Mein Vater hat nur noch Zeit für neue Familie (lang)?
Mein kleiner Bruder(18) und ich (21) haben in unserer Kindheit leider sehr viel mitmachen müssen. Ich versuche jetzt alles so kurz wie möglich zusammenzufassen. Unsere beiden Eltern waren sehr jung als sie mich ausversehen bekommen haben. 18 und 19. Meine Mama war noch in der Ausbildung und mein Papa eigentlich jedes Wochende mit seinen Leuten feiern. (Hat sich auch nach der Geburt nicht geändert) Da blieb leider sehr wenig Zeit für mich und später auch für meinen Bruder. Aber für meine Eltern schien es noch aushaltbar… Sie bauten dann ein gemeinsames Haus und heirateten va. aber des Geldes wegen…
Letztenendes mussten wir im neuen Haus ständig ihren Streit in der Küche mitkriegen. Beide waren nach einiger Zeit doch sehr gereizt. Mein Vater suchte seinen Stressabbau im Alkohol beim Saufen mit den Jungs und meine Mutter flirtete in Online DatingApps rum. Schließlich kam es zur Scheidung und wir Kinder mussten uns entscheiden zu wem wir wollten. Da meine Mutter dann zu ihrem neuen Freund 4Std weiter weg zog, blieben wir bei unserem Vater. Dort waren wir die meiste Zeit allein oder bei unseren Großeltern. Mein Vater arbeitete vollzeit, kam abends heim und setzte sich sofort vor den Fernseher. Wenn wir mal zu laut waren rutschte ihm die Hand aus. Mein Bruder und ich mochten uns damals auch nicht besonders, aber trotzdem hielten wir zusammen wenn es mal hart auf hart ging. Ich weiß mittlerweile natürlich, dass meinem Vater alles zu viel geworden ist und er das auch eigentlich gar nicht so wollte…
Und meine Mutter bekam dann ein neues Kind und hatte von da an auch Beziehungen zu vielen unterschiedlichen Männern.
Wir konnten uns also nie wirklich irgendjemanden anvertrauen, weil wir immer nur die nervigen Kinder waren. Irgendwann hatte mein Vater dann eine neue Freunden (die ehemals beste Freundin und Cousine meiner Mutter wohlgemerkt) Heute wohnen sie glücklich zusammen und haben ein 4 Jahre altes Kind.
Aufgrund von Uneinigkeiten damals, bin ich von dort ausgezogen und zu meiner Uroma gegangen, die mich gottseidank bei sich aufgenommen hatte. Mittlerweile wohne ich mit meinem Freund etwas weiter weg und komme am Wochenede aber runter in meine alte Heimat.
Das Problem ist, das mein Vater seine ganzen Fehler die er damals bei uns machte, bei seinem neuen Kind besser machen möchte. Er widmet ihm all seine Energie, baut ein Baumhaus bringt ihn jeden Tag ins Bett etc. Nur anstatt dass er versucht mit uns darüber mal zu reden, hat er so wieder keine Zeit für uns. Mein ehemaliges Zimmer dort wurde umfunktioniert für ein Wohnzimmer für meinen 1. Bruder, der dort noch wohnt. In der Wohnung hängen ausschließlich Bilder von seiner neuen Familie und ich muss regelrecht betteln, wenn ich auch nur für 1 std was mit ihm machen will (meistens wird mir eh abgesagt)
Mit geht es schon länger ziemlich schlecht und ich habe es auch noch nicht fertig gebracht meinem Vater zu verzeihen. Und für ein ernstes Gespräch diesbezüglich hat mein Vater auch keine Zeit…
Was ist die Frage?
wie kann ich lernen ihm zu verzeihen und den Schatten der über meinem bisherigen Leben schwebt vorbeiziehen lassen?
6 Antworten
Dein Vater verdrängt die früheren Jahre. Mit aller Gewalt will er heute ein guter Vater sein und er übersieht euch absichtlich. Ihr erinnert ihn an sein Versagen, seine Alkoholsucht, seine Fehlentscheidungen.
Du hast aber ein Anrecht, gehört zu werden. Deine Erfahrungen haben dich geprägt und tun es noch. Setzt euch zusammen, bestehe darauf, dass er zuhört. Selbst wenn er alles abstreitet oder laut wird, du hast dich ausgesprochen. Einsichten lassen sich nicht erzwingen. Seine Wahrnehmung ist eine andere als die deine. Dass er als Vater seine Vorbildfunktion nicht erfüllt hat, weiß er nur zu gut.
Mag sein, dass er alles abwimmelt und dich klein zu machen versucht. Aber Worte wirken oft nach Jahren noch und es kann durchaus sein, dass er drüber nachdenkt und die Geschehnisse überdenkt, neu ordnet.
Wenn du dich dann erleichtert hast, -es geht nur um deine eigenen Erlebnisse!-, ziehe dich zurück. Warte ab, was passiert. Mache dir dein Leben so schön wie möglich.
