Was ist dieses onimöse "Oxford English"- und wann gab es das in Deutschland?
Mitlerweile unterrichte ich seit 8 Jahren Englisch, zuerst an bayerischen Gymnasien, später dann in Berlin. Englisch ist für mich allerdings weitaus mehr als ein Fach das ich unterrichte. Die Sprache ist mein Hobby, meine Leidenschaft.
Mein Anglistik/Amerikanistik Studium habe ich zwischen 2005 und 2012 in Würzburg absolviert. Aus meiner eigenen Schulzeit (1991-2004 in Bayern) wusste ich, dass es im Englischen verschiedene Varietäten gibt, auch wenn ich damals das Wort Varietäten noch nicht kannte. In dem ALD (Advanced Oxford Learners Dictionary), das wir damals verwenden durften, waren die standarts [BE] und [AE] berücksichtigt.
In meinem Studium belegte ich sowohl Kurse in der Anglistik als auch in der Amerikanistik. Als ich eines Tages bei der Mutter eines Komilitonen zuhause war, fragte mich diese: "Und des geht, dass du da einfach so amerikanische Kurse belegst, wo du doch nachher richtiges Oxford Englisch unterrichten musst. Hochnäsig und ohne Selbstzweifel erklärte ich damals: "Den Begriff Oxford Englisch gib es nicht. Es gibt verschiedene Varietäten wie [BE] und [AE], zu denen eigene Rechtschreibstandards gehören, die sich jedoch in nur wenigen Punkten unterscheiden, sowie die Aussprachestandards RP und GA." Unbeirrt erklärte mir damals die Mutter: "Na, mir ham Oxford Englisch glernt. Des hat im Oxford Englisch Readers Dictionary gschdandn. Amerikanischen Dialekt ham mir nix redn dürfn."
Daraufhin fragte ich in einem Übersetzungskurs meinen Dozenten, einen Muttersprachler aus Nordengland, ob es ein "Oxford Englisch" gäbe. Er erklärte mir, dass es dies sicher gäbe. Genauso wie es ein Leeds oder Manchester Englisch gäbe. Er vermutete, dass der Lehrer der Mutter meines Komilitonen wohl aus Oxford kam und sagte, dass Oxford wegen des OED und der Universität sehr bekannt und angesehen sei. Er meinte aber, einen Sprachstandard, der Oxford English hieße gäbe es nicht. In seiner Jugend habe man: "speak the Queens English" gesagt, wenn man in etwa das sagen wollte, was wir Deutschen meinten, wenn man: "sprich Hochdeutsch" sagt.
Für mich war der Fall damit erledigt. Doch mitlerweile habe ich bestimmt über 30 Eltern auf Elternabenden (sowohl in Berlin als auch Bayern) gehabt, die sich wunderten, dass unser Englischbuch auch auf Amerika eingehe, wo die Schüler doch "richtiges Oxford English" lernen müssten. Diesen einen Lehrer, der aus Oxford kam, scheint es ja demnach oft gegeben zu haben :-)
Daher stelle ich der Schwarmintelligenz meine Frage: Was ist/war das Oxford Englisch? Was genau umfasste es und von wann bis wann wurde es gelehrt?
6 Antworten
Received Pronunciation has sometimes been called "Oxford English", as it used to be the accent of most members of the University of Oxford.
(von https://en.wikipedia.org/wiki/Received_Pronunciation)
Robinson, Jonnie (24 April 2019). "Received Pronunciation". The British Library. Retrieved 16 December 2019.
Beantwortet das deine Frage? :-)
Tatsächlich, ja. Das hatte ich bisher noch nicht gefunden. Danke!
Die Betonung liegt hier ganz klar bei "sometimes". Üblich ist der Begriff in GB (und in den USA) für das British English nicht.
Über 700 Bücher habe ich bei unserem Umzug weggeworfen, aber was ich auf einen Griff fand, war
"THE ADVANCED LEARNER´S DICTIONARY OF CURRENT ENGLISH"
SECOND EDITION
OXFORD
London, Oxford university Press, 1963
In Baden Württemberg (amerikanisch besetzte Zone) hatte ich von 1957 - 1961 das Lehrbuch Britain und American ....
