Ist es nicht absurd, wie Fremdsprachen in der Schule gelehrt werden?

9 Antworten

Von Experte FernandoGF bestätigt

Mittlerweile ist das Sprachlernen an Schulen schon recht intuitiv, realitätsnah. Es sind lebendige Dialoge als Texte, Audiomaterial mit Muttersprchlern, und Bilder als Visualisierung. Grammatik ist notwendig, um eine Sprache korrekt zu beherrschen.

Effizient zu lernen bedeutet, sich schwere Aspekte einer Sprache bewusst anzueignen. Es kann nicht alles Spiel sein, und auch im echten Leben muss man in der Lage sein, etwas Neuem konzentriert und fokussiert entgegenzutreten.

Es macht auch durchaus Sinn, etwas systematisch zu lernen, sprich Vokabeln und Grammatik, um eine Orientierung, ein Gerüst zu haben.

Auch muss man die Situation in der Klasse bedenken: Da sind 30 pubertierende Jugendliche, die vielleicht generell keine Lust auf Schule haben, inkl. Gruppendynamik. Viele Ideen, die man vielleicht in Kleingruppen realisieren kann, wie Rollenspiele (nicht dasselbe wie Dialoge!), Theater, etc, lassen sich in einem solchen Rahmen schwer durchführen, ohne, dass das in Chaos m8ndet.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Linguistik

Natürlich lernt man Sprachen am besten in einer Umgebung, n der alle anderen die Sprache sprechen, die man lernen sollte. Für Babys gilt mehreres: niemals mehr im Leben lernt man so schnell, niemals ist man so dauerhaft motiviert und niemals später merkt man sich so viel, ohne sich darauf zu konzentrieren. Ausnahmen sind natürlich alle Babys, die irgendwie geschädigt sind, z.B. extreme Frühgeburten; aber so bald sie dies Stadium überwunden haben, lernen auch sie ungewöhnlich schnell.

Dass Migranten in einer einheitlichen Sprachumgebung nicht so viel besser lernen als wir, die wir hauptsächlich unsere Muttersprache hören, liegt zum einen daran, dass sie oft auf der Flucht traumatisiert wurden, aber auch daran, dass sie sich emotional zunächst an ihre Herkunftssprache klammern.

Es gibt aber im Internet gute Sprachlernprogramme, die sich auf den Lernprozess des Lernenden einstellen.

In einer Klasse von 30 können nicht alle 30 ständig reden und dabei vorbildliche Aussprache hören; aber natürlich gibt es auch da gute und weniger gute Methoden.

Mit einem normalbegabtem Baby kann aber kein Schüler konkurrieren, es sei denn, es geht um das Lernen der Grammatik. Die Lernen Babys nämlich nicht über Regeln, sondern nur über Beispiele. Und wie oft hören Babys wohl den Konjunktiv oder Futur II?

Lukas1990 
Fragesteller
 02.05.2024, 22:40

Lernen anhand von Beispielen ist doch sicher besser als durch Regeln. Niemand käme je auf die Idee, zu sagen, man möchte sich die Zähne waschen, wenn jeder putzen sagt.

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Fontanefan  02.05.2024, 22:43
@Lukas1990

Ich vermisse beim Sprachenlernen oft Grammatikregeln, weil die Beispiele oft kein System ergeben. Aber wenn du dich noch nicht mit dem Lernen von Sprachen beschäftigt hast, wäre es sinnlos, dir alles erklären zu wollen.

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birne98765  04.05.2024, 07:52
@Lukas1990

Ja, genau deshalb ist das bewusste Lernen wichtig! Rein intuitiv wird die Mehrheit der Schüler das nicht aufnehmen, weil sie weiterhin in der Muttersprache denken. Sie würden denken" putzen" , und deshalb muss man sie darauf aufmerksam machen, dass die Konstruktion in der Fremdsprache mit dem Verb " waschen " korrekt ist.

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Ausländische Kontakte. Du hast sicher etwas, wofür du dich besonders interessierst. Such da mal ausländische Foren oder Communities und versuch Kontakte zu knüpfen, selbst. Das bringt's am meisten, finde ich, abgesehen natürlich davon, da hinzufahren. Such mal in der App 'Tandem' nach Leuten. Ich glaub, die meisten sind zwar älter, aber irgendein Gesprächsthema ergibt sich bestimmt, und wenn man sich dann in der Fremdsprache darüber austauscht, ist doch super. Viele Ältere wollen ja auch Jüngeren gerne helfen. Ich hab selbst auch mal mit Italienern zusammen französisch gelernt, das ist auch cool: Beide haben wenig Ahnung, aber helfen sich gegenseitig trotzdem, besonders, wenn die Zielsprache die einzige ist, in der man miteinander reden kann.

Lukas1990 
Fragesteller
 02.05.2024, 22:38

Wie kommst du darauf, dass die Tandem-Typen alle älter sind?

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Schulkinder und Jugendliche sind nicht mehr im Babyalter und lernen mit Grammatikregeln schneller. Als kleines Kind hört man die Muttersprache viele tausend Stunden, soviel Zeit ist in der Schule auch gar nicht.

Ansonsten sind die Leute verschieden, was das Lernen betrifft. In der Schule habe ich nie etwas gelernt (erst nachher zuhause), da ich zu langsam beim mitschreiben war und das Schreiben bei mir keinesfalls das Lernen fördert, sondern behindert. Mir wäre mehr geholfen, wenn der komplette Schulstoff in einem Lehrbuch (Lehrbuch für Selbstlerner!) gestanden hätte und Abschreiben entfällt.

