Was sagt Nietzsche mit seiner Herren- bzw Sklavenmoral aus?

4 Antworten

Man darf bei Nietzsche nie aus dem Auge verlieren, dass er sich - geprägt von seiner persönlichen Herkunft aus einem pietistischen Pfarrhaus - vor allem zur christlich geprägten Moral äußert, die er als "Sklavenmoral" bezeichnet. Sie ist seiner Meinung nach im Kern unterdrückerisch, hält die Leute klein, brav und gehorsam. Wer sich selbst klein macht, ist sozusagen der Größte. Für Nietzsche ist es eine Moral der Lebensverneinung. Die Verlogenheit dieser Moral bringt Heinrich Heine zum Ausdruck: Vorne predigen sie Wasser und hinten saufen sie Wein.

Nietzsche selbst dagegen betont immer wieder, dass er eine andere Moral will, ein positive Moral der Lebensbejahung. Eine Moral, die Selbstbefreiung und Emanzipation zulässt und fördert. Eine Moral, die nicht davon lebt, den Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen sondern sie zur Selbstständigkeit (zu Herren) ermuntert. (Das widerspricht z.B. der Herdengefolgschaft, die der Nationalsozialismus gefordert hat. Darum ist die Übertagung des Begriffs Herrenmoral in den Jargon der Nazis eine gewaltige Fehldeutung. Die Nazis haben für alle Volksgenossen eine Sklavenmoral gepredigt, nur dass man nicht einem Gott sondern dem Volk zu dienen hatte.) Ob das Ideal des selbstbestimmten Menschen, wie es Nietzsche vorschwebte, je zu erreichen ist und auch jedermanns Ziel, ist eine andere Frage.


Zarina15 
Fragesteller
 02.09.2013, 14:48

Vielen Dank für diese ausführliche Antwort. Sie hat mir sehr geholfen, vorallem auch im Zusammenhang mit meiner eigentlichen Aufgabe.

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Nietzsche ist ein sehr... unphilosophischer Philosoph, wenn du verstehst. Moral ist hier so zu verstehen wie... die Art und Weise über moralische Handlungen zu denken.

Also die Herrenmoral ist die, dass die höhergestellten Menschen die moralischen Handlungen von sich selber als gut ansehen.

Naja, die Definition von Moral könnte man ja als "handlungsleitende Maxime" fassen. Und in diesem Sinne sind es moralische Überlegungen, die die "Herrenmoral" oder "Sklavenmoral" ausmachen.

1) Bezeichnung als »Moral« (»Herrenmoral«, »Sklavenmoral«)

Friedrich Nietzsche gibt eine Darstellung zweier gegensätzlicher Arten/Typen von Moral. Die Bewertung von Handlungen/Verhaltensweisen nach Kategorien wie gut – schlecht oder gut – böse kennzeichnet Moral. Moralisch gut ist etwas, das um seiner selbst willen verwirklicht werden soll und bejaht wird.

Es ist auch möglich, Bewertungen dieser Art in einer Beschreibung als Moral zu bezeichnen, ohne eine eigene Definition einer moralischen Handlungsweise zu geben.

Nietzsche hat zwei grundlegende Arten/Typen von Haltungen/Einstellungen beim Bewerten dargestellt (die Formulierung „aufgestellt“ ist nicht geschickt, weil sie den irrigen Eindruck erweckt, Nietzsche habe beide Arten als Erster entworfen/begründet und vertreten) und als Herrenmoral und Sklavenmoral bezeichnet. Er hat eine Unterscheidung vorgenommen und ein Begriffspaar geprägt.

Die Verwendung des Begriffs »Moral« für die beiden Arten/Typen des Bewertens entspricht einer üblichen Bedeutung.

Moral stammt von den lateinischen Wörtern moralis (auf die Sitten bezogen) und mos (Sitte, Brauch, Gewohnheit, Charakter).

