Jobcenter zwingt mich, als Pfleger zu arbeiten, sonst droht Sanktion. Was tun?


28.01.2021, 08:40

Es handelt sich in meinem Fall um eine Ausbildung zum Pfleger. Habe ich leider vergessen, zu erwähnen. Sorry.

13 Antworten

Da hast Du aber einiges falsch verstanden.

Du kannst auf die üppige Leistung verzichten und gut ist.

Kein JobCenter zwingt Dich, die Leistungen anzunehmen.

Zudem gibt es tausende freie Stellen, bundesweit, die nichts mit der Pflege zu tun haben.

Unser örtliches Krankenhaus bietet 1.300 EUR Azubi-Geld für eine Ausbildung zum Helfer.

Also füttern, waschen, Geschirr wegräumen.

Nichts mit Blut und Spritzen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Wende Dich mal an ene Beratungsstelle für ALG II Empfänger. Du kannst nicht zu einem Beruf gezwungen werden, den Du gar nicht gelernt hast.

Drohen darf der SB auch nicht.


verreisterNutzer  28.01.2021, 08:38

Sorry. Hab ganz vergessen in der Frage zu erwähnen, dass es sich hierbei um Ausbildungen handelt. Ich werde das mal kurz korrigieren.

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Beim letzten Gespräch wurde mir gesagt dass ich mich als Pfleger bewerben muss da dort händeringend nach Leuten gesucht wird und das Jobcenter keine Lust mehr auf mich hat.

Hat man das so Wortwörtlich gesagt?
MÜSSEN tut man sich hier auf nichts Bewerben, auch wenn Pfleger dringend gesucht werden.

kein Blut sehen kann und viel zu viel Angst habe, dass ich einen Patienten versehentlich töte, weil ich ihm falsche Medikamente gegeben oder bei einer Spritze zu viel gespritzt habe.

Wie Agamemnon schon sagte, hat deine AV überhaupt keine berufliche Qualifikation so etwas zu bestimmen bzw. im eigenen Ermessen dir eine Arbeit aufzuzwingen, zu der Psychisch schon mal nicht in der Lage bist. Hier wäre auch erstmal Artikel 1. des deutschen Grundgesetztes zu nennen.

Mein Vermittler hat gesagt, dass der Beruf mir körperlich und psychisch zumutbar ist, dass ich mich Zitat "nicht so anstellen soll" und ich sonst eine Sanktion meines ALG2 erhalten würde wenn ich das Angebot nicht annehme.
  1. Wie gesagt, kann & hat deine AV das nicht zu beurteilen
  2. Du könntest eine Strafanzeige stellen wegen Nötigung. Der Tatbestand wäre hier erfüllt.
Weiß jemand, ob das Jobcenter einem das ALG2 einfach kürzen darf, wenn man Jobangebote nur von einer bestimmten Branche, in meinem Fall Medizin und Pflege, ablehnt?

Jaein.
Grundsätzlich musst oder sollst eher gesagt dafür sorgen, dass du vom JC wegkommst. Allerdings bist du nicht verpflichtet Arbeit anzunehmen, zu der du aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht in der Lage bist.

Das hat dann nicht deine AV zu bestimmen, sondern zum einen der Berufspsychologische, sowie der Medizinische Dienst der Arbeitsagentur.

Du hast auch ein Recht darauf dich ggf. überprüfen zu lassen. BESTEHE (!!!!) auf eine persönliche Begutachtung. Den sonst wird nur nach Aktenlage deiner Ärzte entschieden.

Aber du musst auch Eigenbemühungen erbringen.

Es handelt sich in meinem Fall um eine Ausbildung zum Pfleger. 

Wäre im Normalfall eine 3 Jährige Ausbildung.

Lese dich bitte auch mal hier durch: https://www.hartziv.org/eingliederungsvereinbarung-hartz-iv-ev-nach-15-sgb-ii.html


TeamStoffcouch  28.01.2021, 21:06
Du könntest eine Strafanzeige stellen wegen Nötigung. Der Tatbestand wäre hier erfüllt.

Damit wäre ich sehr vorsichtig... § 240 StGB sagt:

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

Weder eine Sanktion noch das Anbieten einer Arbeit ist verwerflich. Sanktionen sind gesetzlich festgeschrieben und sind erlaubt das wurde höchst richterlich entschieden und das vermitteln von Arbeit ist auch nicht verboten (im gegenteil ...).

Das System erlaubt sowas nicht die stecken doch alle zusammen. Im gegenteil wenns ganz blöd läuft gibts eine Gegenanzeige und alles fällt auf einen zurück.

