Ich bin nichtmehr ich selbst?

1 Antwort

Da ich mittlerweile schon was älter bin, als du, ging es mir leider schon sehr oft so im Leben, das ja auch nicht gerade immer leicht u. unbekümmert ist...

Also die Pupertät dürftest wohl mittlerweile bereits hinter dir haben, oder ? Denn du schreibst ja, dass du in der 7. Klasse wegen der Hänseleien usw. eine Angststörung bekamst, welche aber jetzt wieder besser ist u. du auch in Behandlung bist...

Sicher bekommst du Antidepressiva verschrieben, oder ? Falls ja, hast du am Anfang deiner Behandlung direkt DIESES Medikament bekommen, oder hattest du zuerst mehrere verschiedene nach u. nach getestet, die aber nicht die erwünschte Wirkung brachten? Ich frage danach, weil sich dein Problem nach einer tieferen Depression anhört, aber du nicht das passende Mittel bekommst, da anscheinend auch die Behandlung beim Therapeuten bisher nicht viel oder gar keine Besserung bringt.

Gab es vielleicht einen erkennbaren Auslöser dafür ? Z.B. irgendwelche Veränderungen in deinem gewohnten Lebensumfeld, oder einen geliebten Menschen verloren zu haben, eine schlimme Krankheit bei jemand, der dir sehr wichtig ist, oder eine Trennung vom Partner ?

Jedenfalls ist es sicher nicht bloß einfach eine "Phase", die von selbst wieder vergeht, was ja viele Menschen heute leider immer noch annehmen. Und je nachdem, wie lange du schon die Medikamente bekommst, sind es anscheinend wirklich nicht die richtigen, oder die Dosierung stimmt nicht. Normalerweise dauert es ca. 2 bis 3 Wochen, bis sich ein gewisser Spiegel im Körper aufgebaut hat u. du langsam wieder mehr am Leben teilnehmen kannst. Denn bei Depressionen ist es oft noch schwieriger, die richtigen Wirkstoffe für jeden Einzelnen zu finden, die dann auch genau gegen seine verschiedenen Beschwerden helfen, als sich endlich überwinden zu können, zum Arzt zu gehen...

Jeder Mensch reagiert leider anders auf ein Medikament, als vielleicht 100.000 andere Patienten. Darum müssen die Beipackzettel ja auch so furchtbar lang u. ausführlich geschrieben werden, so dass man gar keine Lust hat, sich alles durchzulesen.

Aber gerade im Bezug auf Nebenwirkungen ist es besonders wichtig, wie auch bei den Bestandteilen.

Ich hatte schon öfters die unterschiedlichsten Antidepressiva, aber keine brachten die erhoffte Wirkung... Natürlich neigen wir dann auch gerne mal dazu, irgendwann aufzugeben u. gar nicht mehr zum Arzt / Psychiater zu gehen, da es einem ja immer noch genauso beschissen geht.

Als ich nach vielen Jahren plötzlich merkte, wieder schlimmere Depressionen zu haben, fragte mein Psychiater doch tatsächlich, welche Tabletten ich denn gerne hätte ! 😂 Weil ich früher bei ihm schon so viele getestet habe, aber nie die richtigen finden konnte. Erst viel später in der Klinik bekam ich schließlich endlich welche, die mir sogar recht schnell halfen. Wie auch jetzt wieder.

Denn ich kenne diese extremen Stimmungsschwankungen von Euphorie - ganz schnell in tiefe Trauer oder auch Selbstmordgedanken zu verfallen, u. das innerhalb von 1 Sekunde auf die andere, ohne dass etwas Besonderes passiert sein muss. Und weil ich keine Lust hatte, meinen Mitmenschen ständig irgendwas vorzulügen u. sowieso viel Ruhe brauchte, habe ich mich komplett zurückgezogen, bis auf den Kontakt zu meinem Partner.

Hast du im privaten Umfeld jemanden, mit dem du über dieses Thema reden kannst ?

Ist ja meistens sehr schwierig, weil jemand, der noch nie selbst betroffen war, sich gar nicht vorstellen kann, wie sich Depressionen anfühlen...

Oft wird man einfach nur als faul bezeichnet, obwohl man selbst unter dieser furchtbaren Antriebslosigkeit am meisten leidet ! Und da man äußerlich keine Verletzungen sieht, können viele Leute heute immer noch nicht akzeptieren, dass es eine Krankheit ist, die man sich ganz bestimmt nicht gewünscht hat...

Ich hoffe jedenfalls, dass du einen Weg findest, wieder ins Leben zurück zu gehen u. dass es dir bald besser geht ! 👍

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Questtionn 
Fragesteller
 13.06.2022, 19:10

Hey. Ersteinmal vielen Dank für deine Ausführliche Antwort! :D ich nehme das Antidepressiva schon seid 1 Jahr. Du hast recht! Wahrscheinlich ist es einfach nicht das richtige Medikament! Ich werde meinen Arzt einmal darauf Ansprechen. Vielen Dank das du auch von dir erzählt hast.
liebe Grüsse 😁

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BrittaSchuld230  14.06.2022, 19:09
@Questtionn

Also 1 Jahr ist wirklich schon extrem lang, u. da verstehe ich deinen Arzt auch überhaupt nicht, dass er nicht mal selbst auf diese Idee gekommen ist... Oder ist es nicht derselbe, bei dem du auch die Therapie machst ? Ich gehe z.B. extra zum Psychiater, der zwar immer nur 15 Minuten Zeit für ein kurzes Gespräch hat u. dann hauptsächlich besprochen wird, wie es mir geht, ob die Dosis noch OK ist, oder sonst was Wichtiges zu bereden. Längere Gespräche macht man dann eher bei einem Psychotherapeuten, der allerdings keine Medikamente verordnen darf.

Aber Gespräche hatte ich im Lauf meines Lebens so unendlich viele, dass ich im Grunde zwar vom Theoretischen her weiß, wo meine Problemen liegen u. wie ich damit umgehen sollte, aber nicht alles auch in die Praxis umsetzen kann. Das ist leider immer das Schwierigste, das in Therapie gelernte anschließend auch im realen Leben umzusetzen...

Na ja, immerhin kann ich heute über Vieles lachen, was ich so alles verbockt habe u. werde oft um meine Gelassenheit beneidet, die ich mir wohl automatisch angeeignet habe, weil ich mich sehr schnell aufrege u. früher oft furchtbar jähzornig war.

Vielleicht wäre ja eine Selbsthilfegruppe ganz gut für dich, weil dort auf jeden Fall Menschen sind, die dich verstehen u. wo du auch ganz offen reden kannst ? Dann fühlt man sich nicht so alleine mit seinen Problemen. Gibt ja mittlerweile für sämtliche Probleme u. Krankheiten solche Gruppen.

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