Taekwondo-Styles?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Zunächst gibt es zwei grobe Unterschiede:

Das alte klassische Taekwon-Do, quasi koreanisches Karate. Offiziell bekannt seit 1955. Begründer war General Choi, Hong Hi. Das alte klassische Taekwon-Do beinhaltet Kicks, Hand-Boxtechniken, als Formen Hyong oder Tul, Selbstverteidigung-Hosinsul mit Ellenbogentechniken, Kniestößen, einige Hebeltechniken und Würfe und Verteidigung gegen bewaffnete Angriffe. Gekämpft wird im Kickboxen. Normalerweise Leichtkontakt, viele Vertreter des klassischen Taekwon-Do machen aber auch Vollkontakt. Einige Vertreter dieses Taekwon-Do trainieren/trainierten auch Stile wie Muay Thai um wirklich effektiv kämpfen zu können, nicht für Meisterschaften. Das alte Taekwon-Do ist zwar auch ein Wettkampfsport, aber Kampfkunst, umfangreiche Anwendung und Selbstverteidigung steht bei diesem Stil im Vordergrund. Hier wird auch zum Kopf geschlagen/geboxt. Pointfighting/Semicontact hat sich mittlerweile bei diesem Taekwon-Do vielfach eingebürgert. Eine Form des Wettkampfes die ich persönlich ablehne. Ich sehe sie als nicht effektiv im Vergleich mit Leichtkontakt und Vollkontakt an. Die Formen des Taekwon-Do waren ursprünglich die Hyong, den Katas des Karate sehr ähnlich. Es gab eine Veränderung die man Tul nennt. Im Prinzip die gleichen Formen, aber die Ausführung mancher Techniken wurde verändert. Meiner Meinung nach zum Schlechteren hin. Ich selbst lehne die "moderne" Ausführung der Formen ab. Es gab 9 alte Stile, Kwan!, des klassischen Taekwon-Do. Stile die seine Entwicklung/Entstehung mit beeinflusst haben. Es gibt tatsächlich noch Schulen die die alten Stile trainieren. Aber sehr selten und schwer zu finden. Zeitgleich wie das Taekwon-Do, mehr oder weniger, entstand das Tang Soo Do. Ein anderes koreanisches Karate, dass dem Taekwon-Do sehr sehr ähnlich ist. Gleich ist beiden Stilen die Basis alter koreanischer Kampfstile und die Begründer, sowohl des Taekwon-Do als auch des Tang Soo Do, haben Shotokan Karate trainiert was die Entwicklung sehr stark mit beeinflusst hat. Auch wenn Koreaner das überhaupt nicht gerne hören. Tang Soo Do ist recht gefestigt in seiner Technik, dass alte klassische Taekwon-Do hat sich in verschiedenen Verbänden und Richtungen zerfasert. Leider. Altes klassisches Taekwon-Do ist nicht mehr so viel zu finden, in der ITF wird es noch am ursprünglichen trainiert. In osteuropäischen Ländern, auch in Russland ist dieses Taekwon-Do mehr vertreten als bei uns. Taekwon-Do ist leider oftmals nicht mehr das gleiche Taekwon-Do.

Das andere Taekwondo, die andere Schreibweise ist beabsichtigt, ist das System das man eigentlich nur noch meint wenn man heutzutage von Taekwon-Do/Taekwondo spricht. Man findet auch meist nur noch diesen Stil wenn man einen Verein, eine Schule für Taekwondo aufsucht. Offiziell ist Taekwondo bekannt seit 1973 meine ich. Vergebung, dass ist nicht mein Stil, mein Taekwon-Do. Es ist das sogenannte WT-Taekwondo, früher WTF-Taekwondo. Der Begründer des alten klassischen Taekwon-Do, General Choi, Hong Hi, hatte persönliche Differenzen mit seiner Heimat Südkorea. Das Ganze artete in politische Auseinandersetzung aus. Chois Stil wurde in Südkorea mehr oder weniger geächtet und nicht mehr praktiziert. Andere Meister des Taekwon-Do/Taekwondo kreierten das neue Taekwondo, welches mittlerweile eine olympische Sportart geworden ist. Dieses Taekwondo hat als Formen sogenannte Poomsae. Formen die denen des Karate sehr viel weniger ähnlich sind. Die Art zu kämpfen ist Vollkontakt mit Schutzweste, Kopfschutz und Schienbein-Spannschonern. Zwar hat dieses Taekwondo auch die klassischen Partnerübungen und auch Hosinsul, aber Handtechniken werden nur zum Körper geschlagen. Auch oder gerade bei Wettkämpfen. Es werden vorwiegend Kicks und Sprungkicks, von der Gürtellinie aufwärts bis zum Kopf, durchgeführt. Handtechniken und auch Selbstverteidigung/praktische Anwendung sind sekundär in diesem Stil. Gekämpft wird gerne aus großer Distanz mit eigentlich nur Kicks. Der Vollkontakt ist auch nicht mit der Härte von Boxen, Kickboxen, Kyokushinkai oder Muay Thai zu vergleichen. Meiner Meinung nach ist dieser Stil ein typisches Beispiel für die Versportlichung einer Kampfkunst. Olympisch ja, zur effektiven Selbstverteidigung nicht mehr so geeignet. Kampfsportler anderer Systeme sehen das eigentlich genauso. Taekwondo wird häufig als unpraktisch für richtiges Kämpfen angesehen. Sobald man innerhalb der Kickdistanz kämpft gilt dieser Stil als uneffektiv, Taekwondo Kämpfer als hilflos. Ich will nicht ungerecht sein. Es mag auch in diesem Taekwondo gute Kämpfer geben die sich effektiv verteidigen können. Auf jeden Fall neigt es zu einseitigem Kämpfen, mehr oder weniger nur hohe Kicks.

Meine Darstellung der Unterschiede, der verschiedenen Stile des Taekwon-Do/Taekwondo mag etwas einseitig und voreingenommen sein, aber ich behaupte die wesentlichen Merkmale stimmen so. Es mag noch ein paar stilistische Besonderheiten geben die ich vergessen habe, oder die ich trotz langjähriger Praxis nicht kenne, dafür bitte ich um Entschuldigung. Ich hoffe aber meine Darstellung ist ansonsten hilfreich und informativ genug.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Jahrzehnte langes Training verschiedener Stile,

Shahhh 
Fragesteller
 21.07.2023, 21:48

Ach du heilige… Wie lang haben Sie gebraucht um diese äußerst hilfreiche und ausführliche Antwort zu formulieren?

0
Frank1409  21.07.2023, 22:51
@Shahhh

🤣keine Sorge, als einer der das klassische Taekwon-Do tief liebt und es seit 1979 trainiert, dass geht schnell. Ich habe das schon oft geschrieben und gesagt. Ich muss dafür nicht mal überlegen. Und vielen Dank für den Stern 🌟

1
Shahhh 
Fragesteller
 21.07.2023, 22:01

Vielen Dank für die Antwort! Aber bitte entschuldigen Sie sich nicht, die Antwort war mehr als genug!!!

0