Moral ist die Gesamtheit der in einer Gruppe geltenden bzw. von einer Person verinnerlichten Verhaltensregeln. Deskriptiv (beschreibend) gibt sie an, welche Verhaltensweisen gelebt werden und welche Erwartungen über ein gutes Handeln vorhanden sind. Moral umfaßt die vorhandenen Einstellungen/Haltungen, wie etwas sein soll/Werte. Normativ (vorschreibend, bewertend) besteht sie aus Vorschriften, wie gehandelt werden soll. Moral billigt etwas (das, was als gut anerkannt wird) oder mißbilligt es und fordert dann eine Verhaltensänderung. Moral ist dabei eine Praxis des Sollens.

Der Begriff »Moral« wird auch synonym/Gleichbedeutend mit dem Begriff »Ethik« verwendet, der von den griechischen Wörtern ἠθική (auf die Sitten bezogen) und ἤθος (Sitte, Denk- und Sinnesart, Brauch, Gewohnheit, Charakter) stammt. Wenn Moral und Ethik unterschieden werden, ist Moral die Praxis des Bewertens, Ethik (ein Teilbereich der Philosophie) dagegen die Theorie der Moral.

Nach Nietzsches Auffassung gibt es keine Eigenschaften der Erscheinungen selbst, moralisch gut oder schlecht zu sein, sondern dies ist erst eine nachträglich an sie herangetragene Deutung aus einer bestimmten Perspektive. Moralische Bewertungen haben seiner Meinung nach einen außermoralischen Ursprung. Jede Moral ist nach Nietzsches Auffassung von (gesellschaftlichen) Machtverhältnissen abhängig.

Nietzsches Moralkritik ist verbunden mit dem Versuch einer Entschlüsselung der Zeichensprache der Moral.

Die Hauptwerke dabei sind:

Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft (1886) Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift (1887)

Herangehensweisen sind:

  • Moralpsychologie: von allgemeinem Verdacht ausgehend, darauf gerichtet, die egoistischen Motive vermeintlich altruistischen Handeln aufzuzeigen

  • Moralgeschichte: bestrebt, den Nutzen gemeinschaftlichen moralischen Handelns zu zeigen und damit die amoralische Herkunft von Moral nachzuweisen

  • Kritik moralischer Grundbegriffe

2) Herrenmoral und Sklavenmoral

Die Herrenmoral entspringt einer Selbstbejahung der Starken/Höhergestellten. Sie verherrlichen ihre Kraft, ihre Macht, ihre schöpferische Tätigkeit, ihre Erhöhung. Gut, vornehm, edel, mächtig und schön werden gleichgesetzt.

Der Herr ist der Vornehme. Dieser Typ Mensch wird z. B. auch gesund, lebenskräftig, stolz genannt.

Die Herren halten sich für überlegen und im Rang höher. Niedrigen/niedrig Gestellten und Gesinnten gegenüber haben sie eine Haltung des Abstandes und der Verachtung. Herrenmoral ist eine Moral, die das Leben bejaht, wertschaffend und aktiv ist.

Sklavenmoral ist (weiterhin alles nach Darstellung Nietzsches) in ihrem Ursprung eine Reaktion, kein aktives Werteschaffen von sich her. Während in der Herrenmoral für das eigene Tun eingetreten wird, wird in der Sklavenmoral anderen Personen Verantwortung als Schuld zugeschrieben, um sich von ihr zu entlasten.

Sklave ist ein Mensch, der infolge äußerer Unterdrückung oder innerer Selbst-Unterdrückung gehorsam macht, was von irgendwelchen Befehlenden auferlegt wird. In einer Umkehr der nach außen gewendeten Triebe und Begierde gegen den Menschen wird das schlechte Gewissen erfunden.

Sklavenmoral ist eine aggressive Verteidigung der Mittelmäßigkeit mit dem Ziel, Rangunterschiede auszulöschen und den Individuen oder Gruppen von höherem Rang die Norm der Mittelmäßigkeit aufzudrängen. Überlegene sollen erniedrigt und verkleinert werden.

