Russen in Deutschland: Nur Russlanddeutsche?

3 Antworten

Die slawischen Russen, die in den 20ern vor Lenins Mörderbanden geflohen sind, dürften mittlerweile nur noch in Ausnahmefällen am Leben sein. Und deren Nachkommen in zweiter oder dritter Generation sind längst so gut integriert, dass sie dir kaum noch als Russen/Slawen auffallen dürften, und sich selbst auch nicht als solche identifizieren, sondern als Europäer.

Die "Russen", die jetzt bei uns leben, sind tatsächlich fast ausschließlich Spätaussiedler, also letztendlich Deutschrussen. Ein paar ethnische Juden sind noch dabei, die als "Kontingentflüchtlinge" nach Deutschland kommen können. Und ein paar russische Staatsbürger (wohl hauptsächlich Staatsbürgerinnen), die über Heiratsvermittler deutsche Ehepartner gefunden haben, das sind aber eher wenige.

Ein "normaler" Russe hatte seit der Errichtung des Eisernen Vorhangs praktisch keine Möglichkeit mehr, nach Deutschland auszuwandern. Auch zwischen Fall des Eisernen Vorhangs bis jetzt zum Ukraine-Krieg nicht. Da hat einfach die deutsche Bürokratie nicht mitgespielt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Die ehemaligen Adligen gibt es ja nicht mehr, nur deren Nachkommen. Viele gab es tatsächlich in Berlin, hatten dort auch eigene Treffs und russische Lokale. Aber auch Paris hatte eine große Kolonie. Nachkommen der Romanows leben zum Teil in Italien. Die dürften bzw. ihre Nachkommen längst in den jeweiligen Ländern integriert sein und haben ja selbst keine Erinnerungen mehr an Russland und sehen sich vermutlich auch nicht als Russen. Ich hatte mal eine Bekannte, längst verstorben die 1917 mit ihren Eltern geflohen war. Da war sie erst drei und erinnerte sich nur noch an ihr Pelzmäntelchen das sie bei der Flucht anhatte. Sie hatte aber längst ihren russischen Namen eingedeutscht. Auf ihrem Ausweis stand der Geburtsname, ich hab ihn mir zeigen lassen, weil ich ihre Geschichten nicht glauben konnte, und sie war tatsächlich eine geborene Gräfin, deren Mutter angeblich mit dem polnischen König verwandt war. Bekannte bzw. Verwandte aus ihrer Vergangenheit hatte sie in Paris und in den USA.

Zum einen ist das eine Frage der Zeit, zum anderen eine Frage der Zahlen.

Was die Zeit anbelangt: Angehörige von Menschen, die vor mehr als 100 Jahren nach Deutschland gekommen sind, sind häufig inzwischen in der Gesamtbevölkerung aufgegangen. Für jetzt Geborene ist das die Generation der Ururgroßeltern! Es gibt natürlich nicht gerade wenige Leute, die vielleicht ein, zwei Vorfahren auch aus Russland hatten - aber die Leute selbst verstehen sich längst nicht mehr allein als Russen, sprechen vor allem deutsch und nur manchmal ist da noch ein halbwegs russischer Name übrig geblieben (den viele inzwischen längst eingedeutscht haben). Wer dagegen als Russlanddeutscher nach Deutschland gekommen ist, der hat oft entweder selbst noch in Russland (oder einer anderen Sowjetrepublik der UdSSR) gelebt, oder seine Eltern kommen direkt daher. Da ist die russische Sprache natürlich noch präsent, da gibt es häufig auch russische Verwandte, zu denen man noch Kontakt hat usw.

Was die Zahlen anbelangt: In den zwanziger Jahren ging es um einige Hunderttausend Emigranten. Seit 1985 sind dagegen mehrere Millionen aus Russland nach Deutschland gekommen - vor allem eben Russlanddeutsche und Russen mit jüdischen Vorfahren. Die können nämlich sehr einfach nach Deutschland einwandern, weil es dafür spezielle Regeln gibt.

Russen ohne russlanddeutschen oder jüdischen Hintergrund sind in den vergangenen Jahren dagegen sehr wenige eingewandert - wie denn auch, das deutsche Einwanderungsrecht sieht dafür ja auch nur sehr wenige Möglichkeiten vor. Du kannst nicht einfach in Russland leben und beschließen, ich wandere jetzt nach Deutschland aus, du kannst ohne Visum nicht dauerhaft einreisen, du bekommst keine dauerhafte Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis. Und ein Visum bekommt wirklich nicht jeder.