Was bedeutet dieser Begriff aus der Verslehre?
Es heißt, dass die Verse eins und vier aus dem bekannten Gedicht hyperkatalektisch wären und die Struktur des restlichen Gedichts durchbrechen.
Was bedeutet das? Ich bin kein Germanist und sehe da nichts; kann man das einem Nicht-Germanisten auch erklären?
Damit es noch peinlicher wird: was ist mit Vers eins und vier genau gemeint? Wie nummeriert man Verse?
Es war ein König in Thule,
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.
Es ging ihm nichts darüber,
Er leert’ ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft er trank daraus.
Und als er kam zu sterben,
Zählt’ er seine Städt’ im Reich,
Gönnt’ alles seinen Erben,
Den Becher nicht zugleich.
Er saß bei’m Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Vätersaale,
Dort auf dem Schloß am Meer.
Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensgluth,
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Fluth.
Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer,
Die Augen thäten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr
2 Antworten
https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=hyperkatalektisch
also überzählige unbetonte Silbe am Ende, in Bezug auf das sonstige Versmaß.
Die Zeilen haben ansonsten immer zwei Silben hintereinander:
unbetont betont
Die hyperkatalektischen Zeilen enden mit einer zusätzlichen unbetonten Silbe.
... Thule
... Buhle (Geliebte)
Ich sehe das aber regelmäßig in diesem Gedicht in jeweils der 1. und 3. Zeile eines
Verses = 4 Zeilen.
Habe ich schon geschrieben: Weil damit das Versmaß (Jamben) gesprengt wird. Die Zeilen müssten mit einer betonten Silbe enden.
Ob das so furchtbar wichtig ist, sei dahingestellt.
Ich sehe, mir fehlen leider die Grundlagen, um das zu verstehen und so erfreue ich mich des guten Klangs welcher dieses Gedicht in meinem Ohr hinterlässt und überlasse die wissenschaftliche Interpretation jenen, die das auch gelernt haben. Dafür bin ich scheinbar zu alt...
>Ob das so furchtbar wichtig ist, sei dahingestellt.
Kann es sein, dass es bewusst verwendet wurde? Zufall ist das ja keiner...
Ich habe doch manchmal den Eindruck, dass die Poeten einfach nach Gefühl gedichtet haben. Dann kommen die Sprachwissenschaftler und durchleuchten alles nach Regeln und Strukturen. Obwohl die Ergebnisse teilweise beachtlich sind (z.B. warum man zu Recht von "Dichtung" = Verdichtetes) redet, kann nicht alles erklärt werden. Muss auch nicht.
In der schönen Ballade sind außerdem noch weitere Verstöße gegen die reine Jambenkette. Z.B. ist gleich in der 1. Zeile die Silbe "...nig" überzählig und damit ein Verstoß. Einen Vorsatz kann ich da nicht erkennen.
Es war ein König in Thule, Vers 1
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab. Vers 4
Hyperkatalexe – Wikipedia
hyperkatalektisch – Wiktionary
Ich gestehe, dass mir diese Definitionen wenig weiterhelfen.
Ich sehe nun, dass am Ende der ersten und dritten Zeile jeweils ein zweisilbiges Wort steht.
Zweisilbige Wörter werden aber i.A. auch nicht auf beiden Silben betont. Was ist daran so besonders, dass man dafür einen Fachbegriff einführte?