Warum ist jedes neue Wort immer ein Anglizmus?
Haben wir verlernt eigene Wörter zu kreieren?
Ich meine irgendwann sind ja auch die ganzen deutschen Wörter mal entstanden. Jetzt habe ich den Eindruck, dass fast jedes neue Wort im Deutschen immer wieder ein Anglizismus sein muss. Haben wir Deutschen unsere sprachliche Kreativität verlernt? 🤔Diese Lockdowns, Workouts, Challenges, Overnight Oats zeigen doch eigentlich nur, dass wir alles fantasielos nachplappern. Wie Papageie.
8 Antworten
Als Gegenbeispiel führe ich freitesten auf — das gibt es erst seit 2020.
Hallo,
- weil es keine deutschen Entsprechungen gibt
(https://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-der-butter-die-huhn-das-teller-a-432890.html)
- wegen der Globalisierung
- weil Sprache lebendig ist und sich ändert
- weil es diese Wortwanderung, die übrigens keine Einbahnstraße ist (nicht nur englischer, sondern auch lateinischer, griechischer, französischer, ... Wörter), schon immer gegeben hat.
Wir verwenden alle jeden Tag ganz alltägliche und mehr Anglizismen als wir glauben, uns bewusst ist und wir wahrhaben wollen.
Ich habe nichts gegen Anglizismen im Allgemeinen, Denglisch - wie https://www.youtube.com/watch?v=SQ1AT0whdD0
- oder ganze englische Sätze - als Anglizismen - einfließen zu lassen, halte ich aber für nervig und übertrieben.
Wenn man sämtliche (Schein-) Anglizismen aus der deutschen Sprache verbannen würde, wie es so oft von allen möglichen Seiten gefordert wird, täte man sich schwer. Mir fallen auf Anhieb 20 'englische' Wörter ein (Job, Sweatshirt, Gangster, Computer, Hobby, Champion, Walkman, Camping, Band, Jeans, Popstar, Hit, Shorts, Steak, Toast, Clown, Popcorn, Keyboard, Disco, Cornflakes), die wir jeden Tag ganz selbstverständlich verwenden, ohne uns darüber Gedanken zu machen.
Weitere sind z.B.:
Manager, Hairstylist, Backshop, Sale, Coffee to go, coachen, checken, Cardigan, downloaden, casten, canceln, Boxershorts, Pullover, Wellness, Happy End, Shampoo, Babysitter, Chips, Service-Point, Counter, McClean, Event, Performance, Highlight, cool, Teenager, Kids, Showmaster, Quizmaster, Talkmaster, Beamer, Spleen, High Heels, Slipper, Slip, Smoking, Pudding, Oldie, Oldtimer, Evergreen, Hometrainer, Egoshooter
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Aber Achtung bei der Übersetzung, denn es können auch falsche Freunde dabei sein.
So heißt
- Mobiltelefon - mobile oder cell phone; handy aber praktisch usw.
- body bag - Leichensack und nicht Handtasche
- check - kontrollieren und nicht verstehen
- control - (an)steuern und nicht kontrollieren
usw.
Nett auch der undertaker (Leichenbestatter) als Unternehmer.
Daneben gibt es in der deutschen Sprache aber auch und weit mehr lateinische und griechische Wörter als englische, worüber man sich bei weitem nicht so aufregt, wie über die Anglizismen. Somit sind die Anglizismen doch im Grunde nur die Fortsetzung dessen, was schon seit Jahrhunderten passiert.
Natürlich haben Anglizismen Einfluss auf unsere Sprache. Ich glaube auch, dass sich diese Entwicklung mit fortschreitender Globalisierung nicht aufhalten lassen wird.
Sprache ist nun mal lebendig und verändert sich.
Im Zeitalter von Chat, Blogs, Foren und sozialen Netzwerken wie fb sind auch Wortschöpfungen, wie adden, liken usw. angesagt, ob es einem gefällt, man es versteht und man diese Wortschöpfungen nutzt, ist eine andere Sache.
Einige solcher Wortschöpfungen bleiben Modeerscheinungen, andere setzen sich über einen mehr oder weniger langen Zeitraum auch durch und finden sich dann auch im Duden wieder.
Auch wenn z.B. in Frankreich Anglizismen bis März 2015 mehr als 20 Jahre lang per Gesetz verboten waren und in Deutschland alljährlich der Sprachpanscher (2007: DB) und der Sprachwahrer (2013: DB) des Jahres gekürt werden
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(aus dem Münchner Merkur vom 17.03.2011),
ist die Sprach- und Wortwanderung keine Einbahnstraße und auch nicht neu.
Wir importieren nicht nur Wörter aus dem Englischen und aus anderen Sprachen – bei manchen wird die Schreibweise angepasst (dt. Keks = engl. cakes = Kuchen pl.) –
sondern exportieren genauso deutsche Wörter ins Englische – manche davon werden in der Schreibweise übernommen (kindergarten) – und in andere Sprachen.
