Blickwechsel 18. Januar 2023
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Kann sportliche Betätigung helfen?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ja, Sport zu treiben kann bei einer Depression helfen. Wenn man es trotz der Depression schafft, sollte man sich regelmäßig bewegen. Am besten an der frischen Luft oder direkt in der Natur.

Leider kann die Depression selbst dazu führen, dass dem Betroffenen die Kraft und der Antrieb dazu fehlen. Besonders wenn die Depression schwer ist, kann es dazu kommen, dass man es kaum noch aus dem Bett schafft. Dabei findet man teilweise nicht mal mehr die Energie für die Körperpflege. Jede Tätigkeit ist ein enormer Kraftaufwand. In diesem Zustand ist leider kein Sport möglich, wenngleich es sinnvoll wäre.

Calla83  20.01.2023, 16:51

Vielen Dank für den ⭐️

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Ich fass es hier mal, entgegen meiner Gewohnheit relativ kurz.

Ich war zwischen 2007 und 2014 selbst 2x auf eigenen Wunsch mit mittelgradigen und schweren Depressionen in einer "Klapse" - also Psychiatrie) und 3x in einer anschließenden beziehungsweise auffrischenden psychosomatischen Reha.

Zunächst einmal an alle, die den Begriff "Klapse" beanstanden:
wir, die wir drin waren, können gut mit dem Begriff umgehen und hatten teilweise noch extremere Begriffe hiervon, ohne den Respekt oder die dort angebotene Soforthilfe abwerten zu wollen.

Und jetzt mal zur Antwort:
Da hat Calla83 schon sehr gut geantwortet. Solange du noch den Antrieb zum Sporteln hast und du es nicht als Notwendigkeit oder gar Zwang betrachtest und daran Spaß hast, die Erschöpfung und den Erfolg (oder hin und wieder auch Misserfolg) genießen kannst, kannst du dich damit aus einer beginnenden depressiven Phase gut wieder herausholen. Hierbei helfen dir auch die Botenstoffe / Hormone, die dein Körper bei sportlicher / freudiger Belastung freisetzt.

Bist du aber schon in der depressiven Phase (Spirale) ist es oft nicht so einfach. Dir fehlt die Motivation, du schiebst es vor dir her - irgendwann suchst du dir vielleicht sogar Ausreden. Möglicherweise kommt auch dann selbst die Einsicht, dass es eine Depression oder zumindest depressive Phase sein könnte.

Wenn du dich zu Aktivitäten regelrecht aufraffen musst (sei es Sport, sei es Hausarbeit oder einfach nur Gemeinsamkeiten mit Partner / Freunden), such dir bitte ein beratendes Gespräch mit Fachleuten - das kann unter Umständen sogar der Arzt oder die Ärztin jeder Fachrichtung deines Vertrauens sein.

An dieser Stelle bin ich das eine oder andere Mal gewesen und hab die Signale meiner Seele und meines Körpers von Therapie zu Therapie immer besser erkennen können. Dennoch war ich insgesamt 5x in stationärtherapeutischer Behandlung.

Antidepressiva haben mir dann wieder diesen fehlenden Antrieb gegeben. Bitte bedenke aber, dass es dutzende verschiedener Medikamente gibt. Manche wirken bei Leuten, die genau die gleichen Symptome haben wie du selbst - treiben aber dich selbst möglicherweise in den gegenteiligen Effekt. Daher sollte die Einstellung auf die Medikamente, eventuell sogar eventuelle Rückschritte bei einer ursprünglich verschriebenen Medikation genau beobachtet werden (daher stationär oder zumindest in engmaschiger ambulanter Behandlung).

Andere Medis helfen gut, haben allerdings üble Nebenwirkungen (Gewichtszunahme, Magenverstimmungen, Stimmungsschwankungen um nur einige zu nennen) von denen viele nach ein paar Wochen wieder nachlassen. Irgendwann wird ein depressiver Mensch aber ein gut eingestelltes Medikament erhalten, dass genau diese Rettungsweste ist, dass dich aus dem Abwärtsstrudel wieder an die Oberfläche bringt, auf der du dann mit den in der Therapie erworbenen / erlernten oder aufgefrischten Skills gut im Lebensstrom weiter schwimmen kannst.

Auf jeden Fall, solange die Depression einen nicht lähmt, so dass man u. U. überhaupt nichts machen kann, was mit der Schwere der Depression im Zusammenhang steht.

Auch physische Einschränkungen können ein Hinderungsgrund für aktiven Sport sein.

Man sollte sich aber trotzdem irgendwie fit halten, was durch Fitnessgeräte im häuslichen Bereich auch möglich ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 34 Jahren an Depression und Dysthymia erkrankt.