Puffersystem?
Hallo, wenn man z.B. Natronlauge mit Salzsäure titriert und als Puffer H2S einsetzt, dann ergeben sich zwei Äquivalenzpunkte in der Titrationskurve. Da HCL keine mehrprotonige Säure ist, verstehe ich jedoch den Kurvenverlauf nicht so ganz. Ich weiß, dass es an H2S bzw. der Puffersäure/Base liegt und deswegen zwei Reaktionen ablaufen, da es zweiprotonig ist, bin aber ein wenig verwirrt wie man den Verlauf genau erklären kann. Wäre echt lieb, wenn mir das jemand genauer erläutern könnte. :)
Normalerweise puffert man eine Säure/Base-Titration nicht. Was hast Du genau gemacht, und warum?
Das habe nicht ich gemacht, sondern meine Lehrerin. Wir sollten deuten, weshalb seltsamerweise bei einer Titration von NAOH mit HCL zwei ÄP auftreten. Anscheinend liegt es amPuffer
1 Antwort
Sulfid als Puffer zu verwenden, ist zwar möglich, aber sehr geruchsintensiv daher wenig populär. So ganz sehe ich da nicht durch, aber vielleicht habt ihr einfach eine Mischung aus NaOH und Na₂S (oder etwas Äquivalentes) titriert. Wenn ja, dann sieht die Titrationskurve ungefähr so aus:
Hier habe ich 20 ml einer Lösung, die je 0.1 mol/l NaOH und Na₂S enthält, mit 0.1 mol/l HCl titriert. Die Titrationskurve ist schwarz und ihre Ableitung weiß eingezeichnet, und die Hintergrundfarben beschreiben die Zusammensetzung der Lösung: Blau für S²¯, violett für HS¯ und rot für H₂S.
Da die Lösung aus NaOH + Na₂S besteht (und letzteres kann zwei Protonen aufnehmen), würde man näiv erwarten, daß die Reaktion in drei Phasen verläuft:
- Im ersten Schritt, bei Verbrauch bis 20 ml, wird die NaOH neutralisiert, bis bei genau 20 ml Verbrauch eine Sulfid-Lösung vorliegt.
- Von 20 bis 40 ml wird das S²¯ zu HS¯ protoniert, bis bei 40 ml eine reine HS¯-Lösung vorliegt
- Im letzten Drittel von 40 bis 60 ml geht es dann dem HS¯ an den Kragen, und es entsteht H₂S.
Das ist auch nicht ganz falsch, aber auch nicht sehr genau. Denn obwohl in der Ausgangslösung (V=0 ml) vorwiegend Sulfid vorliegt, haben wir doch auch schon ein gutes Drittel HS¯, das sich durch Protonenaufnahme aus dem S²¯ gebildet hat. Das liegt daran, daß Sulfid eine ziemlich starke Base ist (oder alternativ gesagt, daß die zweite DIssoziationsstufe von H₂S sehr schwach ist, pK₂=12.92) und sich daher gerne mit Protonen schmückt, selbst in einer durchs NaOH patzalkalischen Lösung mit sehr wenigen zugänglichen H⁺.
Deshalb werden von Anfang an Sulfid und Hydroxid näherungsweise gleichzeitig titriert — die zugetropfte HCl protoniert Hydroxid und Sulfid in fast gleichem Ausmaß, daher sinkt der pH nur langsam ab. Am ersten Äquivalenzpunkt von V=20 ml passiert nichts Wesentliches, weil wir immer noch vergleichbar viel S²¯ und HS¯ in der Lösung haben, so daß sie puffert.
Erst am zweiten Äquivalenzpunkt (V=40 ml) verschwindet das Sulfid aus der Suppe weil es vollständig zu HS¯ protoniert wurde,, und der pH darf endlich springen. Danach wird erwartungsgemäß das HS¯ zu H₂S protoniert, und am dritten Äquivalenzpunkt (V=60 ml) gibt es noch einmal einen pH-Sprung. Danach ist die Titration fertig.
Ich habe ja geschrieben: Die naïve Annahme ist, daß im ersten Schritt (in meiner Kurve von 0 bis 20 ml) die NaOH neutralisiert wird und im zweiten (20–40 ml) das S²¯. Real werden beide zugleich in ungefähr demselben Ausmaß protoniert, deshalb verschwindet das S²¯ auch nur langsam im ganzen Bereich von 0–40 ml (die eine Hälfte der zugetropften Säure geht aufs OH¯, die andere aufs S²¯). Beim HS¯ trifft die naïve Annahme aber wirklich zu, deshalb braucht man nur 20 ml Säure, um es wegzuputzen (im Bereich von 40–60 ml).
Ah okay. Also man gibt zuerst HCL hinzu und die H3O+ Ionen reagieren sowohl mit NaOH zu H20 als auch mit S2- zu HS-. Dadurch ist dann mehr HCL notwendig, um NaOH zu neutralisieren, aber beim Äquivalenzpunkt sind ja die Stoffmengen der Säure und Base ja dann gleich, aber hier ja dann irgendwie doch nicht? Den ersten ÄP kann ich jetzt nicht so ganz erklären, danach folgt ja der Pufferbereich? Und danach wird HS- zu H2S protoniert. Habe ich das so ungefähr richtig verstanden? Kann mir das auf Teilchenebene irgendwie nicht so gut vorstellen
Ja, am ersten Äquivalenzpunkt (20 ml) sieht man nichts. Ein pH-Sprung kann ja nur auftreten, wenn eine Spezies aus dem Gleichgewicht verschwindet (am 2. ÄP [40 ml] ist das S²¯, am dritten [60 ml] ist das HS¯).
Am 1. ÄP hat man eine Lösung, die formal genauso zusammengesetzt ist, also ob man Na₂S und NaCl (das tut aber nichts) im Wasser aufgelöst hätte. Deshalb kann man den pH dieser Lösung einfach berechnen als 0.05 mol/l Na₂S-Lösung (pH=12.54). Aber die Gleichgewichtszusammensetzung ist ganz anders, weil ≈70% des Schwefels reagiert haben
S²¯ + H₂O ⟶ HS¯ + OH¯
und die Lösung erstens stark alkalisch ist und zweitens puffert — es liegen ja im Gleichgewicht ähnliche Mengen S²¯ und HS¯ vor, also puffert die Lösung die zugetropfte HCl einfach weg, und der pH ändert sich nicht viel.
Aber wenn NAOH im ersten Schritt neutralisiert wird, müsste der pH-Wert dann nicht bei 7 liegen und wenn der Puffer puffert, wieso gibt es dann trotzdem pH-Sprünge? Tut mir leid wenn die Fragen komisch sind, das Thema liegt mir überhaupt nicht