Notarzt - Fahrer oder nicht?
Warum haben manche Notärzte einen Fahrer und manche (z.B. in den ländlichen Regionen) keinen?
4 Antworten
Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF), sind im Regelfall immer mit zwei Personen besetzt, einer Notärztin oder einem Notarzt und einer zweiten Person, die je nach Landesrecht (Rettungsdienstgesetz -RDG- des jeweiligen Bundeslandes) als Notfallsanitäter, Rettungsassistent oder Rettungssanitäter qualifiziert sein muss. Meines Wissens nach, ist lediglich im Freistaat Bayern die Besatzung des NEF mit einem Notarzt als Selbstfahrer zulässig. In Bayern nehmen in ländlichen Regionen auch etliche niedergelassene Praxisärzte am Notarztdienst teil und starten ihre Notarzteinsätze demnach von ihren Praxen aus, hier geht es zum Teil nicht anders, als dass der Notarzt Selbstfahrer ist. Auch ist möglich, dass ein medizinischer Fachangestellter, teilweise mit Qualifikation als "Rettungssanitäter" dann das NEF fährt. In sämtlichen anderen Bundesländern, müssen NEF immer mit zwei Personen besetzt sein.
Mfg
Ein Notarzt hat immer einen Fahrer. Im Rettungsdienst kann man nicht allein agieren. Selbstfahrende Ärzte sind keine Notärzte, sondern im Auftrag der kassenärztlichen Verbände als "hausärztlicher Notdienst" unterwegs. Der HÄND basiert auf einem völlig anderen System und hat völlig andere Indikationen als der Rettungsdienst.
Der HÄND kommt zu nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen außerhalb der Sprechzeiten der niedergelassenen Ärzte: Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Infekte, allgemein Erkrankungen, die man vom Haus- oder Facharzt versorgen lässt, die aber zum Beispiel in der Nacht oder am Wochenende derart starke Beschwerden verursachen, dass man nicht bis zur Öffnung der Praxen warten kann.
Der Rettungsdienst (dessen Teil ist der Notarztdienst) ist für die Versorgung von schweren, akuten bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern zuständig: Sturz >3m, Verkehrsunfall mit Verletzten, Schlaganfall, Herzinfarkt, bewusstlose Personen, Herz-Kreislauf-Stillstand. Aufgrund der kompliziert zu versorgenden Krankheitsbilder oder Verletzungsmuster wäre eine Person völlig überfordert mit einem echten Notfallgeschehen. Selbst mit zwei Personen ist die Versorgung derartiger Szenarien schwer.
Ein selbst fahrender Arzt kann höchstens (im Rahmen des Rettungsdienstes) als sogenannter First- Responder zum Einsatz kommen: ein Einsatzmittel (egal welches Einsatzmittel: Löschfahrzeug, Krankenwagen, Streifenwagen, Drehleiter, Mannschaftsbus, PKW), dass professionelle erste Hilfe leisten kann, bis Einheiten des regulären Rettungsdienstes eintreffen. Zum Beispiel eine gemendelte bewusstlose Person in einem kleinen Dorf ohne Rettungswache: dabei ist Schnelligkeit geboten, da akute Gefahr besteht. Die Leitstelle alarmiert nun den nächsten Rettungswagen, der aber 15km entfernt steht und das nächste Notarzteinsatzfahrzeug, das sogar im Krankenhaus 30km entfernt steht. Keines dieser Rettungsmittel kann den Patienten in der vorgeschriebenen Hilfsfrist erreichen. Also kann die Leitstelle auf vor Ort verfügbare Strukturen zurück greifen: kleiner Polizeiposten, freiwillige Feuerwehr oder halt den "Dorfmediziner". Dieser würde dann die Zeit bis zum eintreffen des Rettungsdienstes mit ggf. lebensrettenden Sofortmaßnahmen überbrücken.