Sklavenmoral erwächst aus Ressentiment (von Gefühlen der Unterlegenheit und des Neides geprägte gefühlsmäßige Abneigung).

Nietzsche nennt die Sklavenmoral auch eine Herdentier-Moral (zur Herde gehören die Mittelmäßigen/Durchschnittlichen, die sich behaglich einrichten wollen).

Sklavenmoral ist nach Nietzsche wesentlich durch ein Nützlichkeitsdenken gekennzeichnet.


Albrecht  04.09.2013, 07:40

Die Sklavenmoral hält Nietzsche für eine Umwertung der Werte ins Lebensfeindliche.

Bei der Sklavenmoral tritt geschichtlich eine Herrschaft des asketischen Priesters auf, mit dem Judentum beginnend und sich im Christentum fortsetzend.

3) Nietzsches eigener Standpunkt

Nietzsche nennt seinen eigenen Standpunkt einen Immoralismus. In der Sache bedeutet dies, gegen die herrschende Moral (seiner Zeit) zu sein. Dieser Immoralismus kann letztlich kein Standpunkt außerhalb jeder Moral oder Ethik sein und sein wollen, auch wenn Nietzsche jede Moral für ein Stück Tyrannei gegen die Natur hält. Nietzsche will ja selbst eine Orientierung für das Handeln bieten. Er ruft Menschen dazu auf, ein freier Geist zu werden.

Nietzsche hat einige Zuneigung zur Herrenmoral, während er Sklavenmoral ablehnt, auch wenn er dabei bestimmte Leistungen bemerkt. Er vertritt ein Ethos der Vornehmheit und neigt einer geistesaristokratischen Einstellung zu.

In einer Umwertung aller Werte will er eine Umkehrung hin zur Lebensbejahung erreichen.

Bloße Selbsterhaltung ist dabei nicht das angestrebte Ziel. Leben ist auch auf Wachstum Erweiterung, Steigerung, Erhöhung ausgerichtet.

Nietzsche ist der Auffassung, es gebe keine feste, allgemeinverbindliche Wahrheit und alles sei eine subjektive Setzung.

Inhaltlich ist das Kriterium „Leben“ sehr unklar und bei jeder Erscheinung, die es gibt, kann Anspruch erhoben werden, sie sei Teil des Lebens, womit Einwände der Vernunft gegen diese Erscheinung abgelehnt werden könnten.

Nietzsche hat in einigen Äußerungen das Urteil des Geschmacks als Grundlage, auf die Moral zurückgeführt wird, vorgeschlagen.

Friedrich Nietzsche, Nachgelassene Fragmente 11[79] (Frühjahr – Herbst 1881):

„Das Schöne, das Ekelhafte usw. ist das ältere Urtheil. Sobald es die absolute Wahrheit in Anspruch nimmt, schlägt das aesthetische Urtheil in die moralische Forderung um.

Sobald wir die absolute Wahrheit leugnen, müssen wir alles absolute Fordern aufgeben und uns auf aesthetische Urtheile zurückziehen. Dies ist die Aufgabe — eine Fülle aesthetischer gleichberechtigter Werthschätzungen zu creiren: jede für ein Individuum die letzte Thatsache und das Maaß der Dinge.

Reduktion der Moral auf Aesthetik!!!

Nachschlagewerke und Darstellungen können bei dem Thema Hilfestellung leisten, z. B.:

Enrico Müller, Moral. In: Nietzsche-Lexikon. Herausgegeben von Christian Niemeyer. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2011, S. 250 – 252

Peter Bornedal, Sklave. In: Nietzsche-Lexikon. Herausgegeben von Christian Niemeyer. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2011, S. 350 - 351

Henry Kerger, Moral. In: Nietzsche-Handbuch : Leben - Werk - Wirkung. Herausgegeben von Henning Ottmann. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2000, S. 284 – 286

Stephan Günzel, Herrenmoral – Sklavenmoral. In: Nietzsche-Handbuch : Leben - Werk - Wirkung. Herausgegeben von Henning Ottmann. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2000, S. 253 - 255

Henry Kerger, Moral. In: Nietzsche-Handbuch : Leben - Werk - Wirkung. Herausgegeben von Henning Ottmann. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2000, S. 284 - 286

Volker Gerhardt, Friedrich Nietzsche. Originalausgabe. 4., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2006 (Beck'sche Reihe : Denker ; 522), S. 156 – 167

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Albrecht  04.09.2013, 07:42

Johann Baptist Müller, Herrenmoral. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 3: G – H. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1974, Spalte 1078 – 1079

Spalte 1078: „Herrenmoral. So nennt FR. NIETZSCHE die Werthaltung der Mächtigen, der Eroberer und Vornehmen. Ihre besonderen Kennzeichen sind: Tapferkeit, Selbstzucht, Wahrhaftigkeit, Ehrfurcht vor Alter und Herkunft, Grausamkeit gegenüber dem Beherrschten. Der Gegensatz von gut und böse ist für die H. gleichbedeutend mit dem von Vornehm und Verächtlich. Das deutsche Wort ‹schlecht› sei ursprünglich mit ‹schlicht› identisch. Der Herr, die » solitäre Raubtier-Spezies Mensch«, verwirft die Sklavenmoral, die Demut und das Mitleid fordert. Die Moral der Minderwertigen wurzelt im Ressentiment gegenüber den Starkennund Vornehmen. Das optimistische Fortschrittsdenken der Schwachen übersieht, daß »die Ausbeutung Ur-Faktum aller Geschichte« ist. Der Sklavenaufstand in der Moral beginnt mit dem Judentum. Die jüdisch-christliche Tradition hat Europa der Demokratie ausgeliefert. In dieser Staatsform dominieren die Sklavenwerte Gleichheit. Sekurität und Glück. Sie ist für Menschen die »Verkleinerungsform des Menschen.«"

H. = Herrenmoral

Redaktion, Moral, moralisch, Moralphilosophie. III. Neuzeit. D. Nietzsche. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 6: Mo – O. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1984, Spalte 164 – 165

Spalte 164: „FR. NIETZSCHES Philosophie ist eine – Nietzsche hat es selbst so gesagt – Kriegserklärung an M. und Moralisten. Mit einer großen aufklärerischen Anstrengung möchte Nietzsche die vollständige Destruktion der Europa beherrschenden christlich-bürgerlichen M. einleiten. Diese Destruktion sei – so glaubte er – durch moralhistorische Untersuchungen, durch den Aufweis des Gewordenseins der für über geschichtlich gehaltenen herrschenden M.-Vorstellungen vorzubereiten.

Spalte 164 – 165: „Eine ursprüngliche, »ritterlich-aristokratische« M. entsprang dem »Pathos der Distanz« der »Vornehmen, Mächtigen, Höhergestellten«, die sich von »allem Niedrigen, Niedrig-Gesinnten, Gemeinen und Pöbelhaften« abgrenzten, Werte schufen und sich selbst »gut« und das »Unten« »schlecht« nannte. Diese Aristokraten-M. ist einer Revolte der Niederen aus dem Geist des »Ressentiment« gegenüber dem vornehmen zum Opfer gefallen. Initiiert vom jüdischen Volke, welthistorisch siegreich in seiner christlichen Vollendung hat dieser »Sklavenaufstand in der M.« in einer »Umwertung aller Werte das Starke und Vornehme zum Bösen und schlechten, das Elende, kaum Lebensfähige, Armselige zum Guten und Richtigen gemacht.

