Soll ich mir das hier noch länger geben oder hab ich einfach zu hohe Ansprüche (Chef/Arbeit)?

2 Antworten

Als erstes solltest du mit deinem Chef über deine Rolle als Teamleitung sprechen. Eine rein fachliche Führung würde bedeuten, dass du die Arbeitsprozesse strukturierst und nur für fachliche Fragen als Ansprechpartner dienst. Da er aber will, dass du offensichtlich auch die disziplinarische Führung übernimmst ("Kümmer dich drum, dass diese Probleme gelöst werden!"), muss hier dringend deine Stellenbeschreibung inklusive deiner Komptenzen geklärt werden. Das muss nicht heißen, dass du allein über Abmahnungen, Kündigungen und anderes entscheiden darfst, das kann man auch so regeln, dass dafür durchaus weiter die Zustimmung des Chefs nötig ist. Diesem muss dann aber klar sein, dass er für den Fall, dass du so einen Vorschlag vorbringst, auch hinter dir steht und nur in Ausnahmefällen solche Maßnahmen nicht unterstützt!

Parallel solltest du dir aber auch über deine Führungsrolle bewusst werden. Heutzutage in Zeiten des Fachkräftemangels ist Führung mit Angst, Strafen und Androhungen von Strafen wie Abmahnungen oder Kündigungen nicht mehr angebracht. Führung heutzutage sollte vielmehr darauf abzielen, dass die Führungskraft sich als Dienstleister für seine Mitarbeitenden versteht! Sprich, deine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass deine Mitarbeitenden alles haben (Informationen, Materialien, aber auch die passende Atmosphäre und sonstige Rahmenbedingungen!), um ihren Job gut und korrekt zu machen.

Somit liegt die Lösung nicht darin, den Zuspätkommern und Rummotzern eine Abmahnung vor die Nase zu halten, sondern vielmehr darin, sie zu fragen, woran es liegt, dass es zu diesen Verhaltensweisen kommt und was sie brauchen, um zukünftig besser zu arbeiten.

Beispiel: wenn Zuspätkommen immer wieder ein Problem ist, vielleicht passen die Schichtzeiten derzeit einfach nicht gut zu den Lebensrealitäten derer, die zu spät kommen? Kita öffnet zu spät morgens oder der ÖPNV fährt zu ganz anderen als den Arbeitszeiten - das wären zum Beispiel Klassiker dabei.

Als Lösung könnte man hier überlegen, ob starre Arbeitszeiten überhaupt notwendig sind oder ob nicht vielleicht doch ein Gleitzeitmodell möglich wäre. Vielleicht auch in Verbindung mit der Anpassung mancher Arbeitsläufe. Und "Nein, geht nicht!" sollte immer erst dann kommen, wenn man wirklich intensiv geschaut und überlegt hat, ob es nicht doch geht. Ein "War schon immer so!" und "Ach, nee, Änderungen wären jetzt viel zu aufwendig!" sollte niemals der Grund gegen solche Lösungen sein. Denn dann hat man eben weiterhin das Problem, dass diese Person nicht pünktlich ist, weil sie ja nichts an den Öffnungszeiten der Kita oder den Zeiten des ÖPNV ändern kann...

Dinand189 
Fragesteller
 01.04.2023, 13:42

Danke für deine ausführliche Antwort. Wir sind eine Abteilung mit physischen Betrieb. Bedeutet wir brauchen zu festen Zeiten Leute im Büro. Unsere Dienstpläne sind bereits soweit es geht auf die Bedürfnisse der MA ausgelegt. Der Kollege welcher hier ständig zu spät kommt hat einen Dienst den er bekommen hat da er kein Morgenmensch ist(Spätschicht). Er kommt zu allen Schichten zu spät, egal welche. Dazu kommt das er wenn er zu spät kommt nicht schaut das er dem ablösenden Kollegen hilft, sondern erstmal in die Kantine geht und sich was zum Frühstücken holt. Danach muss man ihn eigentlich ständig zum Arbeiten animieren. Er hat bei uns seine Ausbildung gemacht und wurde trotz der Einwände der MA und mir nach der Ausbildung übernommen. Mein Chef war der Meinung das man ihn nur ordentlich pushen muss. Dabei müsste er mir aber helfen. Ich sehe mich als Hilfe für meine Teammitglieder und daher sehe ich es als meine Aufgabe das Team vor Leuten zu schützen, die sich mit durchschleppen lassen und die anderen für sich arbeiten lassen.

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HappyMe1984  01.04.2023, 13:45
@Dinand189

Und, hast du diesen Kollegen unter vier Augen in einem vorher angesetzten Mitarbeitergespräch schon mal gefragt, was er bräuchte, um pünktlich zu sein?

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Dinand189 
Fragesteller
 01.04.2023, 13:50
@HappyMe1984

Ja wir hatten mehrere MA Gespräche. Er hatte jedes Mal andere Ausreden. Er muss mit dem Bus fahren aber der ist ständig zu spät. Aber mehrere andere Kollegen fahren auch mit dem Bus und sind immer pünktlich. Stellenweise sogar diesselbe Linie. Dann hat er behauptet das man ihm gesagt hat, der Sptädienst würde erst um XX Uhr losegehen. Eine andere Ausrede war das er Morgens nicht früh genug rauskommt. Daraufhin hat er Spätdienst bekommen zu dem er auch immer zu spät ist. Er ist Anfang 20 und wohnt noch bei seinen Eltern. Kinder hat er auch keine. Es gibt Kollegen die zu den Schichten später kommen da sie Kinder in die Kita bringen müßen. Mit denen gibt es eine Vereinbarung an die sich gehalten wird.

