Vertrag von Sevre - Kurden/Türken

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Im Vertrag von Sevres haben die Alliierten 1920 Friedens- und Waffenstillstandsbedingungen für die halbe Welt vereinbart, siehe

http://wwi.lib.byu.edu/index.php/SectionI,Articles1-_260

Zum Thema Türkei/Kurden sind vor allem die Artikel 62 und 64 relevant. In Artikel 64 wird den Kurden das Recht zugesagt, innerhalb eines Jahres den Vöklerbundsrat (das ist der heutige Weltsicherheitsrat) anzurufen, wenn eine Mehrheit des kurdischen Volkes die Unabhängigkeit von der Türkei wünscht, und dass dann die Türkei der Durchsetzung einer solchen Unabhängigkeit zustimmen würde.

Das ganze ist aber irrelevant, weil Atatürks Regierung diesem Vertrag niemals zustimmte. Die Zustimmung erfolgte nur durch die alte Regierung des osmanischen Sultans. Und Atatürk hat zwar eine erfreulich säkularen und demokratische Prolitik betrieben, und dabei versucht, alle für sich zu gewinnen. Aber gegenüber nationalen Minderheiten wie Kurden, Armenier, Griechen und Assyrern hat er eine gnadenlose Verfolgungspolitik durchgeführt: Diese sollten entweder ihre Identität aufgeben, auswandern oder ... das will ich nicht aussprechen.

Im Vertrag von Lausanne, den Atatürk unterzeichnete, gab es dann nur noch minimalste Rechte für nationale Minderheiten in der Türkei.


Mixia  22.06.2011, 23:10

Danke für den Stern, freut mich dass ich dir helfen konnte!

Aber die Antwort von Deem war auch super, und viel authentischer, denn sie kommt aus dem Land.

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Du wirst keine seriösen Quellen über dieses Thema finden können. Die einen sagen Atatürk hat den Kurden einen Staat versprochen, andere sagen er habe dies nicht getan. Der Vertrag von Lausanne bestätigt letztere Aussage und dies Schwarz auf Weiß. Ein schriftlicher Vertrag oder Protokoll zwischen Atatürk und den Kurden existiert nicht.

Zu den zwei Antwortenden hier: Genauso könnte ich behaupten das Merkel letzte Woche den Bayern einen unabhängigen Staat versprochen hat. Liegt etwas Schriftliches vor? Nein. Also ist meine Behauptung das was es ist – eine Behauptung.


Mixia  21.06.2011, 01:30

Richtige Antwort Deem, DH!

Ich präzisiere das noch mal in einer eigenen Antwort.

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Der Vetrag von Lausanne wurde 1923 als definitiver Vertrag in Kraft gesetzt, nachdem die Engländer und Franzosen gegen die Türken kapitulieren mussten. Die Kurden wurden darin nicht berücksichtigt, bzw. wie früher im Osmanischen Reich als Türken betrachtet. Wie es zum Streit kam erfährst Du weiter unten.

Die Türkei als Vielvölkerstaat besteht aus über zwölf Ethnien. Die Kurden sind eine davon. Heute sind auch die Kurden wieder ein Bestandteil der türkischen Gesellschaft.

Seit Erdogan haben die Kurden wieder die gleichen Rechte wie alle Bürger der Türkei. Davor war das noch nicht so, weil 1923 ein von den Kurden geforderter Staat die Hunderte Jahre dauernde Beziehung zur Türkei zerstörte. Das wiederum geschah deshalb, weil die Engländer und Franzosen im 1.Weltkrieg den Kurden einen Staat in Aussicht gestellt hatten. Sie benutzten einen kleinen Teil der Kurden im Krieg gegen das Osmanische Reich. Sie wurden als Terroristen eingesetzt, um das Osmanische Reich von innen zu schwächen. Die Türken gewannen am Schluss aber dennoch mit Atatürk gegen die Engländer und Franzosen und deshalb blieb der eigene Staat für Kurden nur ein Traum.

Im Osmanischen Reich waren die Kurden genauso integriert wie heute und kämpften mit dem Osmanischen Reich gegen äussere Einflüsse. Die ca. 14 Mio. Kurden, die es in der Türkei gibt, sind weitgehend in die Wirtschaft, Politik, Kunst und Kultur integriert und haben keine Probleme mit dem Türkischen Staat. Im Gegenteil, es gibt kurdische Minister und die AKP besteht aus einem Drittel Kurden.

Eine selbsternannte Organisation, die sich Arbeiter Partei Kurdistans (PKK) nennt, aber als Partei nichts mit Politik zu tun hat, kämpft mit Waffen aus den Bergen im Irak gegen den türkischen Staat. In Deutschland gibt es Leute, welche diese PKK als Freiheitskämpfer sehen. Allerdings der Ausdruck Freiheitskämpfer bezeichnet jemanden, der sich gegen die herrschende Macht auflehnt, die als unterdrückerisch und ungesetzlich gilt. In der Türkei werden keine Kurden unterdrückt. Kurden haben in der Türkei die gleichen Rechte wie alle Bürger. Daher ist die PKK eine Terrororganisation, denn sie kämpfen gegen eine Türkische Regierung, die selbst auch aus Kurden besteht.

