Wieso gibt es in Zoos nur Flachlandgorillas und keine Berggorillas?

DaggiSeidler  10.04.2023, 09:58

Hast du gestern Andreas Kieling im Fernsehen gesehen?

Nofear20 
Fragesteller
 10.04.2023, 10:02

Aber leider zu spät. Hab nur noch gesehen, dass die Gorilladame ihren Arm um Kieling gelegt hat. Das fand ich sehr beeindruckend.

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Zoos sind dazu verpflichtet, Tiere artgerecht zu halten und ihnen eine Umgebung zu bieten, die den ursprünglichen Lebensraum annähernd gleicht.

Ich gehe davon aus, dass es bei Berggorillas schwieriger ist, dies umzusetzen.

Außerdem leben Berggorillas ursprünglich in viel größeren Gruppen als andere Gorilla Arten.

Bedeutet: für eine wirklich artgerechte Haltung (sofern das in einem Zoo überhaupt möglich ist) bedarf es also mehr Gorillas. Das bedeutet auch im Umkehrschluss: mehr Arbeit und mehr Kosten für den Zoo!

LG ChrystalDragon7 🍀


Nofear20 
Fragesteller
 10.04.2023, 09:04

Bisher sollen ja alle Versuche gescheitert sein, Berggorillas in Zoos zu halten.

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CrystalDragon7  10.04.2023, 10:05
@Nofear20

Dann wird es schon seine Gründe haben.

Wenn du es genau wissen willst, dann gehe doch einfach einmal in einen Zoo und frage dort einen Tierpfleger oder besser noch die Leitung des Zoos.

Oder du fragst einen Biologen, der sich mit Gorillas auskennt.

Die müssten das bestimmt wissen!

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eieiei2  10.04.2023, 14:52

Wenn man ehrlich ist, kann man keine der Menschenaffenarten artgerecht halten. Sie wissen, dass sie gefangen sind und sie leiden darunter. Auch wenn es ein goldener Käfig ist, nutzt es nichts, weil sie das Gold nicht sehen. Sie wissen nicht, was ihren Verwandten außerhalb dieser geschützten Umgebung angetan wird.

Nur, was soll man machen? Die meisten Menschenaffen sind in der Natur in so hohem Maße bedroht, dass Erhaltungszuchtprogramme nötig sind, um nicht Gefahr zu laufen, sie ganz zu verlieren. Lebensraumverlust und Wilderei zeitnah zu stoppen, ist illusorisch. Ausreichend große und tatsächlich sichere Schutzgebiete in der Natur oder naturnahe Großgehege mit Zufütterung und tierärztlicher Versorgung in den Heimatregionen scheitern an politischen Gründen und fehlender Finanzierung. Wenn man die Zoos abschafft, werden 99% der Zoobesucher den gesparten Eintritt nicht an eine Organisation spenden, die in den Heimatregionen der gefährdeten Arten arbeitet. Es wird auf absehbare Zeit keine Alternative zur Fortsetzung von Erhaltungszuchtprogrammen in Gefangenschaft geben. Außer, man würde aufhören sich gegen das Aussterben zu stemmen.

Ebenfalls nicht artgerecht zu halten sind die meisten Katzenarten (Löwen sind in der Regel kein Problem). Aber auch die meisten davon sind in der Natur bedroht und es fehlt an alternativen Schutzmöglichkeiten.

Nicht so im Fokus, nach meiner eigenen Beobachtung aber problematisch, sind Nashörner. Sie stehen apathisch im Gehege, gucken die Wand an und tun stundenlang garnichts. Das ist kein natürliches Verhalten. Eine Alternative gibt es leider aus den selben Gründen nicht, weshalb es auch bei den Menschenaffen keine Alternative gibt.

Die häufig kritisierte Elefantenhaltung sehe ich weniger kritisch. Aus den meisten kleineren Zoos sind Elefanten längst verschwunden. Meist werden sie heute in großen Gehegen in artgerechten Gruppen gehalten und zeigen dort keine eindeutigen Verhaltensauffälligkeiten mehr.