Als ich 1961 nach NRW (britische Zone kam), wurde ich in der Schule angemoppert wegen meines US-Slangs.
Hier sprach man Oxford...
Diese Bücher kenne ich auch. Das beantwortet meine Frage aber nicht, da ich das Phänomen des "Angemoppert werdens" ja durch die Beschreibungen kenne. Trotzdem Danke. Adomox hat die Frage oben sehr schön beantwortet.
Adamox hat, wie alfredo aufzeigt, ein "weasel word" zitiert: "sometimes".
Also es gibt ja das Oxford English Dictionary, das bei mir in Amerika auch unter den ersten Suchergebnissen gelistet ist, wenn man nach English Dictionary googelt. Direkt nach Dictionary.com und Dictionary.Cambrigde.org.
Ich denke daher dass dieses Oxford English bzw Oxford spelling mit der Popularität des Dictionary zu tun hat, sowie auch mit der Popularität dieser Universität, die u.a. als beste Universität des Planeten betitelt wurde.
Aus Quora:
"Before the OED, English dictionaries were not much more than very simple vocabulary lists. Most of these dictionaries focused on specific vocabulary. There were dictionaries of science, of academic words, of slang etc. Before the 1880’s there wasn’t a definitive, (excuse the pun), all-encompassing English dictionary."
Hier noch etwas Info:
https://www.upf.edu/en/web/gabinet-linguistic/quin-model-d-ortografia-en-angles-oxford-spelling-
Vielen Dank, aber ich kenne die Geschichte des OEDs. Meine Frage war ja nun aber, warum es IN DEUTSCHLAND einen Englischen Sprachstandard gab, den es im Englischen - so schien es mir - nie gegeben hat. Mit der Existenz des Wörterbuchs hat das ja erst einmal nicht so viel zu tun. Das Oxford Spelling ist wohl ausdrücklich nicht gemeint
mit "Oxford English" war ja wohl das [BE] spelling und die RP gemeint - also nicht das Oxford Spelling.
Das vermeintliche "Oxford English" war wohl ein vager Begriff für eben sowas wie "the Queen's English", oder etwas moderner RP. Zeitweise auch als "BBC English" betitelt, wobei man dort heutzutage eine breite Variation von lokalen bzw. internationalen Sprechweisen hören kann.
Diese neurotische Obsession mit "dem einen, einzig richtigen Sprachstandard" ist sowas von typisch deutsch.
Die wird halt munter auf den riesigen englischen Sprachraum extrapoliert, der aber eine viel größere Vielfalt an Sprachvarianten kennt, keine "amtliche" Sprachvorschrift wie in Deutschland kennt und komischerweise gar kein Problem damit hat.
Dafür kann ich erklären, woher diese Neurose kommt... das ist ein Überbleibsel der Konfessionalisierung, die in Deutschland auf engem Raum nebeneinander stattgefunden hat. Klare Regeln zu haben - vor allem in der Sprache, aber auch in anderen Bereichen der Gesellschaft waren damals ein wichties Instrument dieses Prozesses :-)
Gute Frage!
Die Mär vom "Oxford English" geistert offensichtlich seit Jahrzehnten in Deutschland herum, immer wieder neu genährt und auch hier bei GF bestens gepflegt.
Aus der Tatsache, dass es unter anderem ein OED gibt, kann man diesen anscheinend in Deutschland, nicht aber in GB, verbreiteten Begriff natürlich nicht ableiten. Es bleibt also ein Geheimnis. Vielleicht das Geheimnis deutscher Studienräte?
In GB übliche Bezeichnungen für das "Oberklassenenglisch" sind zum Beispiel:
-Standard British English
-Received Pronunciation
-"BBC English" (obwohl die alte Tante BBC auch nicht mehr das ist, was sie mal war)
-"Queen's English (auch wenn sich das Englisch der Queen seit 1947 ein wenig in Richtung "Estuary English" - wie z. B. Tony Blair es spricht - verschoben hat).
