War das Judentum eine Hochkultur bevor der Eroberung der Römer und Ägypter?

5 Antworten

Nein, nicht wirklich.

Erst einmal musst du die zeitliche Abfolge betrachten. Erst Ägypten, dann Judentum, dann Rom. Und die Babylonier hast du ausgelassen...

Ganz grob (also das sind jetzt keine"echten" Jahreszahlen sondern gerundete Richtwerte):

In der späten Bronzezeit, vor 3500 Jahren bis vor 3000 Jahren, befanden sich die Kulturen und Stadtstaaten der Levante in einem Spannungsfeld zwischen Ägypten im Südwesten, und den konkurrierenden Großreichen der Mitanni und Hethither im Nordosten. "Das Judentum" existierte da noch nicht, wohl aber die Gesellschaften und Kulturen, aus denen sich das Judentum später entwickelte.

Sie waren teilweise unter ägyptischer Herrschaft, wobei die Ägypter jedoch nie versuchten, ihre Religion und Kultur dort durchzusetzen - sie waren nur auf Tribute, Rohstoffe und teilweise auf Arbeitskräfte aus.

Diese Epoche ist eigentlich kulturell sehr interessant - Funde vom Sinai und aus dem Wadi El Hol zeigen erste Belege einer Alphabetschrift, die aus den Hieroglyphen entwickelt wurde. Ob auch die Idee des Monotheismus von den Ägyptern übernommen wurde mag ich nicht beurteilen, aber ägyptische Weisheitstexte und Hymnen haben deutliche Spuren im Alten Testament hinterlassen - ein kultureller Austausch fand auf jeden Fall statt.

Vor etwa 3000 Jahren änderten sich die Verhältnisse. Ägypten verlor an Macht, die anderen Großreiche der Bronzezeit zerfielen, und im Raum Israel/Palästina konnten sich eigene Staaten entwickeln. Dies könnte der historische Ursprung vom biblischen Königreich Davids sein - so furchtbar groß oder langlebig war es aber eher nicht.

Die wirkliche Geburtsstunde des Judentums - so zumindest der heutige Stand der Forschung - kam allerdings nicht durch Sieg und Unabhängigkeit, sondern durch eine Niederlage gegen das neue Großreich und das Babylonische Exil vor etwa 2500 Jahren. (eher 2580, aber wir wollen es simpel halten). Da aber kurz darauf eine persische Dynastie die Macht übernahm, durfte die jüdische Elite zurück kehren, Jerusalem wieder aufbauen und bestand dann als persische Provinz fort.

Die Römer erschienen dann erst vor etwa 2000 Jahren in der Levante. Durch die Zerstörung des 2. Tempels hatten sie aber auch einen prägenden Einfluss auf die jüdische Identität. ( Frag Mal einen jüdischen Menschen nach der Klagemauer)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Grundstudium Ägyptologie und Geschichtswissenschaft
Von Experte Schemset bestätigt

Die israelischen Archäologen Finkelstein & Silberman konnten keine archäologischen Beweise für eine antike jüdische Hochkultur finden (z. B. vom im Alten Testament erwähnten Reich Davids und dann Salomos).

Von einem antiken Grabstein, auf dessen verwitterter Inschrift noch die Konsonanten DWD lesbar gewesen sein sollen (für "David"), existiert nur eine Nachbildung aus dem 18. Jahrhundert, das ist alles. Von den angeblich 70 befestigten Städten mit einem Netz aus Verbindungsstraßen aus dem Reiche Davids ist absolut nichts gefunden worden.

In der Hochphase einer staatlichen, gesellschaftlichen, religiösen und kulturellen Ordnung und Konstitution wird man das Judentum im Gefüge des eisenzeitlichen Staates Israel als eine Hochkultur im Kulturraum der Levante bezeichnen können.


Schemset  17.06.2023, 08:25

Nun ja, das kommt auf die Definition von "Hochkultur" an...

Die Juden entwickelten sich weiter, als sie aus der Sklaverei der Ägypter fliehen konnten.

Meiner Ansicht nach waren erst die Ägypter, dann die Juden und Griechen, hinterher die Römer.


Schemset  17.06.2023, 08:23

Die Flucht aus Ägypten ist KEIN historisch belegter Vorgang!

tanztrainer1  17.06.2023, 09:24
@Schemset

Du musst den Text schon genau lesen.

Es heißt nur, dass die Flucht nicht so passiert ist, wie es im AT steht. Das bedeutet noch lange nicht, dass sie überhaupt nicht stattgefunden hat.

Schemset  17.06.2023, 09:46
@tanztrainer1

Ja, aber "die Juden" waren nie gesammelt in der "Sklaverei" der Ägypter, die Migrationsbewegungen waren viel komplizierter. Das ging Jahrhunderte lang hin und her. Einwanderer und Kriegsgefangene kamen nach Ägypten, ehemalige Geiseln und Arbeitsmigranten kehrten zurück in die Levante. Am nächsten zu so einer nachweislichen Sklaverei kommt vermutlich Amenophis II in der 18. Dynastie - da gibt es Textbelege über massenweise verschleppte Gefangene. Dann jedoch passt die zeitliche Abfolge wiederum nicht, denn wären die Juden ( wenn man sie denn als Juden bezeichnen kann) in den folgenden Jahrhunderten aus Ägypten in ihr gelobtes Land geflohen, waren sie direkt wieder in der ägyptischen Provinz gelandet. Der ägyptische Einfluss hielt sich noch bis in die 20. Dynastie.

Ich glaube, die Exodus-Geschichte verbindet mehrere tradierte Ereignisse und Erfahrungen zu einem einzigen Narrativ. Aber dieses Narrativ verkennt völlig, dass der Einfluss Ägyptens nun einmal nicht am Sinai endete.

tanztrainer1  17.06.2023, 10:43
@Schemset

Das musst Du mir nicht erklären.

Nicht ohne Grund flohen Josef und Maria mit Jesus nach Agypten.

שָׁלוֹם

Na ja, dem Vergleich mit den Römern oder Ägyptern konnte das kleine Ziegenhirtenvolk nicht standhalten.