Hallo Rosalielife, ich wollte mich an der Stelle nochmals bei dir bedanken. Falls es dich interessiert, erzähle ich dir hier im Kurzen wie es geendet hatte:
Nachdem ich dank deinem Kommentar das Gespräch mit meinem Papa aufgesucht hatte, wendete sich alles zum Besseren. Er hat es verstanden, hat geweint und mir seine Sichtweise erzählt. Er sagte er kann es nicht mehr ändern, aber habe vieles falsch gemacht. Mittlerweile bemüht er sich mir mehr zu helfen und auch mehr in meiner Nähe zu sein, was mich richtig gefreut hat. Mein fehlendes Puzzleteil im Herzen ist dank deinem Rat aufgetaucht und seither war mein hiergeschildertes Problem nie wieder ein Thema. Vielen Dank für alles! 🥰
Mach dich nicht verrückt! Du hast nix zu verzeihen...meine Eltern waren ähnlich...hatten nie wirklich ein nettes Wort für mich übrig. Hatten nur ihr Vergnügen im Kopf und ich musste mich fügen.
Ich denke der erste Schritt ist Loslassen und Einsicht.
Du bist ausgezogen. Dein Lebensmittelpunkt sollte gar nicht mehr das Haus deines Vaters sein. Trotzdem fährst du jedes Wochenende dahin und bettelst um Aufmerksamkeit.
Hör mal auf damit und bleibe bei dir zu Hause. Akzeptiere vor allem auch, dass „zu Hause“ deine Wohnung ist. Das gehört zum Ablöseprozess zum Erwachsen werden dazu.
Das weit schwierigere: du versuchst das, was viele Leute tun und normalerweise funktioniert das nicht. In deinem Leben gibt es sozusagen ein Liebesloch. Du möchtest von deinem Vater geliebt werden und seine Aufmerksamkeit haben. Das fehlt dir in deinem Leben. Und jetzt kämpfst du darum, dass der Mensch, der für dieses Loch zuständig ist, es jetzt füllt.
Wird er nicht. Kann er nicht, aus welchen Gründen auch immer. Und ja: das ist ungerecht, das hätte anders sein sollen….war es aber nicht, IST es aber nicht.
Jedesmal wenn du versuchst ihn dazu zu bringen sich um dich zu kümmern, verletzt du dich selbst noch mehr.
So hart das jetzt ist, aber wenn des schaffen würdest das einzusehen und aufzuhören um seine Gunst zu buhlen, würdest du dir viel zukünftiges Leid ersparen.
Ihr werdet immer eine andere, distanziertere Beziehung zueinander haben als er und sein jüngstes Kind. Und ich verstehe, wenn du vielleicht eifersüchtig auf das Kind bist. Sei es nicht. Dieses Kind kann nichts für deine Kindheit. Es ist gut, wenn seine normaler wird.
Mach Vergebung nicht davon abhängig, was dein Vater einsieht. Du brauchst kein Gespräch mit ihm, um zu vergeben. Das ist etwas, was in dir passiert. Es ist auch das, was für dich selber am wichtigsten ist.
Dein Vater: niemand wird gerne mit seinem Versagen konfrontiert. Lass ihn. Vielleicht wird es das Gespräch später mal im Leben geben, wenn ihr beide besser damit umgehen könnt. Vielleicht auch nicht.
Mach es nicht davon abhängig.
Ich weiß, du kämpfst darum von ihm gesehen zu werden. Hör auf damit. Deine Kindheit ist vorbei. Du kannst sie nicht ändern. Du kannst nur deine Zukunft ändern. Das funktioniert aber nicht, wenn du dich auf deinen emotionalen Mangel konzentrierst und auf deinen Vater.
Lass los, auch wenn es schwer ist.
Gerade viele junge Väter sind insbesondere in jüngeren Jahren ( 18-22 ) noch nicht reif und bereit, sich um eine Familie kümmern zu wollen.
Sie wollen zwar eine Freundin, Frau und gerne auch täglich Sex, aber eben grundsätzlich keine Kinder.
Kinder ändern nun einmal grundsätzlich alles in einer Beziehung und insbesondere das Verhältnis zwischen Frau und Mann, da der Mann dann - so traurig es sich anhört - nur noch an zweiter Stelle, hintern den Kindern für die Frau steht.
Das ist auch einer der Hauptgründe, warum viele jungen Beziehungen nach 3-7 Jahren in die Hose gehen, nachdem das erste Kind da ist.
Mit zunehmender Reife ändern sich Männer jedoch auch und werden "häuslicher" . Dann ist es bloss häufig schon zu spät und die erste Beziehung und die ersten Kinder sind dann "woanders" .
Ich sehe für Dich eigentlich nur zwei Optionen . Entweder Du schließt mit Deinem "Erzeuger" emotional ab und distanzierst Dich von ihm oder Du versucht eben mal ein klärendes Gespräch zu führen .
Wenn das mit dem Gespräch jedoch nichts wird, musst Du früher oder später aber für Dich ins reine kommen.
Dein Erzeuger ist es ja anscheinend auch .
Grüße und viel Glück !
Wer soll denn den Schicksalsroman lesen. Geht's nicht etwas kürzer?
Viele hier haben sich netterweise die Mühe gemacht. Du musst es ja nicht lesen. :)
Danke für deine Antwort, das mache ich. Normalerweise ist mein Papa ziemlich empathisch, er wird es also verstehen ich denke es tut ihm auch bewusst weh dass es mir schlecht geht - er ändert nur leider deshalb nichts an seiner Zeit die er für mich nicht investiert/investieren kann.
Aber du hast recht, ich bestehe auf ein Gespräch in nächster Zeit und vielleicht finden wir einen Weg für uns. :)