Sprachstörung durch psychische/körperliche Anspannung?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das Streben, perfekt sein zu müssen, bedeutet eine nicht zu vernachlässigende Menge an Stress für Dich. Du stresst Dich also selbst. Schön, dass Du es als Ursache schon selbst erkannt hast; es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich des Übels Kern.

Du solltest Dir unbedingt sehr zeitnah professionelle Unterstützung holen. Denn ohne ist davon auszugehen, dass Deine Beschwerden sukzessive größer werden. Ich rate unbedingt zur Psychotherapie; der Therapeut ist am besten dafür geschult, Deinen Perfektionismus auf ein gesundes Maß von Ehrgeiz zu reduzieren. Begleitend und bis Du einen Therapieplatz hast können Autogenes Training, Yoga, Progressive Muskelrelaxation nach J. sowie jegliche andere Arten der Meditation für Besserung sorgen. Hypnose im Sinne von reiner Entspannungshypnose geht also genauso. Eine Hypnose-Therapie wäre wiederum auch ein gangbarer "Ersatz" für die herkömmliche Psychotherapie, wenn der Therapeut entsprechendes therapeutisches Wissen mitbringt. Das kann auch so mancher (nicht jeder) Heilpraktiker für Psychotherapie leisten. Hier gibts auch schneller einen Therapieplatz, den Du allerdings wahrscheinlich selbst bezahlen musst (steuerlich ansetzbar!!).

Als Alltagsübung könntest Du selbst Übungen erfinden, bei denen Du Dich dazu verpflichtest, Dinge NICHT perfekt zu machen. Z.B. könntest Du hier mal einen Beitrag posten, in dem 10 - 20 Fehler stecken. Mach Dir hier keine präzise Vorgabe, sonst versteifst Du Dich noch darauf, das es ganz genau 17 sein müssten. Und schon wärest Du wieder perfekt. :-)))


Bahecca91 
Fragesteller
 18.01.2013, 07:43

Danke für die Antwort. Auf jeden Fall, manchmal merke ich eine Nervosität, die sich wie Lampenfieber im Bauch anfühlt.

Meinst du, es reicht evtl. auch aus, nur die Symptome und nicht die Ursachen zu bekämpfen? Weißt du, welche Kosten bei einer Psychotherapie auf mich zukommen könnten? Meine Sprachstörung (oder besser: Sprachhemmung) ist objektiv nicht sooo stark ausgeprägt, fällt meinen Mitmenschen auch nicht so auf, aber subjektiv (und im Gegensatz zu früher) leide ich schon darunter. Deshalb weiß ich nicht ob sich ein Krankheitsbild überhaupt feststellen lässt.

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HerzKasper67  18.01.2013, 10:12
@Bahecca91

Nur die Symptome? Das wäre ja "Zuckerguss übers Schlammtörtchen" und entspringt evtl. Deinem Bestreben, zumindest nach außen hin perfekt zu erscheinen. Vergiss es! :-)) Das wäre ja nur mehr vom Gleichen. Erlaube Dir nicht, Dich selbst in dieser Art auszutricksen. Du bezahlst die Rechnung!

Apropos Rechnung: Geh zum Psychotherapeuten und bitte um die (5) probatorischen Sitzungen, die die GKV in jedem Fall bezahlt. Wenn Dein Therapeut dann eine Therapie befürwortet, brauchst Du eine Überweisung von z.B. Deinem Hausarzt. Die Kosten übernimmt dann auch Deine GKV. Solltest Du privat versichert sein, ist es noch einfacher. Ggfls. bezahlst Du dann halt Deinen Selbstbehalt.

Ich gehe in jedem Fall davon aus, dass ein Psychotherapeut Dein Krankheitsbild als solches erkennen und auch behandeln kann. Sei froh, dass es noch in den Kinderschuhen steckt; je früher man gegensteuert, deste einfacher und schneller ist es in den Griff zu kriegen. :-)

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Bahecca91 
Fragesteller
 19.01.2013, 13:42
@HerzKasper67

Danke! Deine Antworten sind sehr hilfreich. Ich werde mir mal einen Psychotherapeuten suchen. Da ich noch familienversichert bin, habe ich Angst, dass mein Vater irgendwie über Schreiben der Krankenkasse davon erfährt (wir haben kein besonders gutes Verhältnis). Sind diese Bedenken berechtigt? Bin ich durch die Schweigepflicht geschützt?

