Was ist eurer Meinung nach der beste Messerstahl?

2 Antworten

Generell

Das ist wie die Frage danach, welches das beste Auto sei. – Es gibt nicht die eine, richtige Antwort darauf. Es kommt darauf an, wofür das Auto benutzt werden soll. Wenn es um schnelle Rennen geht ist die Antwort eine Andere als wenn ich eine Tonne flüssigen Beton damit transportieren will.

Genauso auch hier:

  • Welche Art Messer,
  • welche Klingengeometrie,
  • für welche Anwendung
  • ...

Danach entscheidet sich, welche Stähle da ggf. mehr oder weniger Sinn machen.

  

Zu den anderen Antworten

Ich lese hier an verschiedenen Stellen "Damast" bzw. "Damaststahl" als Antwort. Das macht aus mehreren Gründen so keinen Sinn:

1. Damast ist kein konkreter Stahl. Damast ist eine Bezeichnung für ein Gemisch aus mehreren Stählen. Es sagt nichts darüber aus, welche konkreten Stähle da verwendet wurden. Das können rostende Stähle sein oder rostfreie, das können mehr oder weniger schnitthaltige Stähle sein, ...

2. Es gibt verschiedene Arten wie der Stahl vermischt werden kann die heute alle als "Damast" bezeichnet werden.

  • Entweder eine komplette Durchmischung der beiden Stähle
  • oder auch Gemische mit einer mittleren aus einem bestimmten einzenen Stahl bestehenden Schneidlage (die die eigentliche Schneide bildet).

Die haben generell unterschiedliche Eigenschaften. Der mit der durchmischten Schneide (aus verschiedenen Stählen) wird sich grundsätzlich anders verhalten als der mit der Schneidlage aus einem einzelnen Stahl.

Und der mit der Schneidlage aus einem einzelnen, definierten Stahl kann z.B. ja nur genauso gut die Schärfe halten wie dieser betreffende Stahl aus dem die Schneidlage besteht. Unabhängig davon, ob er außen drauf ein "Damastmuster" hat. Er ist in der Beziehung also nicht besser als ein Messer das komplett aus diesem einen Stahl hergestellt wurde.

  

Zu meiner Stahlauswahl

Wie ich schrieb, es kommt darauf an.

Für ein großes Hack- und Haumesser wähle ich einen anderen Stahl als für ein Skalpel. Beim Hackmesser soll der Stahl möglichst zäh-elastisch sein und nicht an der Schneide ausbrechen. Da kommt also potentiell ein Stahl zum Einsatz der keine extreme Härtung und keine großen Karbide hat. Das bedeutet aber eben auch, das er nicht so lange die Schärfe hält.

Für ein Messer mit einem Skandi-Anschliff oder balligem Anschliff wähle ich (aufgrund der Art und Weise wie diese Messer nachgeschärft werden müssen und wie empfindlich die Schneide ist) einen anderen Stahl als für ein dünnes Messer mit Flachschliff, wo ich nur minimal Material beim Nachschleifen abtragen muss und der Winkel der Schneide stumpfer ist (und somit unempfindlicher). Für ballige Hack- und Haumesser und Skandi-Messer wähle ich keinen extrem schnitthaltigen (und somit auch schwer zu schärfenden) "Superstahl", da ich hier ja die komplette seitliche Flanke (beim balligen Anschliff) herunterschleifen muss bzw. die kompletten Schrägen die den Skandi-Anschliff bilden. Da schleife ich mir bei einem extrem verschleissfesten, harten Stahl "stundenlang den Wolf" um die Schneide wieder herzustellen bzw. wieder scharf zu bekommen.

Und so weiter…

Darum beschränke ich mich hier mal auf ein paar "Beispielstähle" und nenne auch die konkreten Anschliffe und Anwendungsfälle dazu in denen ich sie speziell verwenden würde.

  • Allgemeine Taschenmesser mit Flachschliff, normale alltägliche Schneidaufgaben: Da würde ich immer einen Stahl der 440er-Familie verwenden. Gerne einen gut gehärteten 440c (wie ihn z.B. Böker verwendet). Oder auch den Kobaldlegierten N690. Die halten relativ lange die Schärfe, können extrem fein angeschliffen werden und sind unempfindlich genug, dass sie für alle normalen Aufgaben gut geeignet sind.
  • Soll das Messer extrem lange die Schärfe halten, dann wähle ich einen CPM S90v. Der Stahl hat eine unglaubliche Schnitthaltigkeit, ist aber auch entsprechend "tricky" beim Schärfen. Man kann ihn zwar mit Diamant- und dann mit Keramikschleifsteinen wieder problemlos schärfen, aber man darf ihn nicht zu fein an der Schneide polieren (zu feine Schleifsteine verwenden). Denn dann wird er meiner Erfahrung nach wieder stumpfer. Das ist aber dann eben auch kein Stahl zum "hacken und batonen" an einem großen Outdoormesser sondern für Leute die mit ihren Messern wirklich schneiden und dabei unter widrigen Umständen lange Schärfe benötigen.
  • Welcher Stahl derzeit als "einer der rein rechnerisch ausgewogensten Messerstähle" gehandelt wird ist der speziell als Messerstahl entworfene "Magnacut". Dieser soll extrem ausgewogen sein was seine Schnitthaltigkeit, seine Zähigkeit (auch bei größerer Härte) etc. angeht. Da kann ich bisher Gutes berichten aber habe ihn noch nicht lange genug getestet um da wirklich Langzeiterfahrungen wiedergeben zu können. Was ich sagen kann ist, das er auch eine extrem feine Schneide annimmt und zumindest bisher ausreichend lange die Schärfe hält.

Wer mehr zum ganzen Thema wissen möchte, dem sei die Seite "Knife Steel Nerds" ans Herz gelegt. Das ist der betreffende Metallurge der den Magnacut entworfen hat. Er hat alle möglichen Mseserstähle nicht "gefühlsmäßig" beurteilt sondern nach wissenschaftlichen Methoden getestet und verglichen. Der räumt da so nebenbei mit allen möglichen Mythen rund um Messerstähle auf (ich schaue da in Richtung "Damast" und den im Internet gehypeten 1095-Stahl wie ihn ESEE verwendet).

  

Hier der Link mit Vergleichstabellen in Bezug auf Zähigkeit und Schnitthaltigkeit verschiedener Stähle für die, die sich nicht vor Fachausdrücken und englischer Sprache fürchten: https://knifesteelnerds.com/2021/10/19/knife-steels-rated-by-a-metallurgist-toughness-edge-retention-and-corrosion-resistance/

  


Sleepinglotus 
Fragesteller
 22.05.2024, 12:14

Dankeschön für so einen schönen Beitrag! Das hat mir sehr geholfen!

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Damast fällt schon mal raus, wenn du den nicht pflegst und vor Feuchtigkeit schützt dann rieselt der Rost..

Die meisten Hersteller nutzen 440er Stähle oder Sandvic Stähle 12C...

Woher ich das weiß:Hobby – Seit Jahrzehnten mit Waffen zu tun, NRA Member, Sportschütze