Zu den 'ausgewanderten' deutschen Wörtern, die nach England und Amerika ausgewandert sind, gehören u.a. blitzkrieg, autobahn, kindergarten (aus der Zeit des 3. Reiches) und rucksack (ein Wort, was durch die Weltkriege in Ausland gelangte).
Aber auch: Gemütlichkeit, Zeitgeist, Wunderkind, Bauhaus, Ding an sich, Schnitzel, Pretzel, bratwurst, sauerkraut, beerfest, Doppelgänger, Schnaps, dachshund, gedankenexperiment, fahrvergnuegen usw.
Ganz interessante Artikel dazu kannst du ergoogeln unter:
- Deutsche Wörter ein Exportschlager
(bairische-sprache.at/Index/Zeitungsartikel/2009/MM/Deutsche%20Woerter%20-%20ein%20Exportschlager%20-%20MM%2013.7.2009.pdf)
- Diese deutschen Wörter werden im Ausland benutzt
(merkur-online.de/aktuelles/kultur/diese-deutschen-woerter-werden-ausland-benutzt-882170.html)
- Denglisch für Anfänger I (fr-online.de/meinung/kolumne-denglisch-fuer-anfaenger-i,1472602,3244474.html)
- Zwiebelfisch: Weltsprache Deutsch
(spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-weltsprache-deutsch-a-356502.html)
Eine Liste mit Germanismen findest du unter folgendem Link:
spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-deutsch-als-amtssprache-der-usa-a-295157.html
Dazu verweise ich immer wieder gerne auf folgenden Video-Clip mit Thomas Freitag.
Viel Spaß bei der Lektüre und beim Anschauen!
https://www.youtube.com/watch?v=8ggwuN5NkFs
:-) AstridDerPu
Jaja. Germanismen im Englischen, wenn Deutsche versuchen Englisch zu reden, gibt es auch.
Ich möchte Sie bitten, zuzuhören = I want to please you to listen.
Nachvollziehbare Gründe = afterfullpullable grounds.
Aber manchmal gibt es deutsche Entsprechungen! Dennoch werden dann auch Anglizismen benutzt.
Nach dem 2. Weltkrieg sind Rock, Soul und Blues aus England und Amerika zu uns rübergeschwappt und wer sich einen modernen Anschein geben wollte, übernahm die Bühnensprache der Bands...
Als das Internetz in USA erfunden wurde, haben die ersten IT-ler die Fachausdrücke übernommen und kamen sich toll vor, sich für andre unverständlich auszudrücken.
Es ist ja verständlich, wenn Begriffe übernommen werden, für die es im Deutschen keinen Ausdruck gibt - was mich aber gehörig nervt, ist, wenn hierzulande von "downloaden" und "uploaden" die Rede ist, wenn man genauso herunterladen oder hochladen sagen kann. Oder wenn Künstler auf der Bühne "performen", anstatt was vorzutragen oder darzubieten. Auch muss man einen Auftritt nicht "performance" nennen und eine Herausforderung nicht als "challenge" betitulieren. Ich muss mich auf einer Seite nicht "einloggen" - ich kann mich auch anmelden...
Witzig finde ich, wenn mich Halbgebildete verbessern, wenn ich Internetz schreibe - ich habe ein Englisch-Abitur, sehe aber nicht ein, warum ich im Deutschen das z weglassen soll...
Fremdwörter werden immer wieder in die Sprache integriert - aber man muss es nicht übertreiben. Die Anbiederung an die englische Sprache findet ihren Höhepunkt im "Handy", das es im Englischen Sprachraum gar nicht gibt...
Schlimm finde ich es, wenn deutsche Hersteller ihr Produkte im deutschen Fernsehen auf Englisch anpreisen. Sowas ist absurd - man spricht Kunden in ihrer Sprache an!
In Frankreich wurden Anglizismen im öffentlichen Raum verboten, um das Französische nicht zu verunstalten. In Deutschland haben die Politiker offenbar kein Rückgrat...
Nur Wichtigtuer spicken ihre Sätze mit möglichst vielen Fremdwörtern - ob das nun Anglizismen sind, oder unnötige französische Wörter wie Trottoir für Gehsteig und Paraplui für Regenschirm, oder all die lateinischen und altgriechischen Vokabeln, für die es auch deutsche Begriffe gibt.
Sprache ist ein Kulturgut, das man nicht verhunzen oder überfremden sollte.