Zoos haben allgemein eine Reihe von Problemen. Etliche der Tierarten, bei denen Erhaltungszucht dringend nötig ist, sind in Gefangenschaft problematisch oder sogar hochproblematisch zu halten. Viele davon sind beim häufigsten Zoopublikum (Kinder, begleitet von uninteressierten Eltern) keine Publikumslieblinge. Sie zu halten generiert kaum Eintrittsgelder, weil sie für die große Mehrheit des Publikums uninteressant sind. Umgekehrt sind viele der Publikumslieblinge in der Natur nicht bedroht, ihre Haltung in Zoos ist deswegen eigentlich unnötig. Aber ohne sie bleibt die Kasse leer. Die Klassiker sind Zebras, ohne die kaum ein Zoo auskommt. Ähnlich sieht es mit Löwen aus, so weit es sich nicht um in der Natur bedrohte Unterarten handelt. Auch Nilpferde werden nur gehalten, weil sie Publikumslieblinge sind und Eintrittsgelder generieren. Und Erdmännchen und ein paar andere.

Trotz aller Maßnahmen, Publikum zu generieren, sind Zoos in der Regel unterfinanziert. Das begrenzt nicht nur die Möglichkeiten zur Erhaltungszucht, sondern es begrenzt auch die Möglichkeiten, veraltete Gehege artgerecht umzubauen. Pauschale Ablehnung und Negativpropaganda durch selbsternannte Tierrechtler verschlimmert die Finanzsituation und die daraus resultierenden Probleme.

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Man unterscheidet zwei Arten von Gorillas, den Westlichen Gorilla (Gorilla gorilla) und den Östlichen Gorilla (Gorilla beringei). Die Berggorillas sind eine Unterart der östlichen Art (Gorilla beringei beringei). Die Östlichen Flachlandhorillas, auch Grauergorillas (Gorilla beringei graueri) genannt, sind also mit Berggorillas enger verwandt als mit den Westlichen Flachlandgorillas (Gorilla gorilla gorilla). Westliche Flachlandgorillas sind am engsten mit Cross-River-Gorillas (Gorilla gorilla diehli) verwandt.

Beide Gorillaarten wurden in der Vergangenheit in europäischen Zoos gehalten. Laut Zootierliste wurden Östliche Gorillas der Unterart G. b. graueri u. a. in Hannover, London und Chester gehalten, in letzterem von 1960 bis 1985. Heute lebt nur noch ein einzelnes Weibchen im Zoo Antwerpen vergesellschaftet mit einer Gruppe Westlicher Flachlandgorillas. Alle anderen Zoos in Europa halten ausschließlich Westliche Flachlandgorillas.

Berggorillas gelangten nur vereinzelt in europäische Zoos. 1969 erhielt der Kölner Zoo zwei weibliche Berggorillas von der Regierung Ruandas als Staatsgeschenke. Die beiden lebten dort bis 1978, als sie an einer bakteriellen Infektion starben. Die tragischen Umstände, wie diese Tiere in den Zoo gelangten, schilderte Dian Fossey ausführlich in ihrem Buch Gorillas im Nebel. Damals war es üblich, dass Zoos viele ihrer Tiere als Wildfänge erhielten. Heute ist das kaum noch denkbar. Daher werden in europäischen Zoos wohl keine Berggorillas mehr gezeigt werden. Auch die Westlichen Flachlandgorillas in den Zoos sind heute fast ausschließlich Nachzuchttiere, die nicht mehr aus der Natur entnommen wurden.

Dass vorwiegend Westliche Flachlandgorillas in die Zoos gelangten und deshalb heute die hauptsächlich gehaltene Unterart sind, hat zwei Hauptgründe. Zum einen waren die Lebensräume der Berggorillas noch unzugänglicher, die Flachlandgorillas waren einfach leichter zu fangen. Zum anderen sind Westliche Flachlandgorillas leichter zu ernähren, weil Berggorillas fast ausschließlich Grünpflanzen fressen, während Flachlandgorillas sich auch von Früchten, Gemüse und Wurzeln ernähren, also Nahrung, die natürlich viel leichter beschaffbar ist. Tiere, die natürlicherweise in Hochgebirgen leben, sind im Flachland außerdem oft etwas anfälliger für Infektionskrankheiten (insbesondere der Atemwege) und Parasitenbefall.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Es ist bisher nicht gelungen, sie in einem Zoo am Leben zu halten. Sie sind alle gestorben und niemand weiß, wie man das verhindern kann. Außerdem ist die Population der Berggorillas in der Natur stabil oder leicht wachsend. Das heißt, es ist bisher nicht möglich, ein Erhaltungszuchtprogramm zu starten und es ist zur Zeit auch nicht nötig.