Homologie?

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Moin,

mit Homologien kannst du Verwandtschaft begründen, mit Analogien nicht.

Das liegt daran, dass homologe Strukturen auf ähnlichen oder gleichen Erbinformationen beruhen. Gleiche (oder ähnliche) Erbinformationen bedeuten nämlich, dass zumindest in diesem Bereich die DNA von verglichenen Lebewesen an dieser Stelle gleich oder ähnlich ist. Das gilt auch, wenn die Strukturen, die du miteinander vergleichst, vollkommen unähnlich sind und / oder eine völlig andere Funktion erfüllen.
Analoge Strukturen beruhen dagegen lediglich auf gleichen oder ähnlichen Lebensräumen, so dass die Strukturen von verglichenen Lebewesen aufgrund eines vergleichbaren Selektionsdrucks in einer ähnlichen ökologischen Nische zu einer gleich aussehenden Struktur mit gleicher Funktion geführt hat. Damit lässt sich dann aber keine Verwandtschaft belegen, weil die Gene, die zur Ausprägung der gleichen Struktur führen, verschieden sein können.

Fazit:
Homologie → gleiche Erbinformation (egal, wie die Struktur aussieht oder funktioniert) → Verwandtschaft
Analogie → gleiche Lebensumstände → ähnlicher Selektionsdruck → gleiche Struktur mit ähnlicher Funktion → aber nicht gleiche Gene → keine Verwandtschaft

Wenn du nun die vier Vögel Kolibri, Nektarvogel, Schwalbe und Mauersegler anschaust, dann erkennst du morphologische Ähnlichkeiten zwischen dem Kolibri und dem Nektarvogel (Schnabelform...) einerseits und dem Mauersegler und der Schwalbe andererseits (Schnabelform, gegabelter Schwanz...).

Darum kommt man auf die Idee, dass Kolibri und Nektarvogel bzw. Mauersegler und Schwalbe miteinander verwandt sein könnten.

Tatsächlich sind aber der Mauersegler und der Kolibri näher miteinander verwandt und der Nektarvogel mit der Schwalbe ebenfalls.

Das zeigt zum Beispiel die DNA-Hybridisierung.

Das bedeutet, dass es Homologien zwischen Kolibri und Mauersegler einerseits sowie Nektarvogel und Schwalbe andererseits geben muss, die deren jeweilige Verwandtschaft belegt.

Die gleichen Körpermerkmale zwischen Kolibri und Nektarvogel bzw. Schwalbe und Mauersegler beruhen dagegen auf Analogien und zeigen keine Verwandtschaft an.

Dass die tatsächlich verwandten Vögel so unterschiedlich aussehen, zeigt, dass es bei der Aufspaltung von Arten zu einer Divergenz kommt (unterschiedliche Erscheinungsformen aufgrund unterschiedlicher Lebensumstände).

Manchmal sind analoge Strukturen so ähnlich, dass sie als Kovergenz bezeichnet werden. Das rührt daher, dass man dann davon ausgeht, dass eine bestimmte Lebensweise durch einen so ähnlichen Selektionsdruck dazu führt, dass im Grunde nur eine optimale Ausprägung von Körperstrukturen vorhanden ist, dass beide betrachteten Arten (die eigentlich nicht miteinander verwandt sind) zu einer Lösung kommen, also konvergent die gleichen Strukturen ausbilden. Auch das kannst du an diesem Beispiel sehen.

LG von der Waterkant

Fangen wir mal bei den Basics an: was sind Homologien und Analogien eigentlich?

Homologien sind ursprungsgleiche Merkmale. Das bedeutet, dass sie auf ein gemeinsames Ur-Merkmal zurückgehen. Sie belegen somit, dass zwei Gruppen von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen, also miteinander verwandt sind. Homologien entstehen durch Auseinanderentwicklung oder Divergenz, also wenn der gemeinsame Vorfahr sich in zwei neue Linien aufspaltet.

Ein Beispiel für eine Homologie sind die Flossen der Wale und die menschliche Hand. Beide haben sich aus der Vordergliedmaße eines gemeinsamen Säugetiervorfahren entwickelt. Beide sind, obwohl sie sehr unterschiedlich aussehen, miteinander verwandt, denn beide gehören zu den Säugetieren.