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HappyMe1984  01.04.2023, 14:07
@Dinand189

Weißt du, wenn es wie bei euch offensichtlich nicht nur selten mal irgendwo einen einzelnen MA gibt, der komplett aus der Reihe tanzt und sich entgegen aller Regeln verhält, dann sollte man den Fehler nicht bei den Mitarbeitenden, sondern bei der Führung suchen. Auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt, wo es einen immer größer werdenden Mangel an Fachkräften (und auch Menschen im erwerbstätigen Alter allgemein!) gibt, ist das umso wichtiger. Denn was immer wieder zutrifft: Menschen kommen wegen Jobs, aber sie gehen wegen Führungskräften!

Somit solltest du vor allem an dir selbst, deiner Einstellung und deinen Kompetenzen rund um deine Führungsrolle arbeiten, dich weiterbilden, lernen, dich selbst zu reflektieren. So, dass du viele verschiedene Instrumente kennst und nutzen kannst, um deine Mitarbeitenden besser "auf Kurs" zu bringen.

So, wie du hier über Mitarbeitende schreibst, würde ich dir zum Einstieg dazu mal empfehlen, dich in die X-Y-Theorie von Douglas McGregor einzulesen: https://de.wikipedia.org/wiki/X-Y-Theorie

Das ist eine Theorie, die eine sehr gute Ausgangsbasis für die Selbstreflexion bildet, um aus eben dieser die eigenen Defizite im eigenen Führungsverhalten zu erkennen, damit man daran wiederum im Anschluss gezielt arbeiten kann. Führung ist, wie so vieles andere im Beruf auch, etwas, was man lernen muss und auch kann - und zwar auch hier in einem guten Mix aus Theorie und Praxis! Aber Führung ist eben auch nichts, was man einfach mal aus dem Ärmel schüttelt.

Und wie gesagt - auf dem heutigen Arbeitsmarkt ist es einfach keine Option mehr, Mitarbeitende abzustempeln, zu bestrafen und zu kündigen, weil man einfach keinen großen Pool mehr hat, aus dem man neue schöpfen kann. Man muss mit dem arbeiten, was man hat - oder gefährdet tatsächlich extrem die Zukunft des Unternehmens!

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Dinand189 
Fragesteller
 01.04.2023, 14:18
@HappyMe1984

Danke, ich lese das Mal. Ja es ist sicher so das man nicht so einfach neue Mitarbeiter bekommt. Der Mitarbeiter zieht mir aber mein ganzes Team runter, so das die Gefahr besteht das uns Leistungsträger aus Frustration gehen. Das ist in meinen Augen eigentlich die Hauptgefahr. Die Branche ist recht familär und auch die Konkurrenz weiß wo gute MA sitzen. Ich selbst bekomme stellenweise Anrufe von Personalern anderer Firmen mit Wechselangeboten. Aber auf jeden Fall Danke für deine konstruktiven Tipps.

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HappyMe1984  01.04.2023, 14:22
@Dinand189

Du schreibst in deiner Frage von 5 Mitarbeitenden, nicht nur von einem. Das Problem ist also größer.

Und hast du eigentlich auch schon mal überlegt, ob die, die derzeit gegen Regeln verstoßen, früher mal motivierte Mitarbeitende gewesen sein könnten? Dass es bei ihnen gekippt ist, weil gute Führung zu lang vernachlässigt wurde? Wäre keine schlechte Nachricht, denn dann müsste man diese frühere Motivation ja einfach nur wieder wecken und nicht erst aufbauen :).

Ach, und übrigens - eine weitere Führungsstrategie, die vor Mitarbeiterverlusten schützen kann, wäre natürlich auch noch die, dass man nicht schlechte Leistungen bestraft, sondern einfach gute Leistungen belohnt! Auch das wäre so ein Instrument, über das du dich informieren, Ideen entwickeln und mit deinem Chef sprechen könntest :). Und nein, bei weitem nicht nur im monetären Sinn. Anerkennung und Wertschätzung - diese Faktoren sind für sehr viele Mitarbeitende sehr viel wichtiger und wirken sehr viel nachhaltiger motivierend als eine Leistungsprämie beispielsweise (wobei die sicherlich dennoch überdenkenswert und in einem guten Gesamtkonzept der "positiven Verstärkung" keineswegs schädlich wäre ;))...

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Ich würde die Faulenzer aus meinem Team ausschließen und bei meinem Vorgesetzten Personal Mangel Anmelden, Mal schauen was dann passiert.

Müsste ja funktionieren wenn euer Umgang bisschen lockerer ist.

grossefrau681  01.04.2023, 13:14

"Das können wir aber nicht da wir nur fachliche Vorgesetzte sind" - warum wohl hat der FS das geschrieben?

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