Konfessioneller Absolutismus?

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Der Begriff »konfessioneller Absolutismus« ist eine Bezeichnung, die von Wilhelm Roscher stammt, der im 19. Jahrhundert ein Modell mit verschiedenen Typen und Phasen des Absolutismus aufgestellt hat.

Die Periodisierung, mit der ein Zeitalter des Absolutismus unterteilt wird und die eine Stufenfolge ist, bei der auf der jeder der Entwicklungsstufen die Macht des Fürstenstaates gesteigert wird, ist:

1) konfessioneller Absolutismus

typischer Vertreter/Protagonist: König Philipp II. von Spanien

Der Herrscher eines Landes betreibt eine Politik, den Einwohnern die Religion vorzuschreiben.

ein Rechtsprinzip des Augsburger Religionsfriedens (1555) und des Westfälischen Friedens (1648): cuius regio, eius religio (wessen Gebiet, dessen Religion)

2) höfischer Absolutismus

typischer Vertreter/Protagonist: König Ludwig (Louis) XIV. von Frankreich

ein ihm zugeschriebenes Ausspruch, der nicht als tatsächlich geäußert belegt ist, aber das Selbstverständnis und den Anspruch ausdrückt: „L' état, c'est moi“ („Der Staat, das bin ich“)

Die politische Macht der Stände wird deutlich verringert.

3) aufgeklärter Absolutismus

typischer Vertreter/Protagonist; Friedrich II. („Der Große“) von Preußen

Der Herrscher versteht sich als erster Diener des Staates“ („Le roi est premier serviteur de l'État).“

Konfessioneller Absolutismus bedeutet, daß ein Herrscher die Konfession (das religiöse Bekenntnis) seiner Untertanen bestimmen kann. Wilhelm Roscher hat dabei König Philipp II. von Spanien und Kaiser Ferdinand II. hervorgehoben. Mit dem Ausbruch der Reformation bekam die römisch-katholische Kirche neue Konkurrenz christlicher religiöser Bekenntnisse und Kirchen. Die Landesherren der Territorien des Reiches konnten mit der Kirchenhoheit Macht ausüben, die Obrigkeit eines Landes bekam eine starke Stellung in der Kirchenorganisation.

Karin J. MacHardy, Staatsbildung in den habsburgischen Ländern in der Frühen Neuzeit : Konzepte zur Überwindung des Absolutismusparadigmas. In: Die Habsburgermonarchie : 1620 bis 1740 : Leistungen und Grenzen des Absolutismusparadigmas. Herausgegeben von Petr Mat'a und Thomas Winkelbauer. Stuttgart : Steiner, 2006 (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa ; Band 24), S. 74:
„Die Zeitspanne vom Ausbruch des Reformation bis etwa 1620 oder 1648 wird oft, wie bei Roscher, als „konfessioneller Absolutismus“ bezeichnet; in ihr konnten die deutschen Fürsten über die Konfession ihrer Untertanen bestimmen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg sei es den absolutistischen Herrschern gelungen, die Stände zu dominieren bzw. gänzlich auszuschalten. Roscher definierte diese Phase auch als „höfischen“ oder „klassischen Absolutismus“, während er die letzte Stufe im 18. Jahrhundert als „aufgeklärten Absolutismus“ bezeichnete.“

Volker Sellin, Gewalt und Legitimität : die europäische Monarchie im Zeitalter der Revolutionen. München : Oldenbourg, 2011, S. 156 – 157:
„Den Begriff des aufgeklärten Absolutismus führte Wilhelm Roscher, ein früher Vertreter der historischen Schule der Nationalökonomie, ein. In einem Aufsatz aus dem Jahr 1847 unterschied er drei Phasen oder, wie er es formulierte, „Entwicklungsstufen“ des Absolutismus, den konfessionellen, für den ihm Philipp II., den höfischen, für den ihm Ludwig XIV., und den aufgeklärten, für den ihm Friedrich II. als Protagonist erschien. Das unterscheidende Merkmal dieser „Entwicklungsstufen“ sah Roscher darin, daß „jede folgende den Absolutismus höher“ getrieben und „den Fürsten unbeschränkter“ hingestellt habe. Kennzeichnend für die Steigerung der monarchischen Gewalt erschien ihm die Selbststilisierung Friedrichs des Großen zum ersten Diener seines Staates, weil der Fürst als bloße Diener „im Namen des Staates […] viel ungenierter Gut und Blut des Volkes“ habe „in Anspruch nehmen“ können „als in seinem eigenen. Es ist häufig sehr vorteilhaft, beim Wesen der Macht die Form des bloßen Mandats anzunehmen, wenn der Mandant nämlich gar keine anderen Organe hat.“

Aus der Perspektive des liberalen Konstitutionalismus hätte kaum ein vernichtenderes Urteil über den aufgeklärten Absolutismus gefällt werden könne. Das wird gerade an der Metapher vom ersten Diener des Staates deutlich, die nicht nur für Roscher, sondern auch für viele spätere Historiker bis zum heutigen Tag den eigentlichen Kern dessen ausmacht, was sie als den aufgeklärten Charakter der Herrschaft Friedrichs des Großen interpretieren. Roscher sah darin nicht etwa wie viele spätere Autoren eine Annäherung an die liberale Staatsauffassung, sondern eine Legitimation zu noch rücksichtsloserem Eingreifen des Herrschers in die Freiheit seiner Untertanen.“

Der konfessionelle oder auch aufgeklärte Absolutismus umschreibt den Umstand, durch den der Herrscher nicht mehr als von Gott eingesetzter und über jedem Gesetz stehender Souverän verstanden wird (Gottesgnadentum), sondern als oberster Repräsentant einer vernünftigen Staatsordnung (z.B. Friedrich II : "Ich bin der erste Diener meines Staates").

Es sind also vor allem auch humanitäre (aufklärerischen) Zielen die einem solchen Absolutismus zugeschrieben werden ( z.B. Gesetze zur Ermöglichung freier Entfaltung im Bekenntnis zu verschiedenen Religionen/Konfessionen).


noemii95 
Fragesteller
 27.08.2013, 18:57

Danke für deine Antwort! Aber ich glaube der Konfessionelle und der aufgeklärte Absolutismus sind nicht dasselbe. Ich habe bei Wikipedia geschaut:

"Er stellte die These einer Stufenfolge, die mit einem „konfessionellem Absolutismus“ beginnt, in einen „höfischen Absolutismus“ übergeht und schließlich im „aufgeklärten Absolutismus“ mündet"

oder vielleicht habe ich da etwas falsch verstanden..

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AW95lx  28.08.2013, 18:04
@noemii95

Tatsächlich.

Entschuldigung für meine Fehlinformation.

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