Von Experte birne98765 bestätigt

Vereinfacht gesagt: Jein.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich ein absoluter Gegner des Schulspanischs war. Aber wenn man sich heutige Methoden ansieht, ist in den letzten Jahrzehnten sehr viel passiert.

Vorab muss ich aber noch eines schicken: In der Schule lernt man Fremdsprachen aus dem Grund, weil man diese wählen muss oder weil sie Pflicht sind. Es ist nicht die Begeisterung für ein Land, eine Kultur, eine Sprache. Es gibt zig andere Fächer, wo man ebenfalls viel lernen muss.

Und wie eine Muttersprache lernst du eine Fremdsprache nicht. Du hast nicht die Zeit, so viele Jahre zu warten. Du hast nicht die Geduld, z. B. die spanische Artikulation spielend zu lernen indem du lalala und tatata runterratterst und nach 5 Jahren dann ein rrrr rollen kannst.

Du misst den Wörtern nicht die gleiche Bedeutung bei, wo deine ersten Worte mamá, papá und ein bischen mehr waren und wenn du dich nicht ausdrücken konntest, nicht das bekomment hattest, was du wolltest. Wo du in der Sprache tolle und fiese Leute kennengelernt hast, dich durchboxen musstest, alle Situationen neu für dich waren und dies Worte sich in dein Herz eingebrannt hatten.

Du lernst eine Spreche nicht aufgrund deiner Bedürfnisse, aufgrund einer muttersprachlichen Familie, wo du täglich 2x hörst, dass du dir die Zähne putzen solltest (oder auf Spanisch waschen bzw. bürsten).

In der Schule sitzt du mit 25 anderen Mitschülern in der Klasse. Manche sind überhaupt nicht interessiert daran. Nicht weil die Motivation für z. B. Spanisch fehlt, sondern weil es ihnen egal ist.

Aber wie gesagt: Die Kursmethoden, die in der Schule verwendet werden sind heutzutage sehr gut. Bauen aufeinander auf. Es geht mit Begrüßen und Kennenlernen los, sich vorstellen, einfache Beschreibungen, über deine Hobbies reden, über den Tagesablauf, dein Stadtviertel beschreiben etc. Es werden Beispiele aus dem Alltag verwendet, es kommt das Spanisch verschiedenster Länder an die Reihe.

Das in einem Tempo, in dem Muttersprachler das nicht gelernt haben. Natürlich wäre es ein zigfaches effizienter, den Unterricht vor Ort zu machen und in den Alltag einzutauchen. Das ist aber nicht möglich. Es ist Schule. Die Schule deines Stadtviertels oder deiner Stadt. Du hast 2 Stunden oder so ähnlich in der Woche, nicht 24 x 7.

Ohne Grammatik kannst du Spanisch nicht lernen. Du kannst noch soviel mit Spaniern reden. Du wirst dann immer nachplappern müssen und kannst die Sätze nicht für deine Zwecke umformen. Außerdem steckt in der Grammatik viel Ausdruckskraft. Es wird im Spanischen nicht alles in Worte, sondern sehr viel durch Formen ausgedrückt. Deshalb hat Spanisch 8 Vergangenheiten, wenn man Vorvergangenheiten und das Subjuntivo miteinbezieht. Das lernst du nicht nebenbei.

Anders als im Englischen wo to eat nur in der 3. Person Singular he/she/it eats ist und im Rest der Personenformen eat, hast du im Spanischen hierfür 7-8 Formen (Infinitiv + 6 Personenformen + Voseo, je nach Region). Ein muttersprachlicher Sekundärstufler hat einen Wortschatz von über 30.000 Vokabeln. Mit Konversation am Kaffeetisch kommst du vielleicht auf 500, lass es 5000 sein, was schon C2-Niveau wäre.

Wenn man den Referenzrahmen ansieht, ist das ein hohes Niveau. Nicht muttersprachlich, aber ein Mix aus Bildungsspanisch und umgangssprachlichem Spanisch, dem nur ein bischen Breite fehlt und die Einordnung regionaler Eigenheiten.

Wenn du eine Fremdsprache richtig lernen willst, kannst du dich auch nicht auf Methoden beschränken. Da musst du alle Kanäle nutzen: TV/Youtube, Musik, Zeitungen, Diskussionsrunden, aber auch umgangssprachliches Spanisch, mit Kumpels losziehen ... und alle Lebensetappen durchmachen. Denn jede hat ihr eigenes Vokabular. Als in eine Familie hineingewachsenens Kind mit Brüdern, Eltern, Onkels, Großeltern und Freunden geschieht das automatisch.

Aber das kann man nicht alles simulieren. Und es ist auch nicht alles nur Spaß. Es fehlt ja der Anreiz, dass du nicht das bekommst, wenn du dich nicht ausdrückst und das in allen Lebenslagen. Wenn du die Welt anhand Informationsquellen rein in jener Sprache verstehen musst und dich mit anderen auseinandersetzen musst. Das muss man sich dann vor Ort irgendwann draufschaffen. Alles andere sind Märchen. Eine Sprache zu lernen braucht viele Jahre. Auch als Muttersprachler. Frag die, die mit 6 zum Logopäden geschickt werden, weil sie das rr nicht rollen können oder in Muttersprache & Literatur durchfallen.