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Comp4ny  28.01.2021, 21:41
@TeamStoffcouch

Ja vom Prinzip her hast du Recht, dass man vorsichtig sein soll. Aber § 240 Abs. 1 StGB hat hier 2 Abschnitte die du auch zitierst. Und zwar genau 3 Wörter weiter nach "rechtswidrig". Diese Diskussion hatte ich tatsächlich schon häufiger, auch mit Rechtsvertretern ABER auch mit einer Freundin von mir die langjährig beim JC arbeitet und dem zustimmt.

Ich widerspreche absolut nicht dass man sich um Arbeit bemühen muss und auch das Sanktionen nach dem Bundesverfassungsgericht zwar rechtswidrig, aber zulässig sind, in einem gewissen Maße.

 oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung

ist hier nämlich der Knaxus. Vergleichbar mit Hausbesuchen vom JC, wo gerne mal gesagt wird „entweder Sie lassen uns rein, ODER Sie erhalten eine Sanktion”.

Wäre hier rechtswidrig. Auch schon Nötigung wenn man mit empfindlichen Übel droht. Ist halt... schwierig wo man noch sagen kann "ist noch im Rahmen", zumal man das Hausrecht hat usw.

Inkassounternehmen das nächste Beispiel. Streng genommen fast immer Anzeige möglich. Aber abschließend klar, man muss halt immer Abwegen und genau auf den Knaxus achten. Der Grad ist sehr schmal zwischen "noch okay" oder "rechtswidrig".

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TeamStoffcouch  28.01.2021, 22:33
@Comp4ny

Tja leider sind Theorie und Praxis 2 unterschiedliche paar Schuhe.

Das System ist nunmal so aufgebaut das man damit nie durchkommen wird weil dieses "empfindliche Übel" rechtlich leider legitimiert wurde sprich Sanktionen sind gesetzlich festgeschrieben. Aus genau dem selben Grund ist z.b. das einsperren ins Gefängnis keine Freiheitsberaubung und beschlagnahmungen kein Diebstahl. Sie hauen nicht umsonst überall dieses Wörtchen "rechtswidrig" rein weil Dinge die im Gesetz stehen sind nunmal nicht rechtswidrig.

Der erste Schritt wäre also erstmal die Sanktion anzufechten und deren rechtswidrigkeit feststellen zu lassen damit man überhaupt eine minimale Grundlage für die Anzeige hat. Eine Androhung reicht nicht weil der Sachbearbeiter kann ja sagen das er davon ausgeht das es alles nach rechten Dingen läuft => kein Vorsatz. Die sind ja nicht blöd sie schaffen sich immer eine Grundlage um ihr Verhalten zu rechtfertigen.

Weißte ich habe schon öfters was zum Thema Sachbearbeiter anzeigen gelesen aber nie habe ich gelesen das es je mal was geworden ist.

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Kurze Erklärung:

Was das Jobcenter darf:

Sanktionen verhängen, wenn Leistungsempfänger ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, indem sie Termine zum Jobcenter nicht wahrnehmen und sich nicht eigenständig um einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz bemühen.

Was das Jobcenter nicht darf:

Leistungsempfänger bevormunden, ihnen einen bestimmten Beruf aufzwingen und Sanktionen verhängen, obwohl der Leistungsempfänger sich um einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz bemüht und sich sonst an alle Pflichten hält und jeden Termin wahrnimmt.

Lange Erklärung:

Nach Deiner Schilderung würde ich sagen, dass Dein Arbeitsvermittler extrem über die Stränge geschlagen hat. Das Jobcenter darf nicht sagen: "Du wirst Pfleger! Basta!" Das grenzt schon an Nötigung. Die hohe Nachfrage an Pflegepersonal ändert nichts daran. Zwangsarbeit gibt es seit Ende des Nationalsozialismus nicht mehr. Du hast ein Recht darauf, Dir Deinen Beruf frei auszusuchen! Das steht im Grundgesetz unter Artikel 2.

Du hast ein Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung. Das kann Dir keiner nehmen, auch nicht das Jobcenter.

Das Jobcenter darf Dich höchstens sanktionieren, wenn Du gar keine Jobangebote, egal welche Branche, und auch gar keine Bewerbungen schreibst.

Das ist aber bei Dir nicht der Fall, da Du Dich ja um eine Arbeit oder Ausbildung bemühst. Nur halt nicht in der Pflege, was auch völlig in Ordnung ist.

