Hallo Starscream2811,
das Lichttempo¹) c ≈ 3×10⁸ m⁄s spielt eine besondere Rolle in der Struktur der Raumzeit. In gewisser Weise verbindet es Zeit und Raum miteinander und trennt sie zugleich voneinander.
c als Verbindung von "Zeit" und "Raum"
Natürlich wird aus einer Zeitspanne durch Multiplikation mit einem beliebigen Tempo¹) v eine Weglänge. Wenn ich relativ zu einem Bezugskörper B²) für eine Zeitspanne Δt mit dem Durchschnittstempo v unterwegs bin, lege ich einen Weg der Länge Δs = v∙Δt zurück.³)
Allerdings ist ein Tempo ziemlich beliebig und erlaubt nicht z.B. den direkten Vergleich zwischen Strecken und Zeitspannen. Dafür müsste es ein Tempo geben, das zugleich eine universelle Konstante ist. Und genau das ist c.
Betrachten wir zwei Ereignisse Ě₁ und Ě₂, die sich in einem von B aus definierten Koordinatensystem Σ zu den Zeiten t₁ und t₂ an den Orten r›₁ = (x₁; y₁; z₁) und r›₂ = (x₂; y₂; z₂) ereignen.
Abb. 1: Zur mathematischen Beschreibung von Orten in einem Koordinatensystem
Daraus ergeben sich 4 Koordinatendifferenzen, nämlich die B- Koordinatenzeit Δt = t₂ − t₁ und die räumlichen Koordinatendifferenzen Δx = x₂ − x₁, Δy = y₂ − y₁ und Δz = z₂ − z₁.
Der räumliche Abstand Δs hängt mit diesen letzten drei Koordinatendifferenzen über den Satz des PYTHAGORAS bzw. die daraus folgende EUKLIDische Metrik zusammen:
(1) Δs² = Δx² + Δy² + Δx²
Die universelle Konstante c erlaubt nun den Vergleich zwischen zeitlichem und räumlichem Abstand, indem man entweder c∙Δt mit Δs oder Δt mit Δs⁄c vergleicht.
c als Trennung von "Zeit" und "Raum"
Zwei Ereignisse mit Δt = 0 heißen gleichzeitig. Ganz entsprechend können wir zwei Ereignisse mit Δs = 0 als gleichortig bezeichnen. Allerdings ist Gleichortigkeit schon gemäß der NEWTONschen Mechanik (NM) relativ:
Angenommen, Ě₁ und Ě₂ ereignen sich bei einem Körper B', der sich relativ zu B mit konstanter 1D-Geschwindigkeit v (in x-Richtung von Σ) bewegt. Dann haben sie in Σ natürlich den räumlichen Abstand Δs = Δx = v∙Δt.
Man kann nun aber auch von B' aus ein Koordinatensystem Σ' definieren, in dem B' selbst sich natürlich nicht bewegt, dafür aber B mit −v (gleiches Tempo, entgegengesetzte Richtung). Nach GALILEIs Relativitätsprinzip (RP) sind Σ und Σ' physikalisch gleichwertig, d.h., die grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen (nichts anderes sind Naturgesetze) sind identisch.
In Σ' sind Ě₁ und Ě₂ gleichortig. Derartige Ereignisse heißen zeitartig getrennt, und es gibt eine vor Ort direkt gemessene Zeitspanne Δτ = τ₂ − τ₁ zwischen ihnen, die als Eigenzeit bezeichnet wird.
In der NM stimmt Δτ immer mit Δt überein, es gibt nur die Zeit. Ereignisse sind entweder zeitartig getrennt oder gleichzeitig. Zur Umrechnung zwischen Σ und Σ' nutzt die NM die GALILEI- Transformation, die sich als Scherung in der Raumzeit auffassen lässt.
Allerdings stellte sich im 19. Jahrhundert heraus, dass die NM nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann.
GALILEI meets MAXWELL
Zu dieser Zeit formulierte nämlich MAXWELL die Gesetze der Elektrodynamik und leitete direkt daraus die elektromagnetische Wellengleichung her, die c als Naturkonstante enthält.
So müsste man also anhand von Messungen der Lichtgeschwindigkeit in verschiedenene Richtungen bestimmen können, ob und wie schnell man sich bewegt, und zwar relativ zu einem allgegenwärtigen Medium namens Weltäther. Was natürlich dem RP widersprechen würde, denn der Weltäther wäre dann ja mit höherer Berechtigung als ruhend anzusehen als man selbst.
