Blickwechsel 11. März 2021
Deine Fragen an einen Buddhisten
Alles zum Blickwechsel

Was hat dich an der Buddhistischen Weltanschauung überzeugt?

1 Antwort

Und wieso genau diese und keine andere Weltanschauung von den vielen auf dieser Welt?

Für mich war schnell klar, dass ich mich auf keine Weltanschauung einlassen möchte, in welcher der Begriff "Gott" eine zentrale Rolle spielt. Denn ich halte das Konzept dahinter für destruktiv. Denn das Universelle & Rationale (sofern existent) ist in der Natur & ihren Wissenschaften (Biologie, Physik, Chemie, usw.) begründet & nicht im Himmel. In dem man den Begriff "Wahrheit" in den Himmel projiziert, kann man in Abhängigkeit eigener Bedürfnisse alles in ihn hinein interpretieren. Das ist nicht nur blasse Theorie, sondern geschichtlicher Fakt. Dafür möchte ich ein paar Beispiele nennen:

- Das Judentum & der Islam sind beides Religionen, welche in der Wüste entstanden sind. Beide Religionen kennen zahlreiche Speisegebote, die auch begründet werden. Allerdings hat die moderne Wissenschaft ihre Begründungen falsifiziert. Beispielsweise ist das Schwein kein unreines Tier & die Seele eines Lebewesens kann auch nicht im Blut sein, da man sonst gleich nach jeder Blutspende etwas von seiner Seele verlieren würde. Eine bessere historische Begründung für diese Gebote ist, dass bestimmte Lebensmittel einfach unter dauerhafter Hitze schlecht werden. Deshalb wurden die Menschen krank, wenn sie Schwein oder blutiges Fleisch gegessen haben. Da die Menschen oft nicht von sich selber aus vernünftig sind, sah man es als förderlich den "Willen Gottes" mit einzubeziehen. Das erinnert an eine Mutter, welche ihrem Kind sagt, dass es sich die Zähne putzen soll, weil der liebe Gott sich darüber freut.

- Die Theologie des Judentums bzw. des Alten Testaments besagt, dass Gott einem gutes Tut, wenn man seine Gebote befolgt. In Kontakt mit anderen Kulturen, welche sowohl Götzenanbetung praktizierten als auch einen Wohlstand erlebten, war diese These nicht mehr haltbar. Somit war es naheliegend den Beistand Gottes auf das Jenseits zu projizieren. Das war auch der Grund, warum das Neue Testament bzw. das Christentum das Konzept von Himmel & Hölle einführte.

- Die letzte Begründung kommt aus dem Polytheismus des Altertums. Die griechischen Götter trugen griechische Gewänder & ernährten sich von den Speisen Griechenlands. Die ägyptischen Götter trugen ägyptische Kleidung & ähnelten den in Afrika lebenden Tieren. Die germanischen Götter aus dem Norden waren warm angezogen & lebten in einem Reich umgeben von Vulkanen (Muspelheim) & Eislanschaften (Niflheim). Ludwig Feuerbach sprach hierbei von der Projektionsthese, also dass die Menschen (einer bestimmten Kultur) ihr Ideal auf Gott oder Götter projizieren. Schon der griechische Philosoph Xenophanes hat das im 6 Jh.v.Chr. erkannt.

Es gibt zwei Möglichkeiten wie man Gott oder Götter interpretieren kann. Entweder als Gegner von Natur & Vernunft, oder als jemand der gemäß beidem handelt. Ersteres hat große Mitschuld am Leid unserer Welt, denn deswegen verdursten Menschen, weil sie an Ramadan nichts trinken dürfen oder entwickeln Depressionen, weil sie unter der Vorstellung einer ewigen Hölle leiden. Geht man davon aus, dass Gott kongruent zu Vernunft & Natur ist, dann wird der Gottesbegriff überflüssig. Trotzdem sollte er meines Erachtens mit der Zeit endgültig abgetan werden, da er einen Risikofaktor darstellt.

Für diese Erkenntnis hat mir sehr das Buch "Gotteswahn" von Richard Dawkins geholfen. Auch die Bücher "der Antichrist" & "Jenseits von Gut & Böse" von Friedrich Nietzsche konnten mir viele sinnvolle Erkenntnisse dazu liefern. Ersteres gibt es ganz auf YouTube anzuhören: https://youtu.be/Zh6VXvBMZQE

Außerdem musste ich feststellen, dass bei der Diskussion um Gott meistens auf sophistische Weise argumentiert wird. Es wird mit rhetorischen Fallen gearbeitet, wie das Zirkulationsargument, z. B. Gott existiert, weil es in der Bibel steht & die Bibel ist wahr, weil sie Gottes Wort ist. Wenn es gute Gründe für eine Sache gibt, dann sind derartige Mittel nicht von nöten. Hierzu kann ich auch ein Traktat von Arthur Schopenhauer mit dem Titel "eristrische Dialektik" empfehlen. Auch das kann man sich vollständig auf YouTube anhören: https://youtu.be/QjvLM99h9fw

Genauso wurden alle Gottesbeweise rational widerlegt. Natürlich gibt es die gängige These, dass Gott nichts logisches wäre. Aber damit wollte & möchte ich mich nicht abfinden, da dies einem Bekenntnis zur Unvernunft gleichkommt.

