Warum fiel die NS Ideologie in Deutschland auf fruchtbaren Boden?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Schokokeks34,ein paar Stichpunkte in Kürze:

Die Deutschen hatten, abgesehen von den Bestrebungen 1848
(Paulskirche/Frankfurt) keine Erfahrung mit Demokratie.

Im Wesentlichen waren sie durch die Monarchien/preußische Monarchie geprägt, autoritätsgläubig zu sein.

Deutschland hatte den Ersten Weltkrieg hinter sich.

Die einzige Erfahrung hatten sie mit der Weimarer Republik in den Jahren 1918 bis 1933. Das war zu kurz.

Hier gab es eine Reihe von Negativerfahrungen (Aufstände von bestimmten Gruppen, unendlich viele kleine Parteien, Weltwirtschaftskrise mit Inflation und 6 Millionen Arbeitslosen). Man suchte also den "starken Mann".

Antisemitische Ansichten und Rassismus gab es schon lange und unabhängig vom Nationalsozialismus.

Kirchlich orientierte Kreise hatten sich an den Hirtenschreiben der deutschen Bischöfe orientiert, die bis 1933 noch vor den Ansichten der Nazis warnten, aber dann 1933 in der Fuldaer Bischofskonferenz z.B. schrieben. „…glaubt daher das Episkopat das Vertrauen hegen zu dürfen, dass die vorbezeichneten allgemeinen Verbote und Warnungen nicht mehr als notwendig betrachtet zu werden brauchen.“ Dem folgte dann am 20.07.33 das Reichskonkordat mit der Kirche.

Mit einem wirtschaftlichen Aufschwung und mit entsprechender gezielter Propaganda, die vor allem auch Kinder (Pimpfe) und Jugendliche (HJ)
einbezog, waren die Deutschen zum großen Teil dann hilflos bis begeistert.


Schokokeks34 
Fragesteller
 08.06.2017, 19:16

Danke sehr, klingt alles ziemlich kompliziert. Wenn man das ganze zusammen fassen möchte um auf die Frage zurück zu kommen, wie kann man es so schreiben das es nicht klingt als sei ich ein Profi wie du?😂❤

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Nadelwald75  08.06.2017, 19:22
@Schokokeks34

Vorschlag: Die Deutschen hatten bis zur Weimarer Republik nach dem Ersten Weltkrieg keine Erfahrung mit Demokratie. Sie waren durch das Kaiserreich geprägt.

Antisemitismus gab es auch schon früher. Das nutzten die Nazis aus.

In der Weimarer Republik machten sie schlechte Erfahrungen (viele Parteien, Aufstände, Weltwirtschaftskrise, Arbeitslose).

Die Kirche hatte zwar erst Bedenken, später aber nicht mehr.

Der Nationalsozialsimus hat viel durch raffinierte Propaganda bewirkt, dass viele nicht wussten, wie sie sich verhalten sollten und dann begeistert waren.

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Schokokeks34 
Fragesteller
 08.06.2017, 19:24

Danke 💗

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MarcelBerling  08.06.2017, 23:26

Sehr gute Antwort 👍 Allerdings bin ich mir nicht sicher ob das System der Demokratie eine Ursache dafür ist bzw. dass dieses so unbekannt war. Ich denke eher, dass die Menschen sich wieder nach einer absolutistischen oder auch einer konstitutionellen Monarchie sehnten. Wie vor dem ersten Weltkrieg.

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Nadelwald75  09.06.2017, 10:27
@MarcelBerling

Hallo MarcelBerling,

Demokratie an sich war wohl nicht unbekannt (siehe Bestrebungen im 19. Jhdt. und 1848), aber man hatte eben keine positive Erfahrungn damit.

Und es gab mit Sicherheit viele, die sich nach einer absolutistischen Monarchie sehnten, aber auch viele, die eben nur den starken Mann wollten.

Konstitutionelle Monarchie à la England wohl weniger.

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Die Deutschen waren nach dem ersten Weltkrieg eine gedemütigte Nation.
Die jahrzehntelange Kaiserherrlichkeit und der Traum vom Aufstieg zu einer Großmacht waren dahin. Deutschland fühlte sich im Felde nicht besiegt, mußte aber dennoch die alleinige Kriegsschuld tragen.

