Keine Chance bei gleicher Qualifikation?

3 Antworten

Hast du diese Frage schon demjenigen gestellt, der die Stelle ausgeschrieben hat?

Noch ist es ja so, dass ein Hochschulabschluss einer abgeschlossenen Berufsausbildung eben nicht gleichgestellt ist, sondern es ein höherer Abschluss ist. Das bedeutet, dass du mit einem Hochschulabschluss überqualifiziert bist, und daraus ergibt sich für den Arbeitgeber zum Beispiel zum Beispiel das Risiko, dass du dich letztendlich in der Position unterfordert / gelangweilt fühlen wirst und sie deshalb schneller wieder aufgibst.

Gesamtgesellschaftlich und volkswirtschaftlich betrachtet ist die Entscheidung, nicht-akademische Stellen exklusiv nur mit nicht-akademischen Bewerbern zu besetzen, tatsächlich sehr gut. Dass ab etwa den 80ern eine Entwicklung eingesetzt hat, dass Abiturienten zunehmend die Ausbildungsberufe fluten, hat dazu geführt, dass Haupt- und Realschulabschlüsse immer weiter entwertet wurden, und sich jeder genötigt sah, Abitur zu machen, was wiederum das Abitur auch entwertet hat. Die zeitgleiche Entwicklung, dass Leute mit akademischen Abschluss zunehmend nicht-akademische Berufe und Stellen fluteten, hatte wiederum zur Folge, dass sich immer mehr Leute genötigt sahen, zu studieren (was sie ja auch konnten, weil sie ja schon Abitur gemacht hatten). Dies war unter anderem der Hintergrund der Bologna-Reform, die mit dem Bachelor einen Abschluss geschaffen hat für Leute, die trotz Studium eben keine akademische Laufbahn einschlagen). Diese Entwicklung erfasste so nach und nach aber immer höhere Abschlüsse; so besetzten dann irgendwann Master-Absolventen Stellen, für die zuvor auch Bachelor-Absolventen genommen wurden, für die noch weiter zuvor auch Gelernte genommen wurden. Und zum Beispiel hatte ich während meines Studiums einen Werkstudentenjob, wo ich einen promovierten Chemiker als Kollegen hatte - in einem Lehrberuf. Und so entwickelte es sich über Jahre, dass Leute mit Abitur und Bachelorstudium und Masterstudium und Doktortitel auf Stellen sitzen, für die intellektuell gesehen ein Realschulabschluss und eine dreijährige Ausbildung reichen. Deshalb sagen eben auch einige Kritiker, dass diese Entwicklungen die Arbeitslosenstatistik verwässern…. Nun ist es so, dass „Abitur machen“ und „studieren“ von den meisten ja schon als positive Lebenszeit wahrgenommen werden, was unter anderem daran liegt, dass beides in Deutschland für die Schüler und Studierenden ja kostenlos ist, und es gute Förderungen gibt. Das ist es ja aber nur, weil der Staat die Kosten eben trägt. Laut Google-Recherche hat das statistische Bundesamt mal ausgerechnet, dass ein Schulplatz an einer allgemeinbildenden Schule 7100 Euro kostet. Ein Studienplatz wird mehr kosten, aber nehmen wir der Einfachheit halber mal an, er kostet ebenfalls 7100 Euro. Ein Berufsschulplatz kostet weniger, aber nehmen wir der Einfachheit halber mal an, er kostet ebenfalls dasselbe. Dann hat ein Master-Absolvent (2 Jahre Abitur, 3 Jahre Bachelor, 2 Jahre Master) den Staat 4 Jahre mehr gekostet, als ein für dieselbe Stelle ausreichend qualifizierter Gelernter (3 Jahre Berufsschule), also 28400 Euro (und wie gesagt, das ist nur vereinfacht gerechnet, in Wahrheit wird der Betrag noch deutlich höher sein). Wenn jedes Jahr bloß 10000 Master-Absolventen Gelernten Stellen wegschnappen, zahlt der Staat 284 Millionen Euro mehr, als notwendig wäre. Leben wir in einer Zeit, in der wir für 284 Mio keine sonstige Verwendung haben? Kindergrundsicherung, Förderung von Start-Ups, Abgabenentlastung, Klimaschutz, Digitalisierung, Cyber-Security, Pflege- und Krankenhausreform, ist alles ausreichend finanziert, niemand braucht mehr Geld? Nein? … und deshalb ist ein Arbeitgeber, der eine Stelle nicht überqualifiziert besetzt, im Grunde ein Held.

Versuch123150 
Fragesteller
 28.09.2023, 10:32

Alles klar. Danke für deine Antwort.

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Im letzten Fall gibt es schon einen großen Haken wenn man nur das hat, es fehlt die Praxis. Auf dem Papier gelernt ist nicht die Realität. Eine Person mit Berufsausbildung und evtl. einigen Arbeitsjahren ist für den Job ausgebildet und kennt die Berufspraxis, Studenten haben teilweise nur Praktika oder ähnliches oder sogar gar nichts praktisches vorzuweisen. Da sieht dann so ein Abschluss auf dem Papier wunderbar aus, aber das einlernen ist aufwendiger und man hat kein Belege, dass man nicht nur einen Theoretiker vor sich hat der Lehrbuchmäßig spitze ist aber praktisch nichts hinbekommt.

Versuch123150 
Fragesteller
 28.09.2023, 01:11

Ja, aber wenn man die praktische Erfahrung gesammelt hat, warum hat man dann trotzdem nicht die Chance auf die Position? Das ist meine Frage.

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Kuro48  28.09.2023, 01:14
@Versuch123150

Wenn man die praktische Erfahrung hat, hat man doch mal so einen Beruf bekommen, sonst hätte man die praktische Erfahrung ja nicht.

Wenn eine entsprechend hohe Praxiserfahrung da ist, ist es Sache der Betriebe, da müsste man diese fragen.

Ich könnte mir dann z. B. vorstellen, dass man Sorge hat die Person ist überqualifiziert sprich entweder ist die Fluktuation hoch, weil sie schnell feststellen wird, dass sie die Position unterfordert oder aber man weiß mit eben diesen Qualifikationen wird sie über kurz oder lang auch ein entsprechend hohes Gehalt wollen.

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Versuch123150 
Fragesteller
 28.09.2023, 01:18
@Kuro48

Hm. Stimmt. Das wäre natürlich eine Möglichkeit, die ich nicht in Betracht gezogen hatte. Danke dafür. Aber meinst du, dass es bei Berufen im Öffentlichen Dienst, auch so sein könnte?

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Ganz einfach du hast einiges geleistet, als jemand der nur eine Ausbildung absolviert hat.

Ergo wärst du finanziell viel zu teuer, dann nehmen die lieber jemand der genau dafür qualifiziert ist und entsprechend bezahlt wird.