Interpretation "An den Mond" - Erste Fassung von J. W. Goethe

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An den Mond, erste Fassung: Füllest wieder 's liebe Tal Still mit Nebelglanz, Lösest endlich auch einmal Meine Seele ganz. Breitest über mein Gefild Lindernd deinen Blick Wie der Liebsten Auge, mild Über mein Geschick.Das du so beweglich kennst, Dieses Herz im Brand, Haltet ihr wie ein Gespenst An den Fluss gebannt, Wenn in öder Winternacht Er vom Tode schwillt Und bei Frühlingslebens Pracht An den Knospen quillt. Selig, wer sich vor der Welt Ohne Hass verschließt, Einen Mann am Busen hält Und mit dem genießt, Was den Menschen unbewusst Oder wohl veracht’ Durch das Labyrinth der Brust  Wandelt in der Nacht. (1776–1778)  -  Das Gedicht markiert den Übergang zur Klassik. Ab 1775 /1776 weilte Goethe schon in Weimar und kam dort unter den besänftigenden Einfluss der adligen Hofdame Charlotte von Stein. Darauf weist das ruhige Fließen der Verse hin. (Fast durchweg Enjambements, regelmäßiger Verstakt: durchweg 4- bzw. 3-hebiger Trochäus, durchweg männlich-stumpfe Kadenzen / Versschlüsse, durchweg Kreuzreim abab). Damit korrespondiert der Inhalt: Achte auf die Überzahl der positiven Worte, die negativen (z.B. Gespenst, vom Tode u.a.) sind nicht so häufig. Achte darauf, was das lyrische Ich so selig stimmt (z.B. Liebe - Frau von Stein! - oder Freundschaft - Herzog Karl August!). Achte auf die Rolle des Mondes und des Flusses ("lösest", "breitest".., "das du...kennst", d.h. das Herz); das „Du“ bezieht sich wohl auf den Mond, eventuell auch auf die Liebste; „ihr“ - diese Anrede richtet sich wohl an die Allgemeinheit; heißt wohl, dass viele beim Anblick des bleichen Mondes und des schwellenden Flusses von Todesgedanken erfüllt sind (Goethe spielt hier offenbar auf die Selbstmordfälle an, die sich nach dem Erscheinen des „Werther“ abgespielt haben; ein Mädchen ist in Goethes unmittelbarer Nähe „ins Wasser gegangen“). Dann: die Metaphern: z.B. "Mann am Busen", "genießt", "Labyrinth der Brust", "wandelt" – gemeint sind gewisse geheime Gedanken in der Seele, die beide Freunde „genießen“. In den ersten Strophen folgende Metaphern: "Lösest", "lindernd", "mein Gefild", "beweglich", "im Brand", "wie ein Gespenst" (Vergleich). Diese bildkräftigen Metaphern wirken verstärkend.

- Wie ist denn die frühere Version, die du brauchst?

- Was hast du schon geschrieben (damit man daran anknüpfen kann)?

a)

An den Mond

Schwester von dem ersten Licht,
Bild der Zärtlichkeit in Trauer!
Nebel schwimmt mit Silberschauer
Um dein reizendes Gesicht;
Deines leisen Fußes Lauf
Weckt aus tagverschloßnen Höhlen
Traurig abgeschiedne Seelen,
Mich und nächt'ge Vögel auf.

Forschend übersieht dein Blick
Eine großgemeßne Weite.
Hebe mich an deine Seite!
Gib der Schwärmerei dies Glück;
Und in wollustvoller Ruh
Säh der weitverschlagne Ritter
Durch das gläserne Gegitter
Seines Mädchens Nächten zu.

Dämmrung, wo die Wollust thront,
Schwimmt um ihre runden Glieder.
Trunken sinkt mein Blick hernieder.
Was verhüllt man wohl dem Mond?
Doch was das für Wünsche sind!
Voll Begierde zu genießen,
So da droben hängen müssen;
Ei, da schieltest du dich blind.

Johann Wolfgang von Goethe

b)


Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;

In der ersten Version von 1777 lautete die erste Strophe noch folgendermaßen:

Füllest wieder 's liebe Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;

Ausgehend von dem Naturerlebnis des aufgehenden Mondes sehnt sich das lyrische Ich nach Seelenruhe.

Die beiden letzten der insgesamt 9 (erste Fassung: 6) Strophen sprechen vom Wunsch nach Rückzug aus der Welt in Gemeinschaft mit einem Freund.

Selig wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält,
Und mit dem genießt,

Was, von Menschen nicht gewusst
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.


Judako 
Fragesteller
 25.04.2015, 15:51

Erste Fassung bzw. Frühere Version:

https://www.planet-schule.de/fileadmin/dam_media/swr/klassiker_literatur/pdf/klassiker_goethe_ab3.pdf (linke Seite)

Was ich schon geschrieben habe: Das Gedicht „An den Mond“ von Johann Wolfgang von Goethe ist ein Naturgedicht beziehungsweise ein Erlebnisgedicht, welches im ungefähren Zeitraum von 1776 bis 1778 erschienen ist. Anhand des Erscheinungszeitraums kann man dieses Gedicht in die Epoche des „Sturm und Drang“ einordnen. Das Gedicht handelt, typisch für diese Epoche, von der Natur und den Empfindungen des lyrischen Ichs. Das Thema des Gedichtes ist, wie man am Titel erkennen kann, der Mond, obwohl das Wort Mond im Verlauf des Gedichtes nicht noch einmal vorkommt. Es spielt in der Nacht, wie man an den Worten „Winternacht“ (Z. 13) und „Nacht“ (Z. 24) erkennt. Die Szenerie ist ein vernebeltes Tal (vgl. Z. 1-2) mit einem Fluss (vgl. Z. 12).

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critter  25.04.2015, 16:37
@Judako

Tut mir leid, bei der früheren Fassung muss ich passen. :(

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