Von Analogien spricht man, wenn zwei Merkmale einander sehr ähnlich sind, aber unabhängig voneinander entstanden sind. Die Merkmale gehen also auf zwei unterschiedliche Vorfahren zurück und belegen somit keine nähere Verwandtschaft. Analoge Merkmale entstehen durch gleichartige Entwicklung oder Konvergenz. Das bedeutet, dass zwei Evolutionslinien sich voneinander jeweils unabhängig an eine sehr ähnliche ökologische Nische ("Lebensweise") angepasst haben und weil die Anforderungen jeweils die gleichen waren, haben beide Linien quasi die gleiche "Lösung" gefunden.

Ein Beispiel für eine Analogie sind die Grabhände des Maulwurfs und die Grabbeine der Maulwurfsgrille. Der Maulwurf ist ein Säugetier, die Maulwurfsgrille ist jedoch eine Langfühlerschrecke, also ein Insekt. Beide sind also nicht enger miteinander verwandt, die Grabwerkzeuge beider haben sich somit separat voneinander entwickelt. Weil beide aber die gleiche unterirdische Lebensweise führen, ähneln sich die Grabwerkzeuge sehr, denn sie müssen schließlich damit dasselbe tun - Erde weg schaffen und das geht nun mal mit einer breiten, schaufelartigen Vorrichtung am besten.

Wenn man die Verwandtschaftsverhältnisse der Lebewesen untersuchen möchte, muss man natürlich wissen, welche Merkmale homolog sind und welche analog. Wenn man zwei Merkmale für gleichen Ursprungs hält, obwohl sie eigentlich unabhängig voneinander entstanden sind, rekonstruiert man nämlich einen falschen Stammbaum. Um zu prüfen, ob zwei Merkmale homolog sind, helfen uns die drei Homologie-Kriterien nach Remane:

  • Kriterium der Lage: Homologie liegt vor, wenn die einzelnen Teile der Merkmale in einem Lagegefüge zueinander die gleichen Lagebeziehungen haben. Ein Beispiel: der Arm des Menschen und die Flosse der Wale sind homolog, weil die Abfolge der Knochen einem gemeinsamen Muster folgt: erst kommt ein Oberarmknochen, dann zwei Unterarmknochen (Elle und Speiche), Handwurzel-, Hand- und zum Schluss die Fingerknochen.
  • Kriterium der spezifischen Qualität: zwei Merkmale sind homolog, wenn sie den gleichen Feinbau haben. Beispielsweise sind die Placoid-Schuppen der Haie homolog zu unseren Zähnen, weil beide den gleichen Feinbau haben. Sie bestehen aus Zahnbein (Dentin), das eine Pulpahöhle umschließt. In dieser Pulpa sind Nerven und Blutgefäße eingebettet. Überzogen sind beide mit einer Schicht aus Schmelz und beide werden über die gleiche Sorte an Fasern (Sharpey-Fasern) im Bindegewebe verankert.
  • Kriterium der Stetigkeit: zwei Merkmale sind homolog, wenn sie durch fossile Zwischenformen miteinander verbunden sind. Zum Beispiel sind die beiden Gehörknochen Hammer und Amboss der Säugetiere homolog zum primären Kiefergelenk der übrigen Landwirbeltiere. Bei den Säugern wanderte das primäre Kiefergelenk ins Mittelohr, wo die beiden Gehörknochen daraus wurden. Das primäre wurde dann durch ein sekundäres Kiefergelenk ersetzt. Belegen lässt sich das, weil es Fossilien früher Säuger-Vorfahren (den sog. Morganucodontidae) gibt, die beide Kiefergelenke ausgebildet haben.

Kolibris gehören zu den Seglern. In diese Gruppe gehören auch die bei uns heimischen Mauersegler, die man im Sommer in vielen Städten mit ihren ganz charakteristischen Sri-Sri-Sri-Rufen hören kann. Die Rußschwalbe und Nektarvögel sind Singvögel.

Nektarvögel und Kolibris haben beide einen langen Schnabel, mit dem sie Nektar aus Blüten saugen. Der lange Schnabel ist aber das Ergebnis einer konvergenten Evolution, also analog entstanden. Die beiden sind somit nicht näher verwandt. Der Kolibri ist mit dem Mauersegler enger verwandt als mit dem Nektarvogel, der wiederum mit der Schwalbe enger verwandt ist als mit dem Kolibri. Auch Mauersegler und Rußschealbe sehen sich sehr ähnlich, sind aber ebenfalls nicht enger verwandt. Ihre Ähnlichkeit beruht gleichfalls auf konvergenter Evolution. Weil sie die gleiche Lebensweise führen (Insekten im Flug aus der Luft fangen), haben sie ähnliche Anpassungen entwickelt wie schmale Flügel und einen gegabelten Schwanz, sodass sie besonders wendig sind.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig