Einfach Rückerstattung anstelle von Ersatzlieferung?

2 Antworten

Die Antwort von Answer1234567 erscheint mir einleuchtend und hilfreich. Allerdings wurde hier nicht nichts geliefert. Denn dann könnte man auf die Erfüllung des Kaufvertrags pochen, der die Lieferung der vereinbarten Ware vorsieht.

Es wurde etwas geliefert, aber die Ware war beschädigt. Dann greift das Gewährleistungsrecht, denn es liegt ein Sachmangel vor also ein Mangel "in Bezug auf die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes", den der Verkäufer zu vertreten hat.

In solchen Fällen kann der Käufer im Grunde wählen, ob er eine Reparatur, eine neue Ware oder, wenn beides nicht geht, sein Geld zurück haben möchte. Siehe BGB § 439 Nacherfüllung:

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Praktisch kann sich der Verkäufer das aber aussuchen. Siehe ebenda Absatz 4:

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

Wie ein Streit im vorliegenden Fall ausgehen wird, ist aber schwer vorherzusagen.

Wichtig wäre wäre eine medial verbreitete Klärung hingegen für jene zunehmenden Fälle, in denen die Verkäufer bei der Reklamation von fehlenden Waren einfach mailen: "Bestellen Sie doch einfach neu!"

Gruß aus Berlin, Gerd

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin Ex-Schöffe, Journalist und Gewerkschafter

john4711  02.04.2022, 10:54
Wie ein Streit im vorliegenden Fall ausgehen wird, ist aber schwer vorherzusagen.

Was ist denn daran schwer vorherzusagen? Der Käufer verlangt eine Nachlieferung, und ganz offensichtlich ist das dem Verkäufer auch möglich. Die Ware muss er ja haben, sonst hätte er keine erneute Bestellung vorgeschlagen. Also kann der Käufer die Nachlieferung auch verlangen. Die einschlägigen Rechtsnorm hast Du ja selbst hier eingefügt.

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GerdausBerlin  02.04.2022, 20:18
@john4711

Eben weil "Die einschlägigen Rechtsnorm" besagt:

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

Ob das nur so möglich ist, weiß ich ja nicht ...

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Answer1234567  03.04.2022, 18:17
@GerdausBerlin

Die unverhältnismäßigen Kosten muss der Verkäufer aber zumindest glaubhaft machen, die erschließen sich mir hier nicht. Eine erneute Lieferung zu beauftragen, erzeugt regelmäßig keine unverhältnismäßigen Kosten im Vergleich zu der Variante "KV rückabwickeln und neu abschließen". Außergewöhnliche Eigenheiten in den Geschäftsprozessen des Verkäufers, die dergleichen erschweren, sind n.h.M. alleine dem Verkäufer zuzurechnen und dürfen den Anspruch des Käufers nicht beeinträchtigen.

Davon einmal abgesehen: Ein Verweigerungsrecht aus § 439 Abs. 4 BGB berührt einen Schadensersatzanspruch des Käufers nicht. Der Käufer kann somit jederzeit die aus der Schlechtleistung des Verkäufers resultierenden Kosten für eine Ersatzbeschaffung als Schadensersatz aus dem Kaufvertrag geltend machen (§ 280 BGB). Ob die Ersatzbeschaffung bei dem Verkäufer oder einem Dritten vorgenommen wurde, dürfte hier unbeachtlich sein.

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GerdausBerlin  03.04.2022, 18:35
@Answer1234567

So sehe ich das auch. Leider habe ich die Quellen gerade nicht zur Hand, die besagen, dass der Verkäufer nicht de jure, aber qua Rechtsprechung de facto stets die Wahlfreiheit hat zwischen den gesetzlichen Möglichkeiten der "Nacherfüllung", wenn er auf seine "unverhältnismäßigen Kosten" rekurriert.

Richtig und wichtig finde ich hier deinen Hinweise auf die Möglichkeit, Schadensersatz für eine Ersatzbeschaffung geltend zu machen. Daran denken und glauben gar die Verkäufer in der Regel überhaupt nicht!

