Welche Funktion hat Wagner in Goethes Faust?

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Wagner ist nüchterner Wissenschaftler, Verstandesmensch, der mit Fausts sinnlichen und übersinnlichen Schwärmereien nichts zu tun haben will. Er glaubt an den Fortschritt der Wissenschaft und schafft später in Fausts Labor mit Mephistos Zutun den Homunculus, der Faust den Weg nach Griechenland zu Helena weist. Wagner versteht, aus der Genialität Fausts Nutzen zu ziehen. Heute würde man sagen: er ist innovativ. Und genau darin sehe ich seine Funktion. Mit dieser Figur schafft Goethe einen Gegenpol zu Fausts prometheischer Himmelsstürmerei. Während Faust die Quellen des Lebens auszuschöpfen sucht, müht sich Wagner mit den praktischen Notwendigkeiten ab, die die Tatsche des Todes mit sich bringt. Ingmar Thilo

Faust begegnet im Laufe des Dramas in der Gelehrtentragödie 2 maßgeblichen Figuren: Meohistopheles, den Teufel, und Wagner. Goethe möchte in diesen Szenen den Kontrast zwischen Gut und Böse darstellen, indem er Goethe zuerst das Gute (Wagner) über sich ergehen lässt, bevor Mephistopheles (das Böse) über ihn Überhand nimmt. Die Figur des Wagners stellt also hier offensichtlich eine Verkörperung Gottes dar. Dies zeigt sich anhand Wagners angebot, eine griechische Tragödie mit ihm vorzutragen (523): Wagner bezieht sich hier erkennbar auf göttliche Beziehungen in der griechischen Mythologie und lässt sich so für das geschulte Auge als Gott enttarnen, der Goethe indirekt vor dem Kommen Mephistos warnen will. Die Figur des Wagner ist allwissend und verkörpert alle Wünsche Fausts, der wissen will, "was die Welt im innersten zusammenhält" (383). Auffallend bei dieser These ist ebenfalls, das Wagner und Gott in keiner Szene der beiden Teile der Tragödie gleichzeitig auftreten. So wird Wagner zur wahren tragischen Figur des Dramas und Stürzt Gretchen ins verderben.


sarahkalyani  13.12.2020, 16:00

Nicht Goethe, sondern Faust

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