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HerzKasper67  19.01.2013, 14:18
@Bahecca91

Frage am besten bei Deiner/Eurer Versicherung nach und sage auch, dass Du das nicht möchtest. Wenn Dein Nickname auch Deinen Jahrgang verrät, sollte es eigentlich ohne Kenntnis Deines Vaters funktionieren können. ACHTUNG: Post von der Versicherung an DICH könnte ggfls auch von den Eltern geöffnet werden, wenn Ihr unter einem Dach wohnt - und sei es versehentlich (Post von diesem Absender ist halt idR immer an den Hauptversicherten - da schaut man schonmal nicht so genau hin).

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Für mich ist dein Satz "Mir fällt es eher schwer, zu meinen Gefühlen zu stehen" der Schlüssel zu deinem Problem - im Zusammenhang mit der Angst, was Falsches zu sagen. Versuche doch mal, in einem Gespräch, nicht so konrolliert zu sein und deinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und dich ganz "unüberlegt" zu äußern...
Nur Mut.


Bahecca91 
Fragesteller
 18.01.2013, 07:40

Dass ich das so angehen sollte ist mir klar, ist aber leider schwerer gesagt als getan ;) Hast du praktische Tipps, wie ich mich in heiklen Gesprächssituationen verhalten soll?

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bassogrosso  18.01.2013, 14:04
@Bahecca91

Nein, und das wäre auc nicht zielführend. Beschreib doch lieber mal, was du unter einen heiklen Gesprächssituation empfindest und was da in dir vorgeht, Emotionen, Ängste - wie gesagt...
Wenn du aber das Gefühl hast, dass du selber da nicht rankommst an das Problem, wäre wohl eine (Gesprächs-)Therapie der bessere Weg.

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Bahecca91 
Fragesteller
 19.01.2013, 13:53
@bassogrosso

ach, heikle Gesprächssituationen sind für mich schon ganz normale Gespräche; z.B. wenn ich jemandem in der Stadt begegne, wenn ich Korrekturen bei meinen Professoren erhalte, wenn ich mit jemandem spreche, den ich bewundere. Ich habe dann auch Probleme mit Erröten. Ein bisschen in mir verankert waren diese Symptome schon immer, aber in letzter Zeit vermehren sie sich stark.

Vielleicht noch erwähnenswert, dass ich eigentlich einen saarländischen Dialekt habe. Den muss ich in letzter Zeit ständig unterdrücken, weil ich in einer anderen Stadt studiere (was mir nicht immer gelingt, denn manchmal komme ich mir richtig blöd vor, wie verkleidet mit der hochdeutschen Sprache, die ich ja theoretisch sehr gut beherrsche). Also eine zusätzliche Anstrengung.

Präsentationen und Referate machen wir überhaupt keine Probleme, da ich diese ja einstudiert habe und mich auf Rückfragen vorbereite. Da werde ich von anderen oft als selbstsicher wahrgenommen.

Aber ich kann einfach nicht unbeschwert sprechen, spontan, unüberlegt und mit Freude. Das fehlt mir total.

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bassogrosso  19.01.2013, 20:38
@Bahecca91

Dann babbel halt saarländisch ! ( Wie lange warst du denn dort?) Vlltt kannst du deshalb nicht eomotinal reden, mit Anbindung deiner Persönlichkeit - so im normalen Umgang?? OK, du kommst dir dann vllt blöd vor, provinziell, aber genau das könnte das Problem verstärken, wenn nicht gar hervorrufen! Sch**ß drauf!

Klingt jetzt sehr einfach und banal , aber wenn du dir so den Therapeuten ersparen kannst?? Probier es halt... Liebe Grüße

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Ich habe den Link auf Deine Frage erhalten, weil ich auf das Thema "Stottern" abonniert bin.

