Themen in Goethes Faust?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Captaincarmen1,

da gibt es einige Aspekte, die du können solltest. Das hängt natürlich aber auch immer von Bundesland, Schulform und Lehrer ab.

Hier mal die zentralen Aspekte, die bei mir auf dem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen in der Q1, also 11. Klasse (von 12) wichtig waren:

● Die Einordnung in den historischen Kontext

Ihr werdet euch sicherlich mit den Epochen beschäftigt haben. Faust I entstand in drei Epochen: Klassik, Romantik und zum Schluss der Sturm und Drang. Du musst wissen, dass Goethe aufgrund der Epochen unterschiedliches geändert hat, weil er nicht mehr zufrieden war, da sein Werk den Ansprüchen der neuen Epoche nicht mehr entsprach. Daher kam dann z.B. der Prolog im Himmel zu beginn, den er erst am Ende nach der eigentlichen Fertigstellung von Faust geschrieben hat. Auch die Epoche der Aufklärung, in der Goethe geboren wird, solltest du kennen.

● Die Gretchentragödie

Alles rund um Gretchen musst du wissen. Vom Anfang, wo sich Faust durch den Trank jünger gemacht hat bis zum Ende, welches wie üblich für ein Drama in einer Katastrophe endet. Sie bekommen ja auch ein Kind, einen Bastard (uneheliches Kind). Wichtig dabei ist vor allem die Gretchenfrage.

Dort fragt Gretchen den Dr. Heinrich Faust, mit dem sie später Sex hat und einen Bastard bekommt, die bekannte Gretchenfrage:

"Nun sag, wie hast du's mit der Religion?"

Findest du in meiner Lektüre von Schroedel auf S. 131 in Vers 3415.

Hier die Ausgabe bzw. Schroedel Lektüre, die ich habe:

https://verlage.westermanngruppe.de/schroedel/artikel/978-3-507-69770-6/Schroedel-Lektueren-Johann-Wolfgang-von-Goethe-Faust-I

Die Gretchenfrage taucht in der 16. Szene "Marthens Garten" zu Beginn auf.

Besonders und bekannt ist die Gretchenfrage, weil Gretchen (Magarete) streng religiös erzogen wurde. Doch Dr. Heinrich Faust, der deutlich älter ist als Gretchen, schafft es, dass Gretchen die "Regeln" bricht. Laut Gretchens Erziehung dürfte sie gar nicht erst etwas mit Faust anfangen, tut dies aber trotzdem. Für sie ist es eigentlich besonders wichtig, wie Faust zur Religion steht. Faust weiß, dass sie wohl am liebsten hören würde, dass er auch streng gläubig ist, doch dem ist nicht so. 

● Die Gelehrtentragödie

Faust will wissen, "was die Welt Im Innersten zusammenhält" (V. 382, Schroedel Lektüre). Sprich, er will den Sinn des Lebens finden. Deswegen ist er praktizierender Magier und auch gebildet. Du musst ihn komplett charakterisieren können. Von den studierten Fächern (Jura, Medizin, Philosophie "und leider auch Theologie!", siehe unten). Alleine dieses Zitat musst du können. Er sagt leider, weil ihn das trotzdem nicht zum Sinn des Lebens geführt hat und er "so klug als wie zuvor" (V. 359) ist. Dazu gehört natürlich auch viel aus dem gesamten Verlauf. Er geht zusammen mit dem Teufel (Mephistopheles) auf die Suche nach dem Sinn des Lebens. Den Rest wirst du selbst wissen. 

Direkt in der 1. Szene namens "Nacht" sagt Faust, was er studiert und gelernt hat. Dabei sagt er auch folgendes:

"Und leider auch Theologie!", S. 21, Vers 356

Theologie ist die Lehre der Religion. Faust bereut es, dies studiert zu haben, da es ihn kein Stück weiter gebracht hat. Außerdem geht Faust seinen Weg mit Mephisto, dem Teufel und somit dem direkten "Feind" vom Herrn, also Gott. Dabei darf sein Wissensdrang nicht vergessen werden. Faust's grundsätzliche Frage ist immer noch, was die Erde im innersten zusammenhält, also der Sinn des Lebens. Die Theologie hat ihm diese Frage definitiv nicht beantwortet. Der Wissensdrang wird allgemein übrigens als die Gelehrtentragödie bezeichnet.

Auf die Gretchenfrage antwortet Faust nur Häppchenweise und versucht, nicht zu zeigen, dass er sie eigentlich "verabscheut". Er sagt kurz darauf sogar:

"Ich ehre sie.", S. 131 Vers 3425

Dies ist in meinen Augen definitiv eine Lüge, wie man später auch merkt. 

Auch später versucht Faust alles zu retten und redet sich nur aus der Frage raus.

Gretchen gibt Faust weiter zu verstehen, dass ihr die Religion wichtig ist, was an ihrer Erziehung liegt. Liest man etwas weiter, so findet sich bei Gretchen eine sogenannte Doppelmoral, die übrigens auch Thema in meiner Deutsch Klausur über Faust war. Denn zuerst ist Gretchen die Religion wichtig und sie gibt negative Kommentare, als sie merkt, dass Faust eigentlich lügt und die Religion nicht ehrt. Trotzdem bekommt sie mit dem deutlich älteren Faust ein uneheliches Kind (Bastard), was in ihrer Religion streng verboten ist. Später ermordet sie sogar dieses Kind, was selbstverständlich auch verboten ist. Sie verstößt also quasi gegen ihre eigenen Regeln und hat 2 Seiten, also eine Doppelmoral! Hier spricht man am Ende allgemein von der Gretchentragödie.

Faust I hat somit die Gelehrten- und Gretchentragödie. Da es ein Drama ist, endet es auch in einer Katastrophe.

Eine große Inhaltsangabe mit vielen Zitaten, u.a. denen, die ich gerade verwendet habe, findest du unter folgendem Link:

https://www.inhaltsangabe.info/deutsch/faust-1-inhaltsangabe-zusammenfassung-goethe

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Deine Frage sollte klar beantwortet worden sein. Bitte beachte, dass viele Dinge daraus immer Interpretation sind, die ich aber auch nicht alle selbst erschaffen, sondern aus der ganzen Unterrichtsreihe genommen habe. Auf der Website ist auch viel Interpretation zu finden.

Liebe Grüße

TechnikSpezi


Captaincarmen1 
Fragesteller
 15.01.2018, 21:57

Wow, vielen Dank.... das war sehr ausführlich... das ist mir für meine Arbeit auf jeden Fall eine große Hilfe

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