Trotz Anstrengung ein Versager?
Hallo, ich sitze gerade im Zug und denke mal wieder über meine Existenz nach. Ich bin 23 Jahre und bei mir wurde als Kind Adhs diagnostiziert. Ich war übrigens auch eine Frühgeburt. Ich hatte es nie leicht im Leben. Mein Leben war und ist noch immer ein Kampf. Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung als Zerspanungsmechaniker, welche ich 2015 abgeschlossen hatte - aber gerade so. Kurzgesagt: ich war absolut unfähig in diesem Beruf, da ich Mathematik nicht beherrsche und auch über keinerlei räumliches Denkvermögen verfüge. Aus diesen Gründen holte ich mein Realschuleabschluss 2017 - 2018 nach. Ich wollte eine neue und zu mir besser passende Ausbildung. Eine Stelle als Tierpfleger in Forschung u. Klinik habe ich gefunden und vor 3 Wochen angefangen. Zudem muss ich noch zu ergänzen, dass ich seit April das erste mal seit langem wieder richtig verliebt bin und mir auch eine Familie mit dieser Frau vorstellen kann. Meine Freundin kommt aus dem Ausland. Ich hatte eigentlich geplant, meine Ausbildung zu machen und sie dann nach Deutschland zu holen. Nun merke ich aber wieder, dass ich absolut unfähig in diesem Job bin. Ich kann gegen mein Adhs leider nicht viel machen und kann mich deswegen nur sehr schwer konzentrieren. Dazu kommt noch, dass ich immer total nervöse bin und mich wie in Watte eingepackt fühle. Ich stehe im Labor und bin Quasi wie Handlungsunfähig, also wie benommen. Ich nehme mittlerweile an, dass ich dazu noch einen sehr geringen IQ haben, welcher mir alles noch schwerer macht. Wir zur Hölle soll ich glücklich werden, wenn ich nicht einmal ansatzweise fähig bin eine Ausbildung zu machen.... Ich bin echt verzweifelt und glaube langsam, dass ich für keinen Beruf der Welt fähig bin... Es schmerzt so sehr, wenn man sein bestes gibt, aber es für andere nur so aussieht, als würde man das Mindeste geben. Vielleicht komme ich einfach in großen Firmen nicht klar, da zu viele Menschen, zu viele Gebäude. Vielleicht ist das mein Problem.
Vielleicht sollte ich mich mal in Behandlung begeben und herausfinden, was denn mit mir nicht stimmt und es noch einmal in einem anderen Bereich versuchen.... Glaube ich sollte jede Menge Praktika machen.. Was würdet ihr mir raten?
Ps: Bin Medikamentös eingestellt, aber bin mir nicht sicher, ob das mein Hauptproblem ist. Glaube bei mir spielen viele Faktoren wie auch das Umfeld eine. wichtige Rolle. Glaube ich komme um eine umfassende psychotherapeutische Behandlung nicht drum herum. Die Adhs Diagnose ist übrigens 15 Jahre her.
7 Antworten
Beruf? Was ist das? Ich habe sogar ein Studium mit dem Ergebnis, dass ich zur Zeit keine Arbeit habe bzw. diese so schlecht bezahlt wird, dass ich es nichtmal machen möchte.
Ist die höchste Form des Daseins, dass man für die Träume Anderer arbeiten geht?
Viele denken, sie wären es, wenn Sie ein bisschen besser da stehen in einem Unternehmen. Doch das Unternehmen gehört ihnen nicht. Das vergessen sie.
Deswegen rate ich Dir das Ganze nicht so ernst zu nehmen, denn es gibt mehr als nur bei geringstem Lohn zu arbeiten.
Hast Du schon mal über eine Existenzgründung nachgedacht? Vielleicht ist das ja dein Weg?
Und: Es ist nicht die individuelle Schuld, wenn es einem nicht so gut geht. Man muss bedenken, dass es nicht mehr so viele Jobs gibt. Das war in den 50ern noch einfacher.
Existenzgründung ist auf Dauer nicht die schlechteste Idee, aber noch nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Für einen späteren Zeitpunkt (mit Beruf) ist das für ADS-ler echt oft die Rettung. Für alles, womit man dann überfordert ist, stellt man dann jemanden an, z.B. für die Buchhaltung. Wenn man ein eingespieltes Team ist, kann das super funktionieren. Aber Existenzgründung geht nicht ohne Kapital und Organisation, die auch jemand anderes übernehmen kann
Ich habe mein Chaos nie ganz in den Griff bekommen, mir aber bestimmte Routinen angewöhnt, damit ich bloß nicht die Hälfte vergesse und für das, was ich dann trotzdem vergessen habe, hatte ich andere Leute.