Zu einer ordentlichen Differenzialdiagnose gehört natürlich die Frage, ob in Deinem Falle Stottern vorliegt. Die Frage ist erst einmal, ob eine Sprach- oder eine Sprechstörung vorliegt. (Das langandauernde Nichtsprechen eines Stotterers kann sich tatsächlich zu einer Sprachstörung auswachsen. Das jahrelange extrem wenige Sprechen als schwerer Stotterer hat dazu geführt, dass mir buchstäblich nichts mehr eingefallen ist. Ich habe mich dann immer gefragt, wie es sein kann, dass sich Leute stundenlang unterhalten können und dabei so gut wie nicht nachdenken ...).

Aber Du solltest tatsächlich prüfen, ob Du beim Sprechen Kontrollverluste erlebst, nämlich Moment, in denen Du genau weißt, was Du sagen möchtest, aber unfähig bist, die Sprechbewegung glatt (ohne Wiederholung und ohne zu blockieren) zu vollziehen. Ist das nicht der Fall, liegt kein Stottern vor. Dann brauchst Du keine/n Logopädin/en in Anspruch zu nehmen, jedenfalls nicht wegen Stotterns.

Eine logopädische Therapie kann aber dennoch sinnvoll sein, vor allem, um eine fundierte fachliche Meinung zu Deinem Sprechverhalten zu bekommen. Deine Beschwerden im Brust- und oberen Bauchbereich deuten darauf hin, dass Du eine sog. Hochatmung beim Sprechen entwickelt hast, die man gut behandeln kann. Das wäre auch mit Deiner Bemerkung zu Perfektionismus und Ehrgeiz verträglich. Achte darauf, dass die Logopädin sich nicht nur mit der Ruheatmung (Atmung ohne Sprechen), sondern insbesondere mit der Sprechatmung, d.h. mit dem Atemmuster beim Sprechen, befasst.

Was Du bei der Logopädin, aber auch an anderen Stellen, lernen kannst, sind alle möglichen Entspannungstechniken, insbesondere das sog. Abspannen, d.h. das gezielte Loslassen von bestimmten Muskelgruppen (hier der Zwischenrippenmuskeln).

Denke dran: In der Ruhe liegt die Kraft (Norddeutsche Volksweisheit).

Entspannung, Entspannung und noch einmal Entspannung! Das fehlt dir zwischendurch. (Siehe Alkohol..)

Ich hatte beruflich auch einige Jahre, in denen ich als "Vorsitzende von ..." etwas repräsentieren musste, dessen Gesamtheit nicht immer meiner persönlichen Ansicht entsprach. Es gab viele Diskussionen mit Menschen, die ganz anderer Meinung waren, oder Radio- TV- Interviews, also eine große Öffentlichkeit dahinter, oder ziemlich hoch gestellte, einflussreiche Persönlichkeiten. - Da entwickelte ich so ähnliche Symptome wie du sie schilderst. In den entspannteren Situationen redete ich zum Leidwesen meiner Mitarbeiterinnen sogar Blödsinn. Ich meinte Nürnberg und aus meinem Mund kam Berlin. - Ähnlich ging es im Privatleben, wo es dann ein paar Male zu unschönen Missverständnissen kam.

Ich finde das alles nicht so dramatisch, dass man auf die Couch müsste - es kommt darauf, dass du gleichermaßen freie, persönliche Bereiche in deinem Leben hast, in denen du dich gehen lassen kannst, in denen du darauf vertrauen kannst, dass dir verziehen wird. Mir haben die langen Spaziergänge mit dem Hund immer gut getan. Deswegen kann ich nur raten, dass du für einen seelisch, sportlich kulturellen Ausgleich für dich sorgst. Manche gehen joggen, andere helfen bei den Tafeln wieder andere trainieren die 6jährigen in ihrem Fussballverein. Es sollte nur etwas ganz anderes sein als die kontrollierte Seite des Lebens.