Stärken und Schwächen verbessern (Später für den Beruf, Pilot)

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

eigentlich ist die Sache ganz einfach:

Zuerst das Faktenwissen aufpolieren: Mathe, Physik, Englisch, Elektrotechnik, Hydraulik, Thermodynamik, Aerodynamik, Wetterkunde. Das macht man über (Fach)bücher, CBT-Programme (die nicht viel kosten müssen), Internet (z. B. Besuch beim DLR oder Lesen der Meldungen im Aviation Herald).

Jetzt verlangen Airlines (ich gehe mal vom europäischen Standard aus) aber nicht nur diese Fakten, sondern suchen Leute mit einem soliden Allroundwissen auf vielen Gebieten, weniger den Spezialisten. So solltest Du Hintergrundwissen über das Unternehmen haben, bei dem Du Dich bewirbst. Du kommst viel herum, in verschiedene Länder und Regionen. Daraus folgt, dass Du über eine solide Wissensbasis verfügen solltest, sprich, Geographie (Hauptstädte, bedeutende Regionen, Flughäfen), Politik (Außen- und Verkehrspolitik) eines Staates. Das alles ist eine Sache der Übung, des Interesses und der Erfahrung und hat mit Auswendiglernen wenig zu tun.

Der nächste Punkt sind die neudeutsch „Softskills“ genannten Fähig- und Fertigkeiten: Teamfähigkeit, Mehrfachbelastbarkeit, Sozialverhalten (Einzelkämpfer oder Teamplayer), Fähigkeit zur sachlichen Diskussion, Erkennen des Kerns eines Problems und die Fähigkeit, dies klar und deutlich zur Sprache zu bringen. Wie gehst Du mit anderen Leuten um? Kommst Du auch mit Leuten klar, die Du nicht magst? Privat kann man ja den Kontakt vermeiden, reduzieren, abbrechen; das geht bei der Arbeit natürlich nicht. Da die Crews immer neu zusammengestellt werden, muss jeder mit jedem auf der Sachebene auskommen. Das zeichnet (in jedem Beruf) den Profi aus. Du musst also Persönliches ausblenden können.

Solche Fähigkeiten sind im Berufsleben mehr gefragt als reines Zahlenwissen und man kann man sie nur sehr schwer (an)trainieren. Natürlich gibt es Seminare (Umgang mit schwierigen Zeitgenossen, Mitarbeiterführung, Motivation usw.), aber die Anlagen dafür, z. B. auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren, das Gegenüber aussprechen zu lassen, nur nachvollziehbare (beweisbare) Gründe für einen Standpunkt zu nennen, keine unqualifizierten Anschuldigungen zu machen; das ist etwas, was der heutigen Jugend nach einer Info des DLR abgeht und auch von der Auswahlkommission der Lufthansa bemängelt wird (aber auch bei anderen Firmen stellen so etwas fest).

Hier spielen Erziehung durch Elternhaus und Schule eine herausragende Rolle. Bist Du ein netter Kerl oder nicht? Verlässlich, aufrichtig, pünktlich? Sind oder waren Eltern und Lehrer in ihrem Verhalten Vorbild? Das alles lässt sich nicht aus Büchern ableiten und lernen und ist ein weites Feld.

Nimm zwei Zettel. Auf den einen schreibst Du Deine Stärken und bewertest sie (Ausgeprägt, akzeptabel, noch herausarbeiten). Auf den anderen schreibst Du Deine Schwächen und bewertest sie (Ausgeprägt, akzeptabel, unbedingt abstellen). Frage Deine Eltern, Freund, Bekannte. Da lernst Du gleich, mit Kritik umzugehen!

Übrigens, zum Schluss: Schwächen ausbauen zu wollen, wäre schlecht, besser ist es, sie abzubauen ;-) Nix für ungut! Viel Erfolg!


ichinamerika 
Fragesteller
 09.12.2013, 22:17

Hi! Danke für diese Tolle Antwort!

