Jugend in West / Ost?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Die schönen Konsumwelten in der DDR halte ich für eine Fata Morgana.

Die Nachkriegsjugend kritisierte bis in die Sechsziger Jahre erst einmal nur die autoritäre Erziehung der Eltern, wie es seit Jahrhunderten Tradition war. Kritische Fragen zum 3. Reich kamen erst Mitte/Ende der Sechsziger Jahre auf. Da war ich zu klein und meine Eltern schon Mitte zwanzig, Anfang dreizig.

Meine Eltern, die in den tristen Fünfzigern ihre Jugend verlebten, wollten jedenfalls die Welt nicht verändern und interessierten sich, wie die meisten Jugendlich nicht für Politik, eine menschenwürdige Welt oder die deutsche Vergangenheit, sondern wollten nur etwas Spass haben. Meine Mutter bekam alle Freiheiten aus ihrem Elternhaus, mein Vater bekam sie nicht, also nahm er sie sich einfach. Er war aber kein "Rebel without a cause", das waren zu der Zeit die Allerwenigsten, mein Vater jedenfalls hat sich seine Unabhängigkeit hart erarbeitet.

Politisch interessanter für mich waren meine Grosseltern, die noch im Kaiserreich geboren wurden. In irgendwelche Konsumwelten haben die sich nach dem Krieg nicht gerade geflüchtet. Keiner besaß ein Auto, der erste Fernseher kam Mitte/Ende der 60er auf die Anrichte, die sauer verdiente Kohle wurde für Reisen innerhalb Deutschlands, Österreich und der Schweiz verballert.

Mein Großvater väterlicherseits erzählte fast nur Bullshit über das 3. Reich, er war ja schließlich PG mit Mitgliedsnummer unter eine Million. Dafür habe ich ihn in meiner Jugend verachtet, später habe ich ihn gefragt, warum er immer ein kleines Licht blieb und im 3. Reich keine Karriere gemacht hat.

Die Großeltern mütterlicherseits mit sozialdemokratischen/kommunistischem Hintergrund waren da sehr viel ergiebiger. Der sehr umfangreiche Geschichtsunterricht in Sachen 3. Reich hat bei mir viele Fragen offen gelassen, unsere Lehrer aus der 68er Generation hatten das 3. Reich selbst nicht richtig miterlebt.

Durch meine Großeltern mütterlicherseits bekam ich ein gewisses Gefühl vom Alltag im 3. Reich aus der Perspektive der Arbeiterklasse vermittelt, dafür bin ich noch heute dankbar.


dataways  20.11.2017, 12:02

Danke für den Stern!

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Es ist falsch, dass die Elterngeneration in die Konsumwelt geflüchtet ist. Sie hat sich diese Gesellschaft aus dem Trümmerhaufen Deutschland hart erarbeitet.

Die nationalsozialistische Vergangenheit wurde aufgearbeitet. Nicht alle waren Nazis. Wenn alle Nazis gewesen wären, gäbe es kein Deutschland mehr. Man hätte alle Staatsbeamten entlassen müssen. Polizisten, Lehrer, Richter und Justizbeamte. Nichts hätte mehr funktioniert.

All das widerspricht der Mär, das DIE DEUTSCHEN alle Nazis waren.

Für mehr Freiheit hat sich die Generation eingesetzt, die den Krieg erlebt hat. Sie wollte ein vereintes Europa. Nur ein vereintes Europa kann die Kriege zwischen den einzelnen Ländern, wie sie Jahrhunderte stattfanden, verhindern.

Leider ist aus den guten Anfängen eine EU geworden, die wenig Macht besitzt und viel Geld verschlingt.