Musical Studium und Chancen?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hey,

gut, du machst schon eine ganze Menge, was noch fehlt, ist Klavierunterricht, der wird unbedingt benötigt.

Natürlich ist ein Studium wichtig, allerdings solltest du das an einer staatlichen Musikhochschule versuchen. Fast alle haben sehr gute Musicalklassen im Angebot (Abteilung "Musikalisches Unterhaltungstheater").

Allerdings sind die Zulassungsprüfungen ziemlich schwer. Ob du tatsächlich genug Talent hast, werden dir die Prüfer dort sagen. Sie haben ausreichend Erfahrung, um zu sehen, ob jemand - vorläufig für die Ausbildung! - geeignet ist oder nicht. Selbst wenn du das schaffst und dich gegen Hunderte von Mitbewerbern durchsetzen kannst, heißt das aber noch lange nicht, dass du auch wirklich eine Chance in dem Beruf hast. Talent sind nur etwa 20 bis 25%, die man für einen Bühnenberuf benötigt. Der "Rest" ist harte Arbeit, Disziplin, Disziplin und noch einmal Disziplin, eiserne Gesundheit, Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen, eine sehr stabile Psyche und eiserne Nerven. Was außerdem dazu gehört, ist das berühmte Quäntchen Glück, ohne das der beste, begabteste Schauspieler/Sänger/Tänzer keine Chance hat.

Es muss dir klar sein, dass Bühnenberufe, egal in welcher Sparte, zu den unsichersten Berufen überhaupt gehören. Es kann immer wieder zu zeitweisen Durststrecken kommen, die es zu überbrücken gilt. Dann muss man schon auch mal in einem anderen Beruf jobben, um seine Miete bezahlen und leben zu können. Auch krankenversichert ist man immer nur so lange, so lange der Vertrag läuft. Dazu muss man immer damit rechnen, dass es zu Ausfallzeiten kommen kann, wenn man krank wird oder sich verletzt. Das kann sehr schnell existenzgefährdend werden.

Hast du dir außerdem schon einmal überlegt, wie es ist , in einem En-suite-Betrieb arbeiten zu müssen? Die meisten Musicaltheater, vom Hamburg bis zum Broadway, arbeiten nach diesem Prinzip. Das heißt, man spielt ein, zwei Jahre lang täglich das selbe, samstags, sonn- und feiertags oft Doppelvorstellungen. Mit einem freien Tag in der Woche. Glaube mir, ab der 50. Vorstellung spätestens, hängt dir das Stück zum Hals heraus, auch wenn du es noch so gerne magst. Dann hast du aber noch mindestens 300 weitere Vorstellungen vor dir. Ist das dein großer Traum? Anfangs spielst du noch dazu keine riesigen Rollen. Das heißt, du hast endlose Wartezeiten und bekommst nicht viel bezahlt dafür.

Das Glück, an ein Mehrspartenhaus mit Repertoirebetrieb fix engagiert zu werden, ist ungefähr so häufig, wie ein Lotto-Sechser. Dafür muss man nämlich vielseitig einsetzbar sein. Da muss man dann auch Operette und am besten auch noch Oper singen können oder, wenn die Stimme dafür nicht reicht, im Schauspiel einsetzbar sein. Diese Vielseitigkeit verlangt wiederum eine noch umfassendere Ausbildung. Überlege dir das einmal gut. Mit 15 darf man noch träumen, aber die Realität sieht leider ganz anders aus.

Was du noch bedenken musst, ist, dass diesen Traum viele Mädchen und Jungen in deinem Alter träumen. Daher ist der Andrang zu den Zulassungsprüfungen enorm. Pro Termin gibt es unzählige Anmeldungen, genommen werden aber für den ersten Jahrgang maximal 20 bis 25 neue Studiosi. Die Konkurrenz ist also riesig und gnadenlos. Am Theater selbst, kommt dann noch die Konkurrenz aus dem Ausland dazu. Lauter bestens ausgebildete, hochtalentierte junge Leute, mit denen du um jeden einzelnen Job rittern musst

Ich erzähle dir das nicht, um dir jeden Mut zu nehmen, sondern um dir zu zeigen, was dich erwartet. Wenn du trotzdem noch sicher bist, es versuchen zu wollen, dann mach das auch. Lass dich aber bitte auf keine (teuren) Privatschulen ein, sondern mach die Ausbildung an einer staatlichen Hochschule, wo du wenigstens mit einem akademischen Grad abschließen kannst. Auch wenn einem der Titel am Theater überhaupt nicht hilft, so hilft er zumindest, wenn es wirklich zu Durststrecken kommt. Abgesehen davon, unterrichten an den staatlichen Hochschulen Lehrer, die wissen, wovon sie reden und keine abgehalfterten Darsteller, die es selbst nie zu etwas gebracht haben und sich nun als Lehrer verdingen. Auch das sind Gefahren, die man nicht übersehen sollte.

