf sich zu lenken, genauso wie alle auf einmal Trans,Bie,Schwul ect. sind, ist wohl ein Trend wie früher Arschgeweihe zu haben, leider ist es jedem zukünftigen AG trotz Datenschutz möglich ( mit ein wenig Beziehungen ) und ein wenig Recherche, einen zukünftigen Azubi zu durchleuchten ! ( denn sie wissen noch nicht was sie sich antun )

Es ist scheinbar gerade “in“ irgendwelche psychischen Erkrankungen zu haben und sich selbst zu diagnostizieren. Ständig wird auch schon bei banalen Problemen gefragt wie man “diese Krankheit“ nennt, Liebeskummer, Schulstress, Pubertät etc wird mit Depressionen verwechselt usw.

Genauso fragen 12jährige welche Sexualität sie wohl haben oder müssen sich unbedingt in der ganzen Schule “outen“...

Ich denke viele suchen einfach nur Aufmerksamkeit.

Von Experte DianaValesko bestätigt

Kenne einige Jugendliche, die sich Krankheiten einzureden versucht haben oder sogar anderen erzählt haben, sie würden an dieser und jener Erkrankung leiden oder es vermuten. Aber das war vor 15 Jahren genauso zu meiner Schulzeit (bin Jahrgang 1990) schon genauso, nur gab es da noch kein TikTok und Co.! Kannte sogar jemanden aus meiner Stufe der behauptet hat, Symptome der Parkinsonschen Krankheit (!) an sich entdeckt zu haben.

Der übliche Weg dorthin dürfte wie folgt sein: Die Kiddies haben zunächst mal typische pubertäre Probleme im Bereich Stimmungsschwankungen und wissen nix damit anzufangen merken aber dass sich was verändert; sie haben für sie total unverständliche Gefühlswallungen, sind unzufrieden und mit der Situation ihres Lebens überfordert, haben Zukunftsängste weil sie nicht wissen wo die Reise nach der Schule hinführt und wissen mit sich nichts anzufangen. Sie fragen sich, woher das alles denn kommt, lesen irgendwo was, schnappen gefährliches Halbwissen auf und googeln das alles im dümmsten Fall noch, die Eltern getrauen sie sich wie in der Pubertät üblich allermeistens sowieso nicht zu fragen (damit man cool wirkt und keine Schwäche zeigt) und getreu der Vorurteile - da sehe ich aber die angeblich ach so tolerante Gesellschaft in der Bringschuld - gehen ja laut dem Mainstreammob sowieso nur "Bekloppte" zum Psychologen, sodass diese Alternative an kompetentem Rat für die meisten (obwohl's manchmal vielleicht die beste Adresse wäre) sowieso ausscheidet. Dann geht man selbst auf die Suche, natürlich nicht gerade in den seriösen Quellen, wird fündig und dann denkt man halt ------> ouh ja, ich hab 'ne soziale Phobie ... na ja!

Oftmals steckt dahinter - ähnlich wie bei der Ritzerei - aber auch der reine Wunsch nach Aufmerksamkeit - und wenn man die Biographien der Leute anschaut und sich die Mühe macht mal nachzuforschen, findet man fast immer sehr traurige Gründe, die das aus menschlicher Sicht zumindest nachvollziehbar wirken lassen. Dann sind solche Selbstdiagnosen ein Hilferuf.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung