Was ist mit der Aussage "Opium des Volkes" bzw "Opium für das Volk" gemeint?
Es geht um Karl Marx und dessen Religionskritik
Habe hier einen Text, da steht:
K. Marx: Um die entfremdeten Umstände des irdischen Lebens zu ertragen, trösten die Unterdrückten sich mit der Hoffnung aufs Jenseits. So kann Religion "Opium des Volkes" heißen: Die Unterdrückten produzieren ihre eigene Religion, in der ihre Sehnsüchte aufgehoben sind, und sie werden dadurch in Passivität gehalten (vgl. Gegensatz zu Lenins eindeutiger Formulierung: "Opium für das Volk"). Die Religion verschleiert den Blick auf die Ursachen des Elends und legitimiert die bestehende Ordnung als gottgewollt. (...).
Ich denke, dass ich den Text im Prinzip verstanden habe... aber wie erklärt man den Satz "Opium des Volkes" mit anderen Worten?
Die Hoffnung auf Besserung im Jenseits verschleiert / nimmt den Mut zur Veränderung der weltlichen Gegebenheiten? Religion betäubt - wie eine Droge - die Sinne?
9 Antworten
ja genau. religion ist wie eine droge, die den "nutzer" davon abhält wirklich etwas zu verändern, weil zum einen ja alles so von gott gewollt ist und zum anderen weil diese droge die eigentlichen bedürfnisse befrieidgt.
Wenn Religion "Rauschgift für's Volk" sein soll, dann ist religiöser Fanatismus das crystal meth!
Er stellt eine These auf die eigentlich der Politik Zugeschrieben werden müßte, um es in ein Schönes Kleid zu Präsentieren.
Irgendwie sind beide Aussagen Schwachsinn. Ich folge den Worten des ehrenwerten Vorsitzenden der kommunistischen Partei Chinas, MAO TSE TUNG!
Der hat gesagt: "Religion ist Gift"
hilft mir hier nicht wirklich weiter. dir aber alles gute damit ;-)
Ja klar, statt über philosophische Schriften zu diskutieren, "folgen" viele Leute lieber dummen Diktatoren und Massenmördern. Manche lernen es nie.
Ich antworte mal hier auf deine Nachricht.
Nur so viel: Ich habe mit Sicherheit mehr Ahnung von Geschichte Chinas als du.
Der Irrtum sowohl an der Frage alsauch ihrer Antwort ist, dass allgemeinhin angenommen wird, dass das Religiöse eine vom Menschen gemachte Denkrichtung ist, was so nicht stimmt. Die Konfessionen sind Denkmodelle oder besser Symbolmodelle, aber das Religiöse kommt aus unserer Seele und ist wohl bei jedem Menschen individuell. Es ist das Heilige, das zugleicht heil ist, und uns andererseits auch heilt. Und es existiert meiner Meinung nach in jedem Menschen, auch wenn er noch nie den Begriff Religion gehört, oder noch nie eine Kirche gesehen hat.
Anstatt darüber zu rätseln, wie wäre es damit, die Aussage im Kontext des ganzen Textes zu lesen, damit man die Intention des Autors versteht?
Aus Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, MEW 1:378
Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur |Ehrenpunkt|, ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.
Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.
Wer den ganzen Originaltext lesen möchte, dem das Zitat entnommen ist, lese die Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Relativ kurz und leicht zu lesen. Ist im Internet an mehreren Stellen abrufbar.
Marx stellt hier fest, dass die Philosophie die Phase der reinen Religionskritik hinter sich lassen sollte, welche die Religion lediglich als im doppelten Sinne "verkehrte" Widerspiegelung der Vorstellungen, Wünsche, Hoffnungen usw. "des Menschen" entlarvt hat und die das Verkehrte durch das richtige Bewusstsein des Menschen ersetzen wollen.
Er wendet ein, dass die verkehrte Weise, in der die Menschen ihr Zusammenwirken zu gestalten haben, das Verkehrte sei und notwendig die verkehrten Vorstellungen vom richtigen Leben hervorbringen. Daher, so stellt er später, in der (Kritik der) "Deutschen Ideologie" fest, käme es darauf an, die (verkehrte Organisation der) Welt zu verändern, wenn man möchte, dass die Menschen die Phrasen vom Bewusstsein (die antirelegiöse Religion) hinter sich lassen und ihre Beziehungen mittels "wirklichem Wissen" herstellen können - also nicht mehr in einem Zustand leben, in dem sich die (Produktions-) Beziehungen hinter den eigenen Rücken herstellen ohne dass man genötigt ist, sie sich durch den Kopf gehen zu lassen.
Diese Drge befriedigt die eigenen Bedürfnisse sicher nicht, doch sie verhindert, die eigenen Bedürfnisse zun erkennen.