Meinung des Tages: Mehr Geld für die NATO - wie steht Ihr dazu?

17 Antworten

Ein Grund, warum wir in Deutschland schon so lange in Frieden und Sicherheit leben, ist meiner Ansicht nach, dass wir den großen Bruder USA im Rücken haben.

Wenn man das nicht sieht und meint, das läge nur an unserer eigenen neuerlichen Gutheit und Friedfertigkeit, ist man hochgradig naiv oder lügt sich selbst in die Tasche.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es von den Supermächten nicht erwünscht, dass Deutschland wieder zu einer Militärmacht wird, weshalb wir uns weder selbst verteidigen mussten noch durften.

Wir befanden uns lange Zeit unter so einer Art Glasglocke, was bei großen Teilen der Bevölkerung auch zu einer gewissen naiven Unbeschwertheit und dem Irrglauben geführt hat, ein Staat wie Deutschland könne nahezu völlig auf eine funktionierende und einsatzbereite Armee verzichten.

Wir waren wie unmündige Kinder, die sich in absoluter Sicherheit wiegen, weil sie im Hintergrund von ihren allseits präsenten Eltern rund um die Uhr fürsorglich belagert, abgeschirmt, kontrolliert und beschützt werden und daher gar nicht auf die Idee kommen, dass die Welt da draußen auch gefährlich, widersprüchlich und kompliziert sein kann

Und ich gehe sogar so weit, dass diese ablehnende Haltung vieler Deutscher in den Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg gegen alles, was nur im entferntesten mit Militär zu tun hat, ganz gezielt und bewusst befördert wurde, weil man Deutschland und die Deutschen m Ausland eben lange Zeit immer noch als unberechenbar und als eine potentielle Bedrohung für die eigenen Sicherheit betrachtet hat.

Jetzt soll diese über ein halbes Jahrhundert gewachsene Generation der (mehr oder weniger) Pazifisten urplötzlich mal schnell zu Befürwortern von hohen Rüstungsausgaben, zunehmenden Militäreinsätzen, Waffenexporten und dem begeisterten Dienst an der Waffe umerzogen werden.

Kein Wunder, dass das nicht so einfach funktioniert und sich in der Bevölkerung dagegen wachsender Widerstand regt. Denn es stellt ja alles in Frage, was wir seit Jahrzehnten fast schon mit dem Holzhammer immer wieder eingetrichtert bekamen und fast schon zu unserer Identität wurde.

Ich gehöre ja selbst dieser Generation an und würde nur zu gerne weiter in dieser Blase leben, in der man sich nicht schuldig machen kann, keinerlei Verantwortung übernehmen oder eigene unliebsame Entscheidungen treffen muss, weil das ja andere für einen tun. Und in der ich mich dann weiterhin in meiner kompromisslos friedfertigen Haltung guten Gewissens wohlfühlen kann.

Ich werde die Welt auch zukünftig niemals so einfach in Schwarz und Weiss, Gut und Böse, Falsch und Richtig einteilen. Und ich betrachte die NATO bzw. unseren mächtigsten Verbündeten, die Militärmacht USA, mit ihrer teilweise sehr unrühmlichen Geschichte auch keineswegs unkritisch. (Man denke dabei zum Beispiel nur Mal an den Irak-Krieg, Vietnam, , Hiroshima und Nagasaki...)

Mir macht es auch durchaus Bauchschmerzen, in was wir da womöglich zukünftig noch so alles hineingezogen werden könnten.

Und inwiefern es für uns als Staat, der nun mal keine Supermacht ist und dessen Möglichkeiten der politischen Einflussnahme, Mitspracherecht und Entscheidungsfreiheit viel begrenzter sind, als es sich so mancher hier vorstellen mag, noch gelingen wird, unsere eigenen moralischen Grenzen und Wertvorstellungen nicht zu überschreiten und gegebenenfalls (wie damals beim Irak-Krieg) auch Mal ein deutliches "Nein!" auszusprechen.

Ich habe zu wenig Ahnung und Einblick, um einschätzen zu können, inwieweit uns die Verbesserung unserer eigenen Wehrfähigkeit auch dabei helfen könnte, uns etwas unabhängiger von außen zu machen und uns auch Mal ganz eigene Positionen und Lösungsansätze zu globalen Themen leisten zu können? Ich fürchte aber leider, das dem nicht so ist und unsere Abhängigkeit dadurch nicht abnehmen wird.

Zumal es ja auch unter unseren europäischen Partnern häufig sehr unterschiedliche Ansichten zu bestimmen globalen bzw politisch -militärischen Fragen gibt und man auch da auf einen gemeinsamen Nenner kommen und Kompromisse schließen muss.

Fakt ist für mich aber, dass wir als Deutschland allein ein ziemlich kleines Licht sind und so oder so, wie viele andere Länder auf diesem Globus auch, gar keine andere Wahl haben, als uns mit anderen, Stärkeren und Mächtigeren, zusammen zu tun, um auf Dauer zu überleben und unsere Sicherheit zu gewährleisten.. Ob einem das nun im Einzelnen immer gefallen mag oder nicht

Und wenn wir nun mal Teil eines solchen Militärbündnisses sind und somit auch selbst von dessen Schutz profitieren, wird von uns natürlich auch erwartet, dass wir unseren Beitrag leisten. So wie andere ja auch.

Ich finde das alles auch weder angenehm noch entspricht es dem, was ich mir erträume und wünsche.

Ich würde auch viel lieber völlig unbeschwert als ewiges Kind in einem harmonischen friedlichen Bullerbü leben.

Und jeder Cent, der in Tötungsmachinen investiert wird, statt das Leid auf dieser Welt damit zu lindern, tut mir persönlich weh.

Bisher habe ich nur leider noch keine wirklich realisierbare Antwort darauf gehört, wie man in dieser hochkomplexen und von der ständigen unberechenbaren Konkurrenz verfeindeter Mächte geprägten Welt, in der (wie schon vor Jahrtausenden) erbittert um wirtschaftliche, militärische, ideologische, territoriale und politische Vorherrschaft gekämpft wird, diese teuflische Spirale der Gewalt verlassen und sich frei davon den eigentlich wichtigeren Themen der Menschheit widmen kann.

anonym200886  18.06.2023, 16:49

klar sind wir im frieden weil wir eine großmacht im rücken haben. niemand möchte sich mit solch einer großmacht anlegen. aber nur weil wir durch die usa im frieden sind heist es nicht dass sie FÜR uns arbeiten.

wer hat die pipeline gesprängt? es waren nicht die russen! für putin und seine