Es gibt bei AdHS auch medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten. Und solche würde ich in deinem Fall echt mal erwägen.
An Deinen von Dir vermuteten niedrigen IQ glaube ich hingegen nicht.
AdhS kann die Pest sein. Nehme echt erstmal Medis. Nicht selten braucht man die dann gar nicht lebenslang, sonders setzt sie später nur noch an Tagen an, wo es echt auf Konzentration ankommt. Unter der Behandlung lernt man, wenn an sich mal konzentrieren kann, oft dann auch eigene Schemata, die an in Zukunft anwenden kann.
Wenn man dann endlich im Beruf drin ist, kann man auch viel mit entsprechender Aufgabenaufteilung machen, sprich die Dinge mit denen man Schwierigkeiten hat, an andere delegieren. ADHSler können hingegen mit anderen Fähigkeiten glänzen: z.B. Kreativität, neue Ideen.
Wenn du ADHS hast solltest du in Behandlung sein und auch medikamentös eingestellt, so dass du gut deine Arbeit verrichten kannst
Guten Morgen badday1212,
das erste, was ich sehe ist, dass Du sehr wohl fähig bist, Dich zu konzentrieren. Immerhin hast Du einen klar verständlichen und dazu noch relativ langen Text geschrieben. Es fehlt das eine oder andere Wort, aber das passiert jedem mal, besonders dann, wenn es einem nicht gut geht.
Sich vor lauter Unglück wie in Watte gepackt zu fühlen, das kenne ich auch. Ursächlich war für mich eine unglückliche Beziehung, aber das ist unwichtig.
Du bist erst am Anfang Deiner Ausbildung, da ist es normal, sich "zu doof" zu fühlen, das ging mir in meinem Studium auch so. Führe Dir vor Augen, dass Du Dein bestes gibst. Hole Dir Hilfe bei Deinem Ausbilder und frage auch andere Azubis um Rat. Du bist gewiss nicht dumm. Vielleicht brauchst Du einen Moment länger oder Du brauchst Unterstützung, aber Du kannst das wirklich schaffen.
Ist jetzt ein Bisschen spät, ich erlaube mir aber trotzdem mal, meinen Senf dazu zu geben... ;)
Dein Problem kann ich vollkommen nachvollziehen und erkenne mich auch stark in dir wieder (obwohl ich mit meinen 18 Jahren so "leicht" weniger Lebenserfahrung besitze :P). Also... Mir fällt es schwer, länger an einer Sache zu arbeiten... kann mich schwer konzentrieren weil es meine Gedanken lieben, ständig "umherzuhüpfen"... bin recht sensibel und denke dauernd, irgendwas wäre mit mir falsch (weil die anderen ja "anders" bzw. "besser/effizienter" sind). Irgendwann kommt man dann zu dem Trugschluss, dass man einen entsprechend niedrigen IQ haben muss. Zusammengefasst: Eine negative Endlosspirale der Selbsterniedrigung. Innerer Kritiker lässt grüßen. (°_°)
Auflösung: Wir ADSler sind nicht "schlechter" oder "besser", nur halt anders, als der Durchschnitt. Macht aber nichts. Erst nach möglichst objektiver Selbstreflexion und dem Lesen von Studien wurde mir klar, dass diese Erscheinung auch Vorteile hat, wie gesteigerte geistige Beweglichkeit, Kreativität ect. ect... Du kannst die Schwächen von ADHS/ADS einfach wie einen Muskel trainieren und dementsprechend wirklich das erreichen, was du willst. Das Wichtigste ist nur das Mindset, das du dir aneignest, wie Disziplin, Selbstliebe (ja, klingt komisch, aber warum behandelt man sich z.B. schlechter, als seine Freunde...) und was auch immer man dazu braucht.
Mich haben Persönlichkeitscoaches wie Alexander Wahler oder Tony Robbins innerhalb kürzester Zeit auf ein ganz anderes Level gebracht. Kann ich echt nur empfehlen.
Hau rein!