Ganz wichtig ist hierbei zwischen Kurden und der PKK einen Unterschied zu machen. Denn die PKK hat nichts mit dem mehrheitlichen Willen der in der Türkei lebenden Kurden gemeinsam.

In der Türkei ist die Mehrheit der Kurden gegen diese PKK, die übrigens als Terrororganisation in vielen Ländern der Welt verboten ist. Die PKK hat auch viele Schwester-Organisationen, die an diversen Orten mit anderem Namen genauso mit Waffen und Terror tätig sind. Aktuelles Beispiel sind die PYD(YPG), welche die syrische Form der PKK darstellt.

Die türkische Regierung hat nichts gegen Kurden. Also, wenn man in deutschen Medien hört, Kurden werden von der Türkei angegriffen, dann ist das eine Fehlinformation. Denn die Türkei würde nie Kurden angreifen. Die Türkei greift die Terrororganisation PKK an. PKK und Kurden werden oft verwechselt, so dass deutsche Bürger unbewusst sich für eine verbotene Terrororganisation einsetzen. Das muss man ganz klar sehen.

Schaut selber, was die Türken und Kurden dazu sagen:

https://www.youtube.com/watch?v=htD5BaY9Ucg

https://www.youtube.com/watch?v=j4sPHSkF4c0

Und was Erdogan über die Kurden denkt:

https://www.youtube.com/watch?v=9kAsmvQhbXQ  


Fluex  16.12.2018, 21:44

Was ich korrigieren würde ist, dass die Kurden wie man uns immer darstellt eu#in streben nach einem Nationalstaat nachsagt. Soweit ich weiß und du auch erwähnt hast, hat sich eine Randgruppe innerhalb der Kurden (Minderheiten in der kurdischen Gesellschaft) gegen das Osmanische Reich aufgelehnt, während die Mehrheit der Kurden hinter dem Osmanischem Reich stand. Siehe die von Sultan Abdulhamid ausgerufene Miliz, die sogar mit dem Jungtürken am Befreiungskrieg teilnahm. https://de.wikipedia.org/wiki/Hamidiye_(Kavallerie)
Wir haben seitdem die Türken 1071 nach Anatolien kamen Frieden in der Region, da im 12. Jahrhundert dank türkischer Hilfe das Byzantinische Reich entgültig vertrieben werden konnte. Der Vertrag von Sevres wurde von Kamal Pasa und seinen Gefolgsleuten für nichtig erklärt und das mit Zuspruch von den muslimischen Kurden, die darin die Chance sahen die alte Ordnung wiederherzustellen. Kamal Pasa konnte dadurch, dass er den Türken, Kurden etc die alte Ordnung versprochen hatte, seine Armee für den Befreiungskrieg organisieren.
kurzes Beispiel: Der kurdischstämmige Reşo aus Diyarbakir war der erste Kavallerie-Sergeant, der in Izmir die griechische Flagge vom Regierungshaus herunterholte und anschließend die türkische Flagge dran hängte. - Die Einnahme von Izmir, 1922

40 Jahre nach seinem Tod erhielt sein Sohn Zülküf Nazlı die Unabhängigkeitsmedaille des kurdischstämmigen Reşo, der 1972 starb.
Leider kann man hier keine Bilder posten.
Die Kurden wollten auf gar keinen Fall einen säkularen Staat haben wie Kamal Pasa dies durchsetzte, sondern das alte osmanische Reich mit jeweils Autonomiegebiete, die nicht so wahrgenommen werden sollten wie wir die Autonomiegebiete heute kennen. Auch wollten die Kurden keine Sprachschulen, diese ganzen Forderungen kamen später, weil eben lesen und schreiben im osmanischem Reich nicht weit verbreitet war. Zum Beispiel konnten nur 7% der Osmanen lesen und schreiben gleichzeitig. Kamal Pasa ist Beispielsweise bei den kurdischen und türkischen Aleviten so hoch angesehen, weil es ohne ihn keine Aleviten mehr in Anatolien gäbe. Kamal Pasa war ein Freidenker und ein Vorbild, was seine Nachgänger kaputt machten und seine Visionen mit Füßen getreten haben. Wir Kurden waren tatsächlich seit jeher mit den Türken befreundet und sogar nach der Säkularisierung. So haben die Kurden Menderes zu Millionen gewählt. Du hast es richtig erfasst, die Türken haben nichts gegen uns Kurden genau so wie andersherum. Im Grunde genommen erfreuen sich viele, wenn das türkische Militär oder die Gendermarie im Dorf ist, weil sie ein Sicherheitsgarant für die Dörfbewohner und die gewöhnlichen Polizisten sind

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Den Kurden wurde ein unabhängiger Staat zugesagt. Das ist so richtig.