Transmenschen besser verstehen?

3 Antworten

Von Experte LunarEclipse bestätigt
nicht möglich ist an eine biologische Frau zu kommen,

Optisch und akustisch (Stimme) kann das sehr gut gelingen. Ausreichend, um von anderen Menschen als Frau wahrgenommen zu werden. Das wird Passing genannt.

gerne mit Puppen gespielt aber auch mit Lego.

Das sind nur Geschlechterrollen. Ungewöhnliche Gender Expression reicht nicht aus, um trans zu sein.

 sondern ich definiere mich selbst

Trans Personen definieren sich selbst.

mein Geschlecht ist nicht mehr als eine Eigenschaft von mir

Trans Personen sich auch nicht nur trans.

wieso es das soziale Geschlecht überhaupt gibt

Weil es Geschlechterrollen gibt.

Das ist aber gar nicht der Knackpunkt, sondern das Psychische Geschlecht:

Das psychische Geschlecht zeigt sich an der Geschlechtsidentität einer Person. Es ist ein subjektives Erleben, das sich weder am Verhalten noch an der sexuellen Orientierung ablesen lässt.

https://www.rosenfluh.ch/media/paediatrie/2022/01/Im-falschen-Koerper-geboren.pdf

Die Geschlechtsidentität bzw. Gender definiere ich (und viele andere Personen) nicht über Stereotype wie was man als Kind gespielt hat.

Stell dir vor, du gehst raus und wirst mit Herr angesprochen. Die nächste Person spricht dich mit Frau an. Für viele Menschen fühlt sich das eine einfach falsch an. Wenn es sich für jemanden gut/richtig anfühlt als männlich wahrgenommen zu werden, ist diese Person sehr sicher von der Identität her männlich.

Und zur Wahrnehmung zählt auch das äußere, was der Hauptgrund für Transition ist. Durch bestimmte Selbstdarstellung, Hormone oder Operationen können trans Personen sich dem annähern, was ihrer Identität entspeicht. Und dadurch (Passing) werden sie auch von anderen Menschen (aber auch von sich selbst) besser so wahrgenommen, wie sie sich identifizieren.

Für die meisten trans Personen ist es so: Werden sie mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Namen, Geschlecht oder Pronomen bezeichnet fühlt sich das scheiße bis (idR. emotional) schmerzhaft an. Das heißt Gender Dysphorie, was aber auch starkes Unwohlsein mit zB. dem eigenen Körper beinhaltet.

Zusätzlich gibt es aber auch noch Gender Euphorie, was meiner Meinung nach wichtiger ist. Das ist ein positives Gefühl, was zB. entsteht wenn trans Personen mit ihrem neuen Namen oder den Pronomen/Wörtern bezeichnet werden, die sie selbst bevorzugen.

Beides kann sehr unterschiedlich stark sein, sowohl zwischen verschiedenen Personen, als auch bei einer einzelnen.

Ich zB. identifiziere mich als nicht-binär. Es fühlt sich falsch an als weiblich wahrgenommen zu werden und männlich ist zwar weniger schlimm, aber fühlt sich trotzdem nicht gut an. An manchen Tagen habe ich extreme Dysphorie auf meinen Körper bezogen, an anderen nicht. Weibliche Pronomen fühlen sich immer scheiße an, aber auch damit kann ich leben (ich werde mein Geschlecht vermutlich nicht offiziell anpassen lassen, zumal momentan Optionen fehlen). Dafür fühle ich starke Euphorie. Ich verwende meinen Namen in privatem Rahmen seit über einem Jahr und bin immer noch jedes Mal sofort glücklich, wenn mich jemand so nennt. Als mich das erste Mal eine fremde Person mit männlichen Pronomen bezeichnet hat, das ist Jahre her, habe ich den ganzen Tag lang nur grinsend rumgesessen und werde auch jetzt noch glücklich, wenn ich daran zurückdenke.