Gruß, earnest
Es scheint mir auch Teil der anscheinend immer noch weit verbreiteten "Studienratsdenke": "Oxford" English hui, American English pfui.
Ja, diese Begriffe kenne ich wiederum alle ;-)... und äh...also ich habe zu keinem Zeitpunkt in meinem Leben gedacht, dass es "Oxford English" gibt und das, obwohl ich am Gymnasium unterrichte :D und ich habe auch noch nie Amerikanisches Englisch für minderwertig gehalten. Überhaupt halte ich kein Englisch für minderwertig, sondern freue mich über jedes Englisch mit dem sich meine Schüler beschäftigen. Doch ich gebe dir absolut recht. Einige Kollegen haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Manche schreiben hier auch in der Community und geben Tipps, die jede noch so motivierte Schülerin bzw. Schüler abschrecken. Oft überkommt mich dabei der heilige Zorn, aber die Betreffende Person antwortet noch nicht einmal auf meine Kommentare und gibt weiterhin Tipps von Anno Dazumal.
Dabei hat sich der Fremdsprachenunterricht grundlegend gewandelt. Schüler, die zuhause sitzen und stundenlang Vokabeln pauken und Grammatik lernen, so wie wir es früher getan haben gibt es nicht mehr. Schüler können heutzutage nicht mehr auswendig lernen, weil wir in keiner Welt mehr leben, die auswendig lernt. Wissen ist jederzeit verfügbar und nahezu alle anderen Fächer haben die Wissensvermittlung auf ein Minimum reduziert.
Im Vergleich zu den Gymnasiasten der 80er Jahre haben SuS heutzutage in Fremdsprachen einen gewaltigen Nachteil. Statt 30 Vokabeln können für einen Vokabeltest nur noch 15 aufgegeben werden und wenn das Present Perfect Progressive behandelt wird, kann 3 Wochen später wirklich KEINER mehr etwas mit diesem Begriff anfangen - und nein, auch der Klassenbeste weiß ein Jahr später nicht mehr, was die "Signalwörter" für das Will-Future waren (Linguistisch gesehen sind solche Lektionen ja auch sowieso Blödsinn).
Aber! Sie haben heutzutage einen gewaltigen Vorteil. Ihnen steht die Englischsprachige welt jederzeit und an jedem Ort offen. Die Schüler, die die besten Noten schreiben sind oft die, die sich alle 11 Staffeln von Modern Family angesehen haben, mit anderen Tiktokern auf Englisch hin und her schreiben oder im Teamspeak oder bei Discord mit Clan-Mates aus 6 Nationen League of Legends spielen.
Wenn Schüler Lehrer fragen, mit welchen Medien sie ihr Englisch verbessern können, empfehlen die Kollegen oft ihre eigenen Favoriten von Paddington Bear über BBC Beiträge bis hin zu Harry Potter - was dann meistens schon das höchste der Gefühle ist. Doch eigentlich müssten sie ihr ego über Bord werfen und den einzig richtigen Tipp geben: "Erlaubt ist, was Spaß macht! Die Englische Welt ist in deiner Hosentasche. Such dir das raus, was dich interessiert und mach genau das auf Englisch. Du willst Kochen, Zeichnen, über Mangas reden, Spiele spielen, Serien schauen, ein Instrument lernen, Filme drehen etc.? Dann mach genau das auf Englisch. Du bist Fußaller? Schau MLS oder Premier League...
Wie sagt der Lateiner: "Die Zeiten ändern sich."
Der zweite Teil wird gern und oft von "alten Knochen" ignoriert, gerade im Bereich Schule. Er lautet: "Und wir ändern uns mit ihnen."
Gerade auf Wikipedia wird so eine Passivkonstruktion gern als "weasel words" markiert ;-) Ich habe fast ein Jahrzehnt in England gelebt, der Begriff war dort eigentlich nichtexistent. Schon möglich, dass es "sometimes been called" wurde, aber ich vermute dass das eher ein Exportartikel war.