So hatte ich mal ein Schnäppchen per Internet bestellt. Das wurde mir allerdings nicht über den Zaun in den Matsch geworfen, also tatsächlich geliefert, also in meinem Bereich abgegeben, sondern in einem Shop weit weg - und ging dann auch nach einer Woche zurück an den Versender.

Auf mein Schreiben hin schickte mir der Verkäufer mein Geld zurück. Erst als ich mit einer Ersatzbeschaffung durch Dritte drohte, fand sich nach Wochen ein Verkäufer, der mir die Ware tatsächlich zuschickte.

Nur: Im vorliegenden Fall war die Ware tatsächlich in den Bereich des Käufers gelangt. Und da sie beschädigt war, möchte der Verkäufer das Geld zurückgeben.

Hier greift meines Erachtens mein Weg nicht mehr: Wenn ich etwas Defektes geliefert habe, ist mein Kaufvertrag erfüllt - ich muss die Ware nicht in Timbuktu ordern als Ersatzbeschaffung, und auch nicht zu höheren Kosten woanders.

Jetzt sind wir nämlich auf dem Gebiet der Gewährleistung, und da stellt sich für mich die Frage: Darf der Käufer eine - mittlerweile auf dem Markt erheblich teurere - Ware von mir zum alten Preis verlangen oder bei einem Dritten zum höheren neuen Preis auf meine Kosten kaufen wie bei einer Nicht-Lieferung?

Gruß aus Berlin, Gerd

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Answer1234567  03.04.2022, 18:56
@GerdausBerlin
Darf der Käufer eine - mittlerweile auf dem Markt erheblich teurere - Ware von mir zum alten Preis verlangen oder bei einem Dritten zum höheren neuen Preis auf meine Kosten kaufen wie bei einer Nicht-Lieferung?

Aus dem Bauch raus würde ich sagen: Ja, darf er. § 280 BGB stellt auf die Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis ab. Deine Pflichten verletzt der Verkäufer nicht nur bei einer Nichtleistung, sondern auch bei einer Schlechtleistung (vgl. auch § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB).

In der Praxis ist das allerdings immer etwas komplizierter, da müsste man deutlich tiefer in das Thema einsteigen und Urteile und Fachliteratur aus dem Bereich des Kauf- und Gewährleistungsrechts wälzen. Das führt jetzt am WE aber dann doch zu weit :)

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GerdausBerlin  03.04.2022, 19:11
@Answer1234567

Das klingt auch wiederum plausibel. "Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen." § 433 Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag.

Ein typischer Gewährleistungsfall wäre eher ein Produktionsfehler, der sich nach der Lieferung herausstellt - nicht ein Fehler, der im Zuge der Lieferung entsteht, hier also zwar schon im Bereich des Käufers, also im Garten, aber eben im Matsch, also noch vor der Möglichkeit des Käufers, die Ware trocken und unbeschädigt in Empfang zu nehmen ;-)

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Nein, korrekt ist das so nicht. Eine Klage auf Leistungserbringung halte ich hier aber aber für wenig zielführend, zumal du den Kaufpreis ja bereits zurückerhalten hast.

Dass PayPal dazwischen hängt, macht das Ganze nicht einfacher. Für mich schon ein Grund, auf solche Dritten in der Mitte zu verzichten.

Wer ist der Verkäufer und wo hat der seinen Sitz?

Bei Sitz in Deutschland würde ich es jetzt so machen: Ware nochmal bestellen und dann die Preisdifferenz abzüglich Gutschein sowie die zusätzlichen Versandkosten als Schadensersatz gemäß § 280 BGB geltend machen. Entweder bei Bezahlung der Rechnung Aufrecht erklären (§§ 387 ff. BGB) (vermutlich schwierig bei PayPal) oder die Forderung alleine geltend machen und die Auszahlung auf ein von dir benanntes Bankkonto fordern. Anschließend steht dir der Rechtsweg offen. Beide Varianten erzeuge aber ein gewisses Maß als Ärger, wenn der Verkäufer nicht mitspielt und werden zukünftige Geschäfte vermutlich unmöglich machen.

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