Wendezeit--- bist du es oder sind Sie es nicht?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich hatte einen Onkel im Westen. Der kam fast jedes Jahr zu uns in die DDR. Es wäre als schwer, ihn nicht wieder zu erkennen ;-)

Der war immer gekleidet, wie ein sehr reicher Mann, denn er war gelernter Weber und verstand eine Menge von Stoffen und von Qualität. Wenn der in die DDR kam, dann sah er immer aus, wie ein Millionär.

Nach dem Mauerfall habe ich ihn natürlich besucht und war schockiert über seine Lebensverhältnisse. Er hatte eine kleinere Wohnung als ich und er war alles andere als reich. Trotzdem hat er regelmäßig Pakete in die DDR geschickt und jede Mal wenn er zu Besuch kam, waren seine Koffer voller Dinge, die es in der DDR nicht gab. Der war der großzügigste Mensch, den man sich nur vorstellen kann, obwohl er selbst nichts hatte.

Leider ist er nur wenige Monate nach dem Fall der Mauer gestorben. Es war mir also nicht möglich, ihm seine Großzügigkeit zu vergelten.


Inkognito-Nutzer   25.04.2024, 08:19

Du hast auch gerade etwas in mein Leben hinein geschaut. Nur, dass ich nicht zu Besuch fahren durfte in die DDR.

0
Inkognito-Nutzer   25.04.2024, 08:38
@Fuchssprung

Ich bin zwar offiziell "ausgereist", aber das Rüberfahren in die DDR wäre wahrscheinlich schief gegangen. ich wurde entlassen aus der Staatsbürgerschaft der DDR. dafür gibt's sogar eine Urkunde. Es waren schlimme Zeiten und wenn ich heute so die Berichte lese auf "wir hatten ja nüscht", da stellen sich mir die Haare zu Berge.

0
Fuchssprung  25.04.2024, 08:49
@Inkognito-Fragesteller

Ich weiß was du meinst. Es war eher so, dass die grundlegenden Dinge gedeckt waren. Aber selbst für die musste man immer und immer wieder Schlange stehen. Die anderen Dinge waren Mangelware und wenn man keine Beziehungen hatte, dann schaute man in die Röhre.

Im Westen schaute man in die gleiche Röhre, wenn man kein Geld hatte. Nur musste man dort nicht stundenlang Schlange stehen.

1
Inkognito-Nutzer   25.04.2024, 09:04
@Fuchssprung

Aber weißt du, wenn ich so höre, wie die ihre ganzen Ostprodukte loben. gestern hat einer geschrieben, der DDR Kaffee hätte wenigstens noch Kaffee geschmeckt. und ich kenne DDR Kaffee und ich kenne Westkaffee. wir haben den WESTKaffee schon unten im Treppenhaus gerochen, wenn meine Oma Geburtstag hatte. da wirst Du richtig zum bösen Wessi, wenn du das alles liest. glaubst du, ich habe mir die Pakete wirklich vom Mund abgespart. ich musste das mit den Päckchen auch noch heimlich machen, weil mein Partner das überhaupt nicht toll fand, dass ich fast ja zwei, drei Mal im Monat ein Paket losgejagt hab an meine Mutti.

1

'türlich - kommt vor...

Ne, die Verwandtschaft im Osten haben wir regelmäßig besucht. Wir waren immer mehrmals "drüben", selbst nach der Zwangsumtauschpflicht. Familie ist Familie!

Aber (!) nach der Wende tauchte plötzlich die "Tante aus Amerika" wieder auf, die wir 20 Jahre nicht mehr gesehen und nur rudimentär Kontakt hatten. Die erkannten wir nicht wieder - sowohl optisch, als auch menschlich. Sie kam nämlich auf die Idee Rechte auf ein Grundstück geltend zu machen, dass man in den 1950ern meinen Großeltern/ihren Eltern enteignet hatte. Und rate, wer damit Arbeit hatte? Natürlich nicht die "Tante in Amerika", sondern wir, die wir vor Ort wohnten - 270 km nah dran.