Hier wie überall erweist sich M. als »Zeichensprache der Affekte«. M. ist hier Ausdruck des Hasses allen höheren Lebens, ihr Inhalt die »Umwertung aller Werte ins Lebensfeindliche«. Das lebendige, das Streben, der »Instinkt der Freiheit«, der »Wille zur Macht« wird durch Erweckung von Gewissensnot und Mitleid geschwächt. Das Ergebnis ist »eine Verkleinerung und Ausgleichung des europäischen Menschen« durch die die Entfaltung der besten Kräfte des Menschen verhindert wird. Europa beginnt heute – so Nietzsche – nach »Mißratenen, Kränklichen, Müden, Verlebten« zu »stinken«. »M. ist heute in Europa Herdentier-M.«. Im Hinblick auf diese M. nennt Nietzsche sich einen »Immoralisten«, bestimmt er seinen Ort als »jenseits von Gut und Böse«. Mit seinem Postulat der »Selbstüberwindung der M.« verneint der nicht jegliche M., er will neue, »höhere Moralen«, eine Rehabilitierung aristokratischer Werturteile, eine M. des Lebens, die der wirklichen Lebenskraft angemessene Bedeutung zukommen läßt. Wie Nietzsche sich dies im einzelnen dachte, ist dunkel. Er hoffte auf einen neuen Typ von Philosophen, der einen neue Menschen, eine neue Kultur und eine neue M. schaffen wird; er sprach von »Zucht, Züchtung, die uns von «einer neue Art von Philosophen und Befehlshabern« gebracht werden wird: »Das Bild solcher Führer ist es, das vor unsern Augen schwebt«.“

M. = Moral

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Albrecht  04.09.2013, 07:43

Wilhelm Vossenkuhl, Herrenmoral – Sklavenmoral. In: Lexikon der Ethik. Herausgegeben von Otfried Höffe. Originalausgabe, 7., neubearbeitete und erweiterte Auflage. München : Beck, 2008 (Beck'sche Reihe ; 152), S. 131:
Herrenmoral – Sklavenmoral ist eine Unterscheidung von F. Nietzsche, der die Unbedingtheit moralischer Gesetze als unmoralisch (↑ Moralkritik, ↑ Nihilismus) u. ihre Befolgung als sklavenhafte Unterwerfung verurteilte. Die ↑ Moral verfehle dadurch die Natur des ↑Menschen, daß sie der Schwachheit der meisten gegen die wenigen starken u. schöpferischen Menschen zur Macht verhelfe. Moral beruhe auf Mißgunst, gehöre als ↑ Zeichensprache der Affekte« in die Erscheinungswelt u. »könne keinen Anspruch auf ↑ Wahrheit erheben. S. sei wesentlich Nützlichkeits-Moral«, die das Schwache als ↑»gut« u. das Starke aus Furcht als ↑»böse« empfinde. Die H. sei die des »vornehmen« Menschen, der weder gut nicht böse kenne, das Schwache verachte u. Strenge gegen sich selbst übe. H. sie die eigentliche Schöpferin der Werte. Sie sei das ↑ Streben des ↑ Individuums nach eine höheren Gattung als der des Menschen u. entspringe der höchsten Moralität, dem »Selbstmord der Moral zugunsten der Befreiung des Lebens« (↑ Lebensphilosophie) Nietzsches Unterscheidung H. – S. beruht primär auf einer psychologischen Kritik der platonisch-christlich bestimmen moralischen Urteilens seiner Zeit, trifft daher Entstehungsweisen von ↑ Sitten und bestimmte Verwirklichungsweisen, nicht aber die Normativität sittl. Werte, ihrer Sittlichkeit. Ein bloß zwanghaftes, nicht auf der Anerkennung einer Pflicht und u. auf dem Wollen eines Guten, sondern auf Nützlichkeitserwägungen beruhendes Handeln entspricht in der Tat eine S.: Sie handelt scheinbar legal, aber nicht sittl. Die H. befreit sich von der Pflicht der ↑Begründung von ↑ Handlungen und setzt deren ↑Zwecke gegen die Norm des Gemeinwohls absolut. Sie lehnt sowohl eine Anerkennung der ↑ Verantwortung gegenüber Mitmenschen wie die Allgemeingültigste sittl. Normen ab.“

u. = und
S. = Sklavenmoral
H. = Herrenmoral
sittl. = sittlicher, sittlich

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