Das reguläre NEF, also Notarzteinsatzfahrzeug (welches im Rettungsdienstbedarfsplan festgehalten ist) muss gewisse technische und personelle Anforderungen erfüllen, um vom Träger Rettungsdienst als solches eingesetzt (und abgerechnet) werden zu können. Und zu den personellen Anforderungen zählt eben neben dem Arzt (mit Zusatzqualifikation "Notfallmedizin" o.ä.) ein Fahrer: meistens Rettungsassistent (bis 2026 möglich, danach ausschließlich Notfallsanitäter), in machen Bundesländern auch der Rettungssanitäter. Dazu kommen noch vielerorts geforderte Zusatzqualifikationen: Führungsausbildung, zB Gruppenführer (das ersteintreffende NEF übernimmt bei einer Großschadenslage kommissarisch die medizinische Einsatzleitung), erweiterte Medikamentenkunde, Ausbildung in erweiterten medizinischen Maßnahmen (Thoraxdrainage, Koniotomie etc). Der NEF- Fahrer stellt zusätzlich zu der Funktion als Assistent des Arztes im Brandschutz- oder Hilfeleistungseinsatz das Bindeglied zwischen der Gesamteinsatzleitung der Feuerwehr und dem Abschnitt medizinische Rettung dar und ist für die medizinisch-taktische Versorgung zuständig, während der Notarzt sich ausschließlich auf die medizinischen Gesichtspunkte konzentriert. Ein Arzt hat ja (im Allgemeinen) keine Ahnung von Taktik und Material der Feuerwehr. Beispiel Verkehrsunfall: der Patient ist eingeklemmt. Der Notarzt untersucht den Patienten und stellt eine lebensgefährliche Verletzung fest. Damit wird die Arbeitsanweisung "Sofortrettung" ausgesprochen. Der NEF- Fahrer ist dann dafür zuständig, dem Notarzt die Möglichkeiten der Versorgung zu nennen und sich um deren organisatorische Durchführbarkeit zu bemühen. Nebenbei muss er noch den Hintergrund der medizinischen Maßnahmen betreuen: Suche nach Krankenhäusern, dort anrufen und Patienten anmelden, weitere Rettungsmittel ordern, Hubschraubertransport abklären, Giftnotrufzentrale anrufen, Medikamentenlisten zusammensuchen, Totenschein schreiben, Medikamente aufziehen, Dokumentation betreiben, halt alles das, was der Notarzt neben der Behandlung nicht auch noch machen kann. Dazu kommt, dass ein erfahrener NEF-Assistent dem jungen, unerfahrenen Notarzt "auf die Finger kloppen muss".
Du siehst: echte Notfallmedizin geht nur im Team und deswegen fährt kein Notarzt allein. Die "allein fahrenden" sind Ärzte des kassenärztlichen Dienstes.
"Bayern" 😉 wenn derjenige med. FA ja auch RS ist, ist ja alles gut.
Ja, da gebe ich dir Recht, den Apoplex habe ich als Fallbeispiel für den Rettungsdienst allgemein im Gegensatz zum hausärztlichen Notdienst gemeint, das war dann vermutlich missverständlich formuliert.
Hi,
Warum haben manche Notärzte einen Fahrer und manche (z.B. in den ländlichen Regionen) keinen?
Im Regelfall wird das NEF neben dem Notarzt mit einem zusätzlichen Fahrer - meist mit der Qualifikation Rettungsassistent oder Notfallsanitäter - besetzt.
Rettungsdienst und die Fahrzeugbesetzung ist Ländersache: In den meisten Landesrettungsdienstgesetzen ist die Besetzung mit einem zusätzlichen Fahrer zwingend vorgeschrieben, in anderen nicht.
"Selbstfahrer-Notärzte" stellen insgesamt doch ein eher seltenes Phänomen dar, welches es meist dort gibt, wo nicht die Kliniken den Notarztdienst stellen oder niedergelassene Ärzte mit entsprechender Qualifikation zusätzlich am Notarztdienst teilnehmen. Dort gibt es dementsprechend niemand, der den Fahrer stellen kann (oder will).
Bedarfs- und Hintergrund-Notärzte, die es vereinzelt gibt, sind ebenfalls meist Selbstfahrer - diese werden dann (analog wie First Responder) aus dem Frei alarmiert, um Einsätze zu übernehmen, wenn das reguläre NEF in einem Einsatz gebunden ist. Hier gibt es entsprechend einfach keinen Fahrer.
Führungskräfte - wie der Leitende Notarzt - benötigen aufgrund ihrer Aufgabe regelhaft keinen Fahrer und kommen ebenfalls als Selbstfahrer zur Einsatzstelle.
Fazit
Mit einigen überschaubaren Ausnahmen ist das NEF grundsätzlich mit einem Fahrer besetzt, Selbstfahrer unter den Notärzten sind eher selten.
LG
Im Rettungsdienst (112) haben fast alle Notärzte einen Fahrer (NEF - Notarzteinsatzfahrzeug). im Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst (116117) gibt es beide Varianten
Im Freistaat Bayern gibt es tatsächlich reguläre NEF, bei denen der NA Selbstfahrer ist, da er niedergelassener Praxisarzt ist und seine Einsätze von der Praxis aus starten. Auch möglich ist die Besatzung mit NA und medizinischem Fachangestellten, der zum Teil noch als RS qualifiziert ist. Beim Schlaganfall ist es generell sehr unterschiedlich, ob ein NA alarmiert wird oder nicht. Nach der aktuellen DGN- Leitlinie, stellt der Schlaganfall ohne vitale Bedrohung keine Notarztindikation dar. Mfg