Da sich die Erde mit immerhin 10⁻⁴c um die Sonne bewegt, sollte man dies nachweisen können. Man konnte aber keine Abweichung vom RP sehen. Daraufhin entwickelte LORENTZ eine Äthertheorie, nach welcher der Äther Körper, die sich relativ zu ihm bewegen, in Bewegungsrichtung kontrahieren lässt und Uhren, die sich relativ zu ihm bewegen, verlangsamt. Die GALILEI- Transformation musste er natürlich modifizieren, und so entstanden die LORENTZ- Transformationen.
EINSTEIN ließ die Idee des Äthers komplett fallen und wandte einfach konsequent das RP auf die Elektrodynamik an. Deshalb nannte er seine Theorie auch Relativitätstheorie (RT). Damit kam er zu dem Schluss, dass etwas, das sich relativ zu B mit c bewegt, auch relativ zu B' mit c bewegt und umgekehrt. So kam er ohne Äther- Bezug auf die LORENTZ- Transformationen.
Eine wichtige Konsequenz ist die Relativität der Gleichzeitigkeit räumlich getrennter Ereignisse, d.h., Ereignisse, die in Σ gleichzeitig sind, haben in Σ' einem zeitlichen Abstand. Das zwingt uns, neben dem Begriff der Gleichortigkeit auch den der Gleichzeitigkeit zu verallgemeinern: Ereignisse, für sie es ein Koordinatensystem gibt, in dem sie gleichzeitig sind, heißen raumartig getrennt.
Sein früherer Mathematikprofessor MINKOWSKI wies darauf hin, dass in der Raumzeit somit eine abgewandelte Form der EUKLIDischen Metrik gilt; zwischen zwei Ereignissen gibt es den absoluten Abstand
(2.1) Δs² − c²Δs² ≡ Δs'² − c²Δt'² =: Δς².
Dies ist gerade der Abstand, den zwei raumartig getrennte Ereignisse in einem Koordinatensystem haben, in dem sie gleichzeitig sind. Dafür muss allerdings Δs > cΔt sein.
Für Δs = cΔt spricht man aus naheliegenden Gründen von lichtartig getrennten Ereignissen.
Ereignisse mit Δs < cΔt sind offensichtlich zeitartig getrennt, und ihr absoluter Abstand ist nichts anderes als die Eigenzeit. Hier müssen wir (2.1) umdrehen:
(2.2) Δt² − Δs²⁄c² ≡ Δt'² − Δs'²⁄c² = Δτ².
Abb. 2: Vergleich der Geometrie einer räumlichen z-x-Ebene mit der t-x-Ebene der Raumzeit. Der violett unterlegte Bereich stellt die Ereignisse dar, die vom Ursprung raumartig getrennt sind.
Der raumzeitliche Abstand ist, wie gesagt, absolut, und insbesondere muss ein Abstand zwischen zwei Ereignissen, die in einem physikalisch möglichen Koordinatensystem zeitartig ist, in jedem solchen zeitartig sein.
Könnte sich ein Raumfahrzeug relativ zu B schneller als mit c bewegen, wären aufeinander folgende Ereignisse an Bord, die also für einen Passagier zeitartig getrennt sind, für uns raumartig getrennt, und das ist nicht möglich. Tatsächlich kann sich nichts überlichtschnell bewegen, das eine innere zeitliche Ordnung hat.
Abb. 3: Ein Lichtfleck, Schatten oder eine vorher abgesprochene LaOla könnte sich schneller als mit c bewegen, da es sich um eine Reihe unabhängiger Ereignisse handelt. In unterschiedlichen Koordinatensystemen wäre u.U. aber die Bewegungsrichtung entgegengesetzt.
____________
¹) Geschwindigkeit (engl. velocity) ist eine Vektorgröße, eine Größe mit Richtung. Was wir im Alltag "Geschwindigkeit" nennen, engl. speed, lässt sich im Dt. mit 'Tempo' wiedergeben. Die Lichtgeschwindigkeit ist auf Englisch speed of light.
²) Fortbewegung ist relativ. Um sinnvoll von Geschwindigkeit zu reden, braucht man einen Körper B, der als unbewegt angesehen wird. Sowohl mit Zeitspannen als auch mit Strecken sind diejenigen gemeint, wie sie von B aus ermittelt werden.
³) Natürlich wird umgekehrt aus einer Weglänge durch Division durch ein Tempo eine Zeitspanne.