Es ist sogar wichtig, dass Du Dich dagegen wehrst. Einen Job, den man auferzwungen bekommt, führt man sehr viel schlechter aus, als einen Job, den man aus Leidenschaft macht. Zudem führt ein Job, den man aufgezwungen bekommt, schnell zu Depressionen und im schlimmsten Fall sogar zu Burnout und Selbstmordgedanken. Somit wäre niemandem geholfen.

Ja, wir brauchen dringend Pflegepersonal. Wir brauchen aber gutes Pflegepersonal, welches Ihren Beruf aus Leidenschaft ausführt und nicht, weil der Staat es so will. Der Grund, warum viele sich von Beginn an vor der Pflege hüten, ist die schlechte Bezahlung. Wenn Pfleger mehr Geld bekommen würden, wäre der Beruf auch für Einsteiger attraktiver und wenn den Einsteigern der Beruf gefällt und die Bezahlung stimmt, hätten wir das Pflegeproblem im Handumdrehen gelöst.

Da Du in Deiner Frage gesagt hast, dass Du Pflege auf keinen Fall machen willst, weil Du kein Blut sehen kannst und Angst vor schweren Fehlern hast, würde Dir der Beruf nicht mal zusagen, wenn Pfleger 3.000 € Netto verdienen würden. Also ist es völlig falsch, dich in einen Beruf zu stecken, den du aus persönlichen Gründen nicht ausüben willst.

Dein Arbeitsvermittler wollte Dich bestimmt nur unter Druck setzen und hat geblufft.

Sollte er jedoch seine Drohung wahr machen und es kommt ein Brief vom Jobcenter, worin eine Sanktion wegen abgelehnten Jobangebote in der Pflege angekündigt wird, machst Du Dich schnellstmöglich auf dem Weg zum nächsten Rechtsanwalt. Antrag auf Prozesskostenbeihilfe nicht vergessen.

Kannst Du einwandfrei nachweisen, dass Du Dich beworben hast, kann das Jobcenter Dich auch nicht sanktionieren. Dabei spielt es keine Rolle, in welchen Bereichen Du Dich beworben hast.

Bleibe also ganz entspannt, höre nicht auf Deinen Arbeitsvermittler und bleib weiter am Ball mit Deinen Wunschberufen. Sollte vom Arbeitavermittler wiederholt solche Drohungen kommen, solltest Du Dich beim Vorgesetzten beschweren und um eine Zuteilung eines anderen Arbeitvermittlers bitten.

Fazit:

Gib niemals auf. Halte an Deinen Wunschberufen fest und suche aus eigener Kraft nach Alternativen, falls es mit IT oder Mechatronik nicht klappt, und schau, ob Dir die Alternativen gefallen. Wenn nicht, suchst Du einfach weiter.

Wichtig ist aber, dass Du es aus eigener Kraft machst und Dich von niemandem, auch nicht von einer Behörde, zu einen Beruf zwingen lässt, den Du überhaupt nicht ausüben willst, egal, wie es mit Vergütung und Nachfrage aussieht. Das verursacht nur Schaden. Sowohl an Dich, als auch an der Gesellschaft und dem Staat.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Du musst in erster linie alles tun, was zumutbar ist um deine Hilfsbedürftigkeit zu beenden /reduzieren.

Tust du dies nicht verletzt du deine mitwirkungspflichten und Sanktionen sind möglich.

Bewerbe dich auf beides. Das was du willst und auf die Vorschläge des Job Centers. Wenn du eine stelle im IT Mechatronikbereich bekommst wird das jobcenter da aller Voraussicht nichts gegen sagen. Falls doch weil du da zb. weniger verdienst und erstemal weiter hilfsbedürftig bist hättest du aber sehr gute Chancen das eventuelle sanktionen unzulässig wären.

Findest du keine stelle in der von dir angestrebten Branche musst du nehmen was da ist. IT / Mechatronik ist sehr beliebt. Hast du da überhaupt realistische Chancen? Was für einen Schulabschluss hast du?


verreisterNutzer  28.01.2021, 08:41

FORQ

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Stefan1248  28.01.2021, 08:44
@verreisterNutzer

da müsste eine Ausbildung in dem Bereich doch möglich sein oder?

Sprich am besten auch mal mit der Berufsberatung der Agentur für Arbeit

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LouPing  28.01.2021, 18:48
@verreisterNutzer

Ach Dennis, du wieder.

Meld dich doch endlich vom JC ab, dann hast deine Ruhe und die Fallmanager haben mehr Zeit für Leute die wirklich arbeiten wollen.

Zieh DEIN Ding durch, unser Geld brauchst du dazu nicht...

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