Sinn oder Unsinn: Was halten erfahrene Software-Ingenieure vom derzeit angepriesenen "Low Code"-Ansatz?

3 Antworten

No-Code ist ja nicht wirklich was Neues, sondern einfach nur ein Modewort in der Softwareentwicklung. Es gab schon vor Jahrzehnten Ansätze, bei denen man versucht hat Softwareentwicklung leichter zugänglich zu machen. Die WYSIWYG-Editoren (What You See IWhat You Get) im Bereich Webdesign sind ein gutes Beispiel.

Weiterhin glaube ich einfach nicht daran, dass Leute ohne jegliches Vorwissen die Arbeit von Software-Entwicklern machen können. Arbeitslos werden die auch in Zukunft nicht sein. Auf der anderen Seite macht es total viel Sinn mit einer guten Low-Code/No-Code Plattform den Menschen die Möglichkeit zu geben, mal schnell Ihre Prozesse zu optimieren.

Ein guter Übersichtsartikel findet sich übrigens hier: https://seatable.io/no-code-plattform/. Der Artikel versucht sowohl zu zeigen, wo No-Code herkommt aber geht auch auf Chancen und Risiken ein. Tools werden auch genannt.

Am Ende ist No-Code ein Buzz-Word und man muss klären, was damit gemeint ist. Die meisten meinen damit, dass man Mitarbeiter befähigt, dass Sie sich selbst Ihre Software bauen.

Und sind wir mal ehrlich:; in jedem Unternehmen wird man solche Prozesse finden. Eine Excel-Liste hier, ein Google Sheets Konto da und dann per E-Mail rundlauf zu den Mitarbeitern. Das ist halt Quatsch und hier kann man meiner Meinun nach bestimmt mit No-Code am meisten Potenzial heben.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Sehe es ähnlich wie einen Homepage Baukasten nur eben etwas filigraner. Ist ja auch nicht da um die kompliziertesten Anwendungen oder kundenspezifische Sachen zu lösen, sondern eben sinnvoll Komponenten zusammenzustecken mit ein wenig Konfiguration oder einfache Automatisierungsaufgaben. Denke das ist erst einmal nix Schlechtes und es gibt sicher auch einen Bedarf für die Sachen, die da rauskommen können.

Softwareentwickler ersetzen, ja warum nicht. Wenn man die Fähigkeiten eben nicht brauch. Ist eben das gleiche wie heute entsprechende Webagenturen eine Wordpress Installation zusammenklicken, ein paar Plugins reinklicken, ein Theme reinklicken usw.

Dafür gibt es einen Bedarf und ja, dafür muss man kein Softwareentwickler sein. Früher haben hauptsächlich diese Internetseiten erstellt. Heute gibt es eben entsprechende Tools. Die Tools muss aber natürlich auch wer schaffen, dazu gibt es immer noch genug komplexere Webanwendungen, die nicht von der Stange kommen und natürlich noch viele andere Sachen, die ein Entwickler machen kann.

Ich sehe es als sinnvolle Ergänzung und Vereinfachung, da wo es möglich ist. Fühle mich als Entwickler davon nun aber nicht bedroht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Softwareentwickler/Projektleiter seit 2012

grtgrt 
Fragesteller
 23.01.2022, 10:23

Den Job des Entwicklers bedroht das ganz sicher nicht. Der Meinung bin ich auch.

Ich fürchte aber um Wartbarkeit und Konsistenz der IT-Landschaft eines Unternehmens insgesamt, da hierdurch ja jede Menge Wildwuchs entstehen kann.

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apachy  23.01.2022, 11:04
@grtgrt

Weiß nicht, viele Sachen werden damit ja nicht machbar sein. Wenn jemand damit paar einfache Sachen automatisiert, sehe ich da wenig Probleme.

Ansonsten habe ich richtige Entwickler, die dann diese benutzerspezifischen Low Code Blöcke erzeugen, dann liegt die Qualität der Umsetzung und Schnittstellen wieder bei diesen.

Meist wird es aber bei komplexen Sachen doch eh wieder auf klassische Entwicklung hinauslaufen. Und Wildwuchs hast du auch da genug. Sowohl aufgrund unterschiedlicher Qualität der jeweiligen Entwickler als auch durch die Rahmenbedingungen. Budgets, Deadlines, Tools die für das Projekt ungeeignet sind, Vertriebler und co. die sich verewigen wollen, Entscheidungen von leitenden Angestellten, die kurzsichtig sind oder realitätsfremd.

Und natürlich der Faktor Kommunikation, sei es zwischen Abteilungen und co. beim Kunden selbst, sei es im eigenen Haus oder zwischen verschiedenen Gewerken.

https://www.youtube.com/watch?v=tUOiO4dN65Y

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Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

grtgrt 
Fragesteller
 19.01.2022, 20:11

Ich weiß nicht, über was der Mensch im zweiten Video eigentlich spricht. Der im ersten allerdimgs, das ist ganz klar, spricht über kleine und kleinste verteilte Applikationen wie z.B. Webauftritte oder EXCEL Sheets, auf die mehrer Leute gleichzeitig Zugriff haben.

Mit Integration und Automatisierung von Geschäftsprozessen (deren Kern ja typischerweise ein ERP-System ist), hat all das nichts zu tun.

Meine Frage bezieht sich auf Situationen, wie sie z.B. der Bericht https://www.cio.de/a/warum-low-code-bei-ihnen-nicht-laeuft,3552371 in der Fachzeitschrift CIO zum Gegenstand hat. Zitat daraus:

Mummigatti spricht aus Erfahrung - bei LexisNexis wurde ein J2EE -Entwicklungsteam auf einer Low-Code-Automatisierungsplattform geschult, um eine Legal-Order-Processing-Applikation zu entwickeln, wie er erzählt: "Anstatt die Anwendung gemäß der Methodik und den Best Practices des Plattformanbieters zu entwickeln, um die Out-of-Box-Funktionen zu nutzen, nutzte das Team die Plattform nur zur Orchestrierung des Workflows als Back-End-Engine, schrieb aber einen komplexen Code für alle Funktionen."
Durch die benutzerdefinierte Programmierung hätten sich die ursprünglich veranschlagten Kosten und der anfängliche Zeitrahmen verdreifacht. Außerdem habe es zu schwerwiegenden Leistungs- und Wartungsproblemen geführt, so der Chief Automation Officer. "Letztlich musste die Applikation komplett neu geschrieben werden - mit Unterstützung des Anbieters."
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