Hitler gelang es, mit seinen hypnotischen Reden die Deutschen zu dem Glauben zu verführen, das alles wieder rückgängig machen zu können. Seine Ideologie aus "Mein Kampf" wurde dabei entweder nicht ernst genommen oder billigend in Kauf genommen.

Wie die geblendeten Deutschen nur ein Wekzeug für Hitlers persönliche Obsessionen waren, hat erst die Geschichtsforschung nach dem Ende des Dritten Reiches herausgearbeitet.


MicheIIeMaBeIIe  09.06.2017, 10:32

Aber die Mehrheit der Deutschen waren doch von innen heraus begeistert.

Vor allem störte es sie überhaupt nicht, dass gleichzeitig Minderheiten vor aller Augen diskriminiert und ausgeraubt wurden, dass Länder überfallen wurden, dass Zivilisten ermordet wurden.

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Da wirst auch nichts wirklich finden, schließen befanden sich alle Deutschen im Widerstand gegen Hitler.
Waren sie nicht, so aber ist die gängige Verdrängungserinnerung der Deutschen.

Sei's drum, Deutschland befand sich in der Weltwirtschaftskrise, einschließlich zugehöriger Massenarbeitslosigkeit,gepaart mit der Austeritätspolitik.

Hitler und sein Göbbels lieferten die passenden Phrasen, angefangen beim Schandfrieden von Versaille, über den europaweiten Antisemitismus, gefüttert mit eingängigem Antibolschewismus.
Es ergab sich trefflich, dass die Deutsche Industrie Hitlers NSDAP finanzierte.
Die damals autoritätsgläubigen Deutschen wählten schließlich die NSDAP mit Mehrheit ins Parlament.
Eine Wahl jagte die nächste, bis schließlich Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde.

Nebenbei schuf Hitler nicht wenige Posten und Pöstchen, in der SA und SS. Was den Deutschen Identität und Karriere stiftete (auch heute noch der Deutschen liebtste Eigenschaften, "wem Gott ein Amt gibt den straft er auch mit Blindheit")

Als nun Hitler am Ruder saß, befleißigte er sich eines Staatskapitalismus, und segnete die Industrie mit Staatsaufträgen, für Rüstung und Autobahnbau, nebst millitärischer Aufrüstung.
Die auch heute noch großen Namen und Vermögen entstanden im III.Reich, gleich ob Quandt (BMW), Siemens, Krupp, Thyssen, Flick, VW und Audi, Deutsche Lufthansa und ein paar andere mehr noch.
Die Massenarbeitslosgkeit ging entsprechend zurück.
Weshalb Historiker wie J. Fest Hitler attestierten bis 1936 ein guter Sozialpolitker gewwesen zu sein (u.a. führte er das Kindergeld ein).

Dummerweise kostete das alles Geld, woran es in der Staatskasse jedoch mangelte.
Woraufhin Hitler gedachte sich den Zaster bei den Juden zu holen (Ariesierung jüdischen Vermögens).
Zudem holte er sich mit dem Stalinpakt seinen Teil Polens ins Reich, den Deutschen versprach er "Lebensraum im Osten".
Was sich recht schnell als Irrtum herausstellte, denn in Polen war schlicht nichts zu holen.
Was so gar nicht in seinen Plan passte, dass die eroberten Länder den Krieg zu bezahlen hätten, die Staatskasse blieb klamm.
Mit staatlicher Repression verfrachtete er nicht nur Juden, sondern auch die politische Opposition in die KZ's.
Die KZ's versorgten u.a. die Deutsche Industrie mit billigen Arbeitskräften.

Denn diese wurden während des Krieges knapp, wer noch laufen und krauchen konnte befand sich im Wehrdienst bei der Wehrmacht.
Dieser Teil gehört jedoch schon zum dicken Ende des III.Reiches.

Entscheidend für die Deutsche Begeisterung an der Naziideologie war: "wessen Herrn Brot ich esse, dessen Lied ich singe".
Man beißt nicht die Hand die einen füttert.