Metrische Analyse des folgenden Textes (Latein, Ovid)?
Guten Abend zusammen, ich bräuchte Hilfe bei der metrischen Analyse des folgenden Textes, ich brauche nicht nur die Lösung, sondern vorallem, wie man dabei vorgeht - damit ich's verstehe - und insbesondere die Wirkung davon, wieso hat Ovid die Verse so geschrieben und nicht anders, was will er damit ausdrücken? (aus: Ovid, Fasti, V, 429-438; Lemuria - Römisches Totenfest).
nox ubi iam media est somnoque silentia praebet,
et canis et variae conticuistis aves,
ille memor veteris ritus timidusque deorum
surgit (habent gemini vincula nulla pedes),
signaque dat digitis medio cum pollice iunctis,
occurrat tacito ne levis umbra sibi.
cumque manus puras fontana perluit unda,
vertitur et nigras accipit ante fabas,
aversusque iacit; sed dum iacit, ›haec ego mitto,
his‹ inquit ›redimo meque meosque fabis.‹
1 Antwort
Versmaß Daktylus = lang - kurz - kurz
Du setzt bei Lesen Akzente auf die betonten Silben.
Betont sind jeweils die langen Vokale.
Lang sind z.B. alle Doppellaute und alle Vokale, auf die mehrere Konsonanten folgen.
Und das heißt dann, dass die Betonungen manchmal auf Silben liegen, die beim Prosatext nicht betont würden.
Dabei ist auf Zusammenziehungen zu achten, z.B. media est wird zusammengezogen zu media´st:
nox ubi iam media´st somnoque silentia praebet
Wäre es sehr unhöflich, wenn ich fragen würde, ob Du auch den Rest skandieren würdest? Ich habe da irgendwie null Durchblick, aber vielen, vielen Dank für Deine Hilfe!
Ist nicht unhöflich, aber versuche es bitte selbst.
Probiere einfach mal aus, was rhythmisch und gut klingt. Es gibt immer 6 betonte Silben.
Hexa=6, d.h. du hast hier sogenannte Hexameter.
Da musst du mit etwas Musikalität arbeiten. Der Daktylus ist übrigens in verschiedenen Versionen vertreten: Obwohl das Prinzip lang-kurz-kurz ist, gibt es Variationen, wie du sie in der zweiten Zeile findest:
- Hier hast du wieder eine Auslassung nach canis,
- nach der dritten Betonnung kommen keine kurzen Silben,
- zudem ist die letzte Silbe lang und betont, ohne dass eine kurze folgt:
et canis't variae conticuistis aves,
Genaueres zum Daktylus findest du hier:https://de.wikipedia.org/wiki/Daktylus
Zur Ergänzung:
Wenn du die erste Zeile mit Symbollen darstellst, ergibt das:
_xx _xx _x _xx _xx _x
Dabei fällt auf,dass das Schema lang-kurz-kurz bei media´st somnoque so aussieht, als wäre da nur _x. Hier gilt, dass die Silbe som lang ist, also zwischen zwei langen Silben steht. Da zählt sie dann als zwei kurze.
Das am Schluss dann nur das Schema _x steht, ist üblich.