Weitere Albernheiten, die mir gerade so einfallen: Kids/Kinder, Event/Veranstaltung + Location/Veranstaltungsort, Sale (statt SSV, WSV). Alle Büroangestellten sind jetzt Manager; der Hammer ist und bleibt aber der Facility Manager/Hausmeister. Da nun alle Manager sind, müssen sich natürlich Angestellte in leitenden Positionen bzw. Funktionsträger von diesen abheben. Da kommt dann der Vice President (VP) ins Spiel. Nein, das ist nicht der Vizepräsident der Firma, sondern nur ein Ressortleiter. Aber er steht ganz schön weit oben, direkt unter der Officer-Liga. Da gibt es dann so "geheimnisvolle" Bezeichnungen wie COO, CFO etc. Und über all diesen Personen thront der/die CEO. Grotesk und widerwärtig, ja menschenunwürdig wird es dann im persönlichen internet-Bereich mit dem Liken, Friendzonen und Haten. Kein Wunder, dass unter den Psychotherapeuten wohl niemand arbeitslos ist ... oder es jedenfalls nicht sein müsste.
Ja. Ich verstehe auch nicht, dass - wenn man etwas gegen die Nutzung zu vieler Anglizismen etwas sagt - einem oft unterstellt wird, dass man irgendwie allgemein etwas gegen ausländische Einflüsse habe. Das stimmt jedoch nicht. Ich liebe Englisch, und ich liebe englische Wörter. Doch kann man sie ja im Englischen benutzten und dann eben komplett auf Englisch sprechen, oder eben komplett auf Deutsch. Wozu so ein Mischmasch? Wörter, die die Sprache tatsächlich bereichern - wie z. B. Computer, SMS, Team, Fitness u. Ä. sind total 'okay'. Außerdem ist auch die Einseitigkeit so nervig. Es wäre mir lieber, wenn man auch mal Wörter aus anderen Sprachen entlehnen würde als ständig immer nur aus dem Englischen - als gäbe es keine andere Sprache auf der Welt. Das ist, glaube ich schon alles, was ich dazu sagen wollte:) Einfach etwas mehr Abwechslung!
Ich habe mal einen Leserbrief gegen das Überhandnehmen von Anglizismen in einer Tageszeitung geschrieben - und bekam prompt eine Einladung von einer rechtradikalen Partei - als wenn das Einstehen für die eigene Sprachkultur was mit Fremdenfeindlichkeit zu hätte.
Deinem letzten Satz widerspreche ich: Wir brauchen keine Lehnwörter, um unsere Sprache bunter zu machen! Lehnwörter aus anderen Sprachen sind nur sinnvoll, wenn man kein eigenes Wort für eine Sache kennt. Und wer die Vielgestaltigkeit von Sprache schätzt, sollte alte deutsche Wörter wiederaufleben lassen, die schon in Vergessenheit geraten...
Ja, ich bin auch mehr für eigene Wortkreationen. Statt "All you can eat"- Iss so viel du kannst zum Beispiel:) Statt Laptop - Klapprechner. Nur wenn einige Wörter wirklich bereichernd sind (z. B. Rock, Blues, Computer, Team, Band etc.), dann kann man sie in den Wortschatz aufnehmen und/oder lassen.
Obwohl Band - wäre auch einfach eine Musikgruppe. Na ja, aber Band ist immerhin differenzierend. Ganz anders als Challenge oder Lockdown, die einfach deutsche Wörter ersetzen. Die Anglizismen, die Wörter ersetzen - oder ganz einfach ins Deutsche zu übertragen wären, ja diese betrachte ich als unnötige Lehnwörter!
Ja, das ist mir auch aufgefallen und ich finde es sehr störend. Gestern in einem Film wurde 'failen' anstatt 'scheitern' gesagt. Ich finde es total irritierend.
Auch in den Sendungen wie 'Ninja Warrior' finde ich all die 'Challenges' viel zu übertrieben.
In Schwedischen Filmen spricht man leider auch so, fast jedes dritte-vierte Wort kommt aus dem Englischen. Schade wirklich.
Das ist noch harmlos. Viel schlimmer ist, ein durchaus existierendes deutsches Wort durch ein spanisches zu ersetzen, das falsch ausgesprochen und mit dem falschen Genus versehen wird. Beispiel: das Buschmesser. Auf Spanisch: el machete, also maskulinum, und das ch wird wie tsch ausgesprochen. So ähnlich wie matschättä. Ignoranten machen fälschlich ein Femininum draus und sprechen es falsch aus, wie "machen" und "Trompete". Ein ähnliches Problemwort ist "la chinchilla", eindeutig Femininum, auszusprechen so ähnlich wie "tschintschilja". Meine Schwester hat als Grundschullehrerin, die perfekt Spanisch beherrscht, den Kindern eben beigebracht dass es "die Chinchilla" heißt, und dass es spanisch auszusprechen ist. Da kam eine Mutter in die Schule gerannt, außer sich vor Wut, Schaum vor dem Mund: Wie können Sie es wagen, meinem Kind so einen Unsinn beizubringen?
Zu Anglizismen: Normalerweise ist es OK, wenn Fachbegriffe aus der IT englisch bleiben. Das File. Der Pointer. Der String. Der Wraparound. Das Array. Ulkigerweise ist es bei der Hardware anders herum. Fachleute nennen es Rechner, Laien nennen es im Deutschen Computer.
Puh. Jetzt musste ich erst mal nachdenken. Frei, freier am freitesten... -.-