Zum Schluss noch ein etwas kontroverser Gedankengang: Ich glaube, dass per Definition die allermeisten Menschen nicht-binär sind, es ihnen aber einfach egal ist, weil sie keine oder kaum Dysphorie (und vermutlich auch kaum Euphorie) spüren. Du schreibst zB.:

Ich habe von mir nie gedacht "Ich bin ein Mann oder eine Frau und das definiert mich", sondern "ich bin ich und mein Geschlecht ist nicht mehr als eine Eigenschaft von mir die mich nicht definiert, sondern ich definiere mich selbst.".

Per Definition könntest du damit sagen, du bist nicht-binär oder agender. Nur ist es dir vermutlich egal, weil du, soweit ich das wissen kann, keine Dysphorie oder starke Euphorie empfindest. Das ist natürlich jetzt nur Mutmaßung, wie du dich fühlst und identifizierst kannst nur du wissen, aber ich kenne mehrere Personen, denen es genau so geht. Nur weil diese die Defintion erfüllen würden, müssen sie sich aber nicht labeln - mir persönlich werden Label mit der Zeit auch immer weniger wichtig.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – queer und nicht-binär, habe mich viel mit LGBT+ beschäftigt

Lasafasa454 
Fragesteller
 17.05.2024, 11:41

Vielen vielen Dank für deine liebe Antwort! Ich kann jetzt auf jeden Fall solche Personen etwas mehr verstehen. Etwas steht aber für mich noch offen im Raum "Wieso?". Wenn es dir nichts ausmacht habe ich noch Fragen : Du sagst es fühlt sich nicht gut an als weiblich wahrgenommen zu werden. Ich verstehe diesen Satz noch nicht, denn wenn jemand mich als weiblich sehen würde, würde ich mir denken "Hmm... diese Person denkt ich habe XX Chromosome." Mir ist natürlich völlig klar, dass man damit nicht den biologischen Aspekt meint, aber ich verstehe nicht was denn "weiblich" oder "männlich" im Bezug auf das soziale Geschlecht bedeuten soll, denn es gibt wie beim biologischen Geschlecht keine 100%tige Trennung, deswegen denke ich bei den 2 Worten immer an das biologische. Daher meine Frage : Was bedeutet weiblich oder männlich denn?

Und ja ich denke du hast wahrscheinlich recht mit dem letzten Punkt :) Ich denke, wenn wahrscheinlich wäre ich tatsächlich nicht binär. Ob man mich mit Mann oder Frau anspricht ist mir egal, da ich aber nicht wirklich darüber nachdenke, gehe ich einfach von meinem biologischen Geschlecht aus.

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Irvin82  17.05.2024, 15:08
@Lasafasa454

Das ist ehrlich gesagt genau das, was mich auch wurmt: Ich kann weiblich oder männlich nicht definieren. Ich weiß, dass ich mich nicht als weiblich identifiziere, aber das beruht nicht auf für mich messbaren Fakten sondern "nur" einem starken Gefühl. Ich weiß nicht, ob jemals jemand ordentliche Definitionen verfasst hat und ob das überhaupt möglich ist. Aber ich komme da selbst an einen Punkt, wo ich nicht mehr klar argumentieren kann (was mich sehr stört, weil mir logische Argumente eigentlich enorm wichtig sind). Ich habe sowieso oft Probleme mit sozialen Konstrukten, aber auch Gefühlen, was das ganze nicht leichter macht. Ich fürchte, ich kann dir da nicht wirklich weiterhelfen.

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Evtl sollte mal gewissen Thesen mehr Aufmerksamkeit schenken um klarzustellen das man Trans geboren wird und sich es nicht aussucht 

Swaab stellte die These auf, dass die Entwicklung der Sexualorgane und des Gehirns beim Fötus zeitlich versetzt stattfinden. „Störungen” könnten dazu führen, dass die Genitalien sich in einem unterschiedlichen hormonellen Umfeld als das Gehirn entwickeln würden, und damit z. B. „weibliche Gehirnstrukturen” bei Menschen mit Hoden und Penissen entstehen könnten. 

Diese geht davon aus, dass Testosteron und Östrogen während der Schwangerschaft strukturierend auf das Gehirn des Fötus einwirken. Diese Hormone organisieren das Gehirn dauerhaft in einer männlichen oder einer weiblichen Variante und schreiben

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung