Gründe für die Entstehung einer Hochsprache?

7 Antworten

In der Tat spielte die Bibelübersetzung von Luther eine große Rolle.

Die Erfindung des Buchdrucks und damit die Verfügbarkeit von Büchern, und auch zunehmende Bildung und damit die Möglichkeit zu lesen hat die Sprache normiert.

Eine Hochsprache entsteht, wenn es eine Oberschicht gibt, die sich über die Dialektgebiete hinweg vernetzt.

Das war in einem ersten Schritt schon um 1200 so, als die Ritterkultur sich über die Stammesgebiete hinaus als einheitlicher Raum bildete und der Minnesang und die Ritterepen von allen deutschen Rittern/Adligen verstanden werden sollten.

Der zweite Schub kam um 1500, als die Buchdrucker für alle Regionen produzieren wollten, und als Luther ein Bibel-Hochdeutsch auf der Grundlage oberdeutscher (= mittel- und süddeutscher) Dialekte schuf.

Der dritte Schub erfolgte um 1800, als die Weimarer Klassik endgültig eine Nationalliteratur etablierte und gleichzeitig der Handel im Zeichen der beginnenden Industrialisierung in ganz Deutschland intensiv wurde.


MuLanHua2  11.11.2019, 18:42

ich glaub, dass Hochsprachen immer von einer zentral herrschenden Oberschicht planmäßig standardisiert werden. Beispiel Französisch. Definitiv weiß ich das von der chinesischen Hochsprache, mit ihrer Aussprache und ihren Schriftzeichen, die von Zentralherrschern der Qindynastie und Handynastie vollendet worden war.

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Ich denke, die Entwicklung einer Hochsprache hat wirtschaftliche Gründe.

Es ist schwieriger, jemandem etwas zu verkaufen, wenn beide so extreme Dialekte sprechen, dass keiner den anderen versteht.
Für Handel benötigt man eine gemeinsame Sprache. 


Rolex04  11.11.2019, 20:38
Für Handel benötigt man eine gemeinsame Sprache.

Jahrtausende ging es ohne gemeinsame Sprache. Wann bildete die sich heraus? Zufällig genau zu der Zeit als Martin Luther die Bibel übersetzt hat.

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Ja, da ist was dran. Neben der Lutherbibel gab es weitere Elemente, die der Verbreitung des Standarddeutschen Vorschub leisteten, z.B. die Verwendung des Standarddeutschen in der Oberschicht.

Man kann das im Raum der Weser gut beobachten. Während die einfachen Leute dort noch lange eine Variante des Niederdeutschen (Plattdeutschen) sprachen (was man schön an den alten Inschriften in der Innenstadt von Hameln sehen kann), benutzten die Leute der Oberschicht schon früh Standarddeutsch.

Wer sine Tunge nicht tömen kann
Un Oebel red’t von Allemann
Deselbe weete tau aller Frist
Dat öhne min Hus versparret is. (Hameln, Inschrift von 1554)

Später zogen dann (fast) alle Leute mit. Und das merkt man auch heute noch: der Raum Hannover/Hameln gilt als Mustergebiet des Standarddeutschen ("Hochdeutsch"). Kleinere plattdeutsche Elemente hielten sich dort aber bis in die Neuzeit (wie die Aussprache des anlautenden st- bei manchen älteren Leuten).

Seit Beginn der Menschheit wurde, auch über Grenzen hinaus, rege gehandelt. Die Sprache war Jahrtausende kein großes Hindernis.

Das gleiche gilt für Reisen.

Ein gemeinsame Sprache bildete sich mit Übersetzung der Bibel. Die wurde in einer Sprache geschrieben, durch die gerade erfundene Buchdruckkunst massenhaft gegruckt und in Hamburg und München, in Aachen und Dresden gelesen. Du ahnst nicht, wieviel Ausdrücke und Redensarten wir heute benutzen, die Dr. Martin Luther erfunden hat.