Aber natürlich ist der Buddhismus nicht die einzige Weltanschauung in welcher Gott keine zentrale Rolle hat bzw. die für sich beansprucht vernünftig zu sein. Aber selbst dort wird oft in den Himmel projiziert. Beispielsweise versetzt der Platonismus den Begriff der Wahrheit in ein spirituelles Reich, was Ideenwelt genannt wird. Auch vieles andere erwies sich für mich nicht als logisch lückenlos (womit ich nicht sagen möchte, dass ich alles andere vollständig ablehne).

Was hat dich an der Buddhistischen Weltanschauung überzeugt?
Und wieso hast du sie für möglich gehalten bzw. sogar für wahrscheinlich? 

Und damit sind wir bei der eigentlichen Frage. Der Buddhismus ist für mich das in sich geschlossene Lebenskonzept, welches am adäquatesten mit Empirie & Logik kohärent ist. Die grundlegenden Praktiken des Buddhismus sind wissenschaftlich erwiesen. Es gibt z. B. zahlreiche Studien zum Thema Meditation, welche ihren positiven Effekt beweisen. Hier habe ich etwas dazu verlinkt: https://amp.welt.de/wissenschaft/article1838414/Gehirne-von-Tibet-Moenchen-drastisch-veraendert.html

Oder wenn du etwas länger Zeit zu lesen hast: https://www.sueddeutsche.de/wissen/meditation-spuren-im-kopf-1.2339128!amp

Ich möchte eine kurze Textpassage aus dem zweiten Artikel wiedergeben:

"Das Gehirn ist in der Lage, sich zu verändern, und so wie wir eine neue Sportart lernen, können wir auch Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit oder Mitgefühl trainieren", sagt Richard Davidson. "Das ist kein Voodoo."
So sieht das auch Tania Singer: "Die Frage ist eigentlich nicht mehr, ob Meditation einen Effekt hat, sondern welche Meditation welchen Effekt hat, wie groß der ist und wie lange es dauert, bis er sich einstellt." 

Das Konzept der Wiedergeburt/Reinkarnation halte ich auch für glaubhaft. Nicht nur erscheint es mir sehr logisch, sondern es gibt auch Quellen & Beweise dafür. Kinder, welche sich an frühere Leben zurückerinnern & bestimmte Dinge wissen, welche sie gar nicht wissen können. Es gibt sogar Kinder, welche ihren früheren Mörder identifizieren konnten. Gerade der Forscher Ian Stevenson hat sehr interessante Entdeckungen dazu gemacht. Wenn du Zeit hast, dann empfehle ich dir dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=x-ni_8MDsts

Andere philosophische Konzepte des Buddhismus finden durch die Erkenntnisse der Quantenphysik ihre Zustimmung. Beispielsweise das Konzept von Leerheit, was schon vor 2500 Jahren im buddhismus existierte & unabhängig davon in der Moderne verifiziert wurde. Hier ein gutes Video dazu: https://youtu.be/5a7Y1rDxjpM

Zudem ist für mich der Buddhismus der beste Weg zu einer sinnvollen Ethik. Seine moralischen Konzepte halte ich diesbezüglich für sehr gewinnbringend. Besonders die Ablehnung das Fleischverzehrs war sehr ansprechend für mich, da ich überwiegend vegan lebe & auch gute Gründe dafür habe. außerdem stellt der Buddhismus hierbei die richtige Grundfrage: Wie bekämpfe ich das Leid? Andere Konzepte stellen meist eine falsche Grundfrage. Diese lautet dann meistens: Wie bekämpfe ich das Böse?

Ein letzter & marginalerer Grund ist, dass mich die buddhistischen Schriften formal sehr begeistern. Unabhängig von ihrem Inhalt sind Sie auf eine beeindruckende Art & Weise geschrieben. Die Geschichten darin faszinieren mich. So konnte ich schon immer mit der Geschichte um Jesus Christus wenig anfangen, aber war vom Leben des Siddhartha Gautamas & anderen buddhistischen Persönlichkeiten sehr fasziniert. Seit meiner Kindheit war ich zudem sehr von der Kultur Tibets angetan & der Dalai Lama war für mich schon seit damals eine sehr inspirierende Person. Wenn es dich genau interessiert, wie ich zum Buddhismus gekommen bin, dann habe ich hier meine Geschichte verlinkt:

https://www.gutefrage.net/frage/welcher-punkt-in-deinem-leben-war-der-ausschlag-dafuer-zum-budhismus-zu-konvertieren#answer-391410009