So, das war jetzt eine lange Rede. Wenn du trotzdem noch Fragen hast, melde dich einfach wieder.

Liebe Grüße

Lilly "Tanzistleben"

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

UnterhaltungNRW  14.08.2019, 11:18

Großartige Antwort. Dank hierfür. Kann ich nur bestätigen. Habe Göttlich gute Freunde mit Musical-Studium. Ein hat sogar die Agnetha im Abba Musical gesungen. Tingelt zur Zeit durch Deutschland und lebt von ihrem Freund .....

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Pferdefan22 
Fragesteller
 14.08.2019, 20:58

Vielen Dank für die umfangreiche und ausführliche Antwort! Ja,du hast natürlich in allen Punkten recht :) Ich werde die ganzen negativen Aspekte auch in Betracht ziehen müssen... Falls ich die ganze Sache wirklich durchziehen sollte,ist es mir auch wichtig,an einer der staatlich anerkannten Hochschulen zu studieren. Wie du schon gesagt hast,sind das da Leute die wissen,wovon sie reden und keine Amateure. Ich werde es zumindest mal versuchen,denke ich :) Jetzt hab ich nochmal eine Frage: Bist du von Beruf her Tänzerin?

LG

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Tanzistleben  15.08.2019, 05:56
@Pferdefan22

Ja, ich war 26 Jahre Tänzerin, bin ausgebildete Tanzpädagogin und Choreographin und oft Jurymitglied bei Zulassungs- und Diplomprüfungen in den Fächern Tanz, Schauspiel, Oper und Musikalisches Unterhaltungstheater im In- und Ausland.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück! 🍀

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Tanzistleben  15.08.2019, 05:58

Vielen Dank für das Sternchen! Es freut mich, wenn ich dir ein bisschen helfen konnte.

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Da bist Du gut im Timing mit der Vorbereitung. Den Workshop an der Stage School kann man mal mitnehmen, finde ich aber nicht besonders relevant. Die staatlichen Schulen, an denen Du Dich bewerben solltest sind Essen, München, Berlin, Osnabrück und Wien. Die haben zum Teil auch Schnupper-Wochenenden oder Info-Veranstaltungen.

Ausland ist nicht so einfach, aber wenn Du deinen Bachelor in Deutschland machst, kann man sich für einen Master zum Beispiel in London bewerben.

Wenn Du an einer staatlichen Schule warst und alles mitnimmst, was Du kriegen kannst, hats Du hinterher auch sehr gute Chancen. Bei den Abschlussjahrgängen ist die Berufsqoute hinterher sehr hoch. Aber es liegt doch immer an dem eigenen Engagement und dass man sich nicht auf dem, was man schon kann, ausruht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Pferdefan22 
Fragesteller
 14.08.2019, 21:02

Dankeschön für deine Hilfe. Ja,ich hatte eventuell auch überlegt,erst ein 1-jähriges Vorstudium zu machen,um mich auf die Aufnahmeprüfungen vorzubereiten. Liebe Grüße :)

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Du willst also von hippos auf Musik wechseln.

Chancen - damit meinst du Verdienstmöglichkeiten?

Auch wenn du talentiert bist - oben ist die Luft sehr dünn. Selbst Talent und Beziehungen sind kein Garant - das Publikum, dein Hörerkreis entscheidet, ob du reüssierst.

Hervorragende Talente nahmen 10 Jahre Anlauf (Udo Jürgens von 20 bis 30) - andere schnellen hoch und verglühen (Lena), Stefanie Heinzmann ist sehr talentiert und bleibt auf dem Boden, hat erträgliches Einkommen, Wolfgang Petri konnte nicht mehr.

Musical schreiben - bist du so gut wie Andrew Lloyd Webber oder John Barry, Leonard Bernstein?

Aber bitte keine zweite Elena Fischer ....

Teste dich, ordne dich ein ...

Viel Erfolg!


Pauli010  14.08.2019, 01:40

Und dann: du brauchst viel Energie und Charakterstärke, sonst wirst du verbogen. In diesem Metier ist Nachtbetrieb angesagt.

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Pferdefan22 
Fragesteller
 14.08.2019, 21:00

Danke dir für deine Antwort :)

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Pauli010  15.08.2019, 07:58
@Pferdefan22

Bitte. Ich sehe das realistisch. Sei dir mal bewusst über die Möglichkeiten.

Also Hobby - ja, machs. Wenn du besser bist als in einem normalen Beruf, kannst du umswitchen.

Druck dir das alles mal aus, legs in eine Schublade, lies es in 5 Jahren wieder.

Weißt du, was der Knackpunkt ist an deiner Frage?

ich bin 15 Jahre alt und träume seit meiner Kindheit davon

das ist anders als:

Ich bin 20, betreibe das seit 5 Jahren erfolgreich als Hobby und ich will unbedingt ..

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