Eine Frage habe ich da noch: wie genau kann ich diese Softskills im alltäglichen Leben Trainieren? Wie genau werden diese später beim Bewerbungsgespräch abgefragt? auf was muss man sich da gefasst machen?

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rudim1950  10.12.2013, 22:58
@ichinamerika

Hi! Die letzte Frage zuerst: Abgefragt im Sinne von Faktenwissen wird da nichts; genau das geht ja nicht und macht auch die Vorbereitung so schwierig, unabhängig davon, was irgendwelche Testtrainer Dir auch erzählen. Ja, es gibt Bücher, Studien und Testvorbereitungen (Stichworte PF16. FPI, MMPI bzw. allgemeiner "Persönlichkeitstests").

Man versucht, im Gespräch (Einzel- und Gruppen) Deine Neigungen und Interessen sowie Deine Kompetenz herauszufinden und festzustellen, ob Du überhaupt ins Unternehmen passt. Dann kommen solche Fragen wie: "Wie gehen Sie mit Konflikten um?", "Was antworten Sie auf die Frage ... ?", "Nennen Sie uns doch Ihre Stärken .... und Schwächen." Kannst Du als junger Copilot Deinem altgedienten „very senior captain“ auf einen Fehler oder eine Schwäche hinweisen? Wie würdest Du das machen?

Das ist jetzt meine Erfahrung aus mehreren arbeitspsychologischen Tests und Gesprächen, die ich zum Erreichen meiner Position in meinem Unternehmen (einer Airline) machen musste. Das kannst Du nicht 1:1 übertragen, gibt aber einen Hinweis.

So, dann zur ersten Frage: Die Test sind in vielen Jahrzehnten immer den neuesten Erkenntnissen der Psychologie angepasst worden; es ist also schwer für einen Einzelnen, sich zu verstellen. Man möchte eben ein möglichst unverstelltes Bild des Bewerbers. Wenn Du z. B. nicht diskutieren kannst, Leute nicht aussprechen lässt und ihnen ins Wort fällst, hast Du schon schlechte Karten. Es gibt Rhetorikkurse verschiedenster Abstufung (auch mit Übungen im Diskutieren). Frag mal bei der VHS.

Auch wenn Du bei der freiwilligen Feuerwehr bist, Dich in einer Behindertengruppe engagierst oder in einem Verein konstruktiv mitarbeitest, ist das ein Zeichen für ein gutes Teamplayerverhalten. Aber, ein Teamplayer kann halt meistens nur im Team arbeiten, allein auf sich gestellt, ist er verloren; manchmal ist es besser, ein Einzelkämpfer mit Selbstdisziplin zu sein. Der integriert sich nämlich ins Team, weil er den Sinn dahinter sieht.

Gutes Benehmen ist eine wichtige Sache. Bist Du zuverlässig, ehrlich, zuvorkommend, freundlich? Hier haben die Eltern Vorbildfunktion. Hast Du nie gelernt, Dich zu benehmen, kannst Du Dir das nicht in kurzer Zeit antrainieren. Plakativ gesagt: Hilfst Du älteren Damen auch mal über die Straße? Lässt Du Damen den Vortritt? Sprichst Du in ganzen Sätzen? Beleidigst Du niemand? Werde nicht straffällig! Lass Dich nicht von anderen vor deren Karren spannen!

Dieses ganze Verhalten formt eine Persönlichkeit. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, das erwartet von einem Jugendlichen auch niemand. Allerdings sollten die Anlagen dafür schon gelegt sein und die gibt es nur, wenn Du unter Leute gehst, mit offenen Augen durch die Welt, Dir eine eigene Meinung zu einem Thema bildest und die auch vertrittst - aber nicht mit religiösem Eifer, sondern auch andere Meinungen zulässt.

Das alles ist ein weites Feld, aber auch sehr spannend. Besser kann ich es nicht erklären.

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was du, finde ich, als pilot auf jeden fall brauchst sind eigenschaften wie: nervliche belastbarkeit, lange konzentration, gutes räumliches und technisches denken, sprachliches können.