Wie findet ihr Kaiser Wilhelm II?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Wie man hier lesen kann: Wilhelm II. war und ist eine umstrittene Persönlichkeit.


Dieser etwas dümmliche und bis zur Kriegstreiberei
geltungssüchtige Monarch hat rücksichtslos zig Millionen Menschen für seine Allmachtsphantasien in den Tod gehetzt...

Geltungssüchtig, ja, selbstüberschätzend, überheblich, das war Wilhelm II. - und ein Großmaul. Aber man tut ihm damit Unrecht, wenn man ihm im Gefolge des Versailler Friedensvertrages vorwirft, er habe "rücksichtslos zig Millionen Menschen für seine Allmachtsphantasien in den Tod gehetzt..." Während seine Militärs schon seit Jahren auf einen Waffengang gedrängt hatten, konnte sich Wilhelm dazu nicht durchringen. Noch in dem Moment, als Serbien dem österreichischen Ultimatum fast vollständig nachgegeben hatte, war er freudig überrascht und sah einen großen Krieg abgewendet. Es waren seine Militärs, die ihm einredeten, ein Krieg sei nach Anlaufen des Schlieffenplans nicht mehr zu vermeiden. Wilhelm war zu furchtsam, zu schwach und als Kaiser in seiner Rolle als Politiker wie als Oberbefehlshaber zu unfähig, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Er hat sich zu Beginn des Kriegen und dann im Krieg von seinen Generälen entmachten lassen. Das ist seine Schuld, aber den Tod von Millionen Soldaten hat er nicht beabsichtigt. Im Gegenteil, er hat persönlich darunter gelitten, als ihm die furchtbaren Dimensionen dieses Krieges bewusst wurden, die mit dem Krieg 1870/71 nichts mehr gemein hatten.


Aber selbst wenn man vom 1. Wk absieht, war er noch vor Hitler der
erste, unter dessen Regentschaft die oppositionelle Arbeiterbewegung
kriminalisiert und weggesperrt wurde.


Das ist eine Verwechslung mit Bismarck! Gewiss, Wilhelm war kein Freund der Sozialdemokraten, aber nicht zuletzt hat seine Politik dazu beigetragen, das bismarcksche Sozialistengesetz nicht weiter zu verlängern.


Ein ziemlich tumber Tor auf dem Kaiserthron.

Das stimmt nicht. Er war nicht dumm, halbwegs gebildet, vielseitig interessiert. So förderte er moderne Technik und die Wissenschaften. Er hatte Talent zur Repräsentation und für Rhetorik. Als parlamentarischer Monarch wäre er vermutlich als ein sehr beliebter Monarch in Erinnerung geblieben.


Ein politischer Dilettant und Spielball "seines" Generalstabs.


Reaktionärer Vertreter des Gottesgnadentums, völig aus der Zeit gefallen.

In der Tat, das trifft zu. In Wilhelms Kindheit und Jugend haben seine Eltern viel verdorben, sodass er sich in eine Phantasiewelt einlebte, dessen "Held" u. a. sein Großvater war, der aus einer Zeit stammte, als die Monarchen noch ihr Gottesgnadentum behaupteten. Man erkennt daran aber auch die Zerrissenheit der Persönlichkeit des Kaisers: ein romantisch-mittelalterliches Amtsverständnis auf der einen, der modernen Zeit aufgeschlossen und zugeneigt auf der anderen Seite.

Wilhelm kam als junger Mann auf den Thron, politisch unerfahren und als Herrscher unausgebildet. Sein Vater starb früh an Krebs, Wilhelm fehlten zwei Jahrzehnte Lehrzeit als Kronprinz. Auch hatte er keine Arbeitsdisziplin gelernt und war, was Aktenstudium angeht, faul. Mit den umfangreichen Machtbefugnissen der bismarckschen Reichsverfassung war er überfordert. Außerdem war er Schmeichlern zugänglich, war leicht beeinflussbar, hatte mangelhafte Personenkenntnis und daher oftmals schlechte Berater und Reichskanzler.


Aber Holzhacken im holländischen Exil konnte er.

Das ist doch auch eine schöne Leistung. Hätte er noch länger gelebt, wären ihm wohl die Bäume im Doorner Schlosspark ausgegangen.  😉

Ich möchte dem Fragesteller einmal dieses hervorrragende Buch über Wilhelm II. zur Lektüre empfehlen:


MfG

Arnold


Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich arbeite als Historiker.
earnest  29.04.2017, 18:40

DH. Sternantwort.

Mit dem "ziemlich tumben Tor auf dem Kaiserthron" meinte ich nicht so sehr seine intellektuellen Fähigkeiten als solche, sondern seine mangelhafte Eignung für den "Job".

Aber du hast recht: Das hätte ich weniger polemisch formulieren sollen.

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Userin38576  06.02.2020, 18:43

Volkommen Korrekt, zumal einige der Hohenzollernsprößlinge später eifrig die Webetrommel für Hitler gerührt haben..Brauchst dich nicht entschuldigen, irgendwo müssen die Sprößlinge diese Ideen ja her haben...

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Ich finde Kaiser Wilhelm II. schlecht, er hat sich als Kaiser abgedankt und somit Gleichzeitig den Adel abgeschafft. Er hat die gute Wirtschaft von Deutsches Reich, die Bismark mit Erfolg aufgebaut hat, wieder zum Abgrund gebracht !

earnest  28.04.2017, 20:17

Nein, er "wurde" abgedankt (durch Max von Baden).

Und er hat auch nicht den Adel abgeschafft.

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Userin38576  06.02.2020, 18:46
@earnest

Richtig, Max von Baden hat quasi den Adel abgeschaft und Scheidemann die Republik ausgerufen...

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Ein schrecklicher Kaiser und ein naiver Narr! Schon Bismarck hat 1890 bei seiner Entlassung prophezeit, dass Kaiser Willhelm II. sein Werk - die Einheit Deutschlands - zerstören würde. Eine Prognose, die sich später bewahrheitete und eine furchtbare Kettenreaktion bishin zum 3.Reich auslöste.

Nur aufgrund von Kolonien einen Weltkrieg zu starten ist dumm und töricht. Zumal schon Bismarck den Nutzen-Kosten Faktor als nicht rentabel für die deutsche Wirtschaft bezeichnete. Kaiser WIllhelm II. hätte sich da raushalten sollen und Bismarcks Bündnispolitik weiterverfolgen müssen.

Hitler wäre damit bis zu seinem Lebensende ein Soldat der kaiserlichen Armee geblieben.



stormking2000  05.07.2017, 11:12

In diesem Krieg ging es doch gar nicht um Kolonien sondern um den deutschen Schutz Österreich-Ungarns, welches von Serbien und dessen Verbündeten Russlands zerstört oder wenigstens um die slawischen Gebiete seines Reiches dezimiert werden sollte. Das Ende der Donaumonarchie hätte Deutschland um seinen  letzten Verbündeten gebracht. Nichtsdestotrotz wollte Wilhelm II zwischen Österreich und Russland vermitteln, mit dem Resultat, dass die Russen auch gegen Deutschland mobil machten.

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Ich finde das er eine sehr interessante historische Persönlichkeit ist

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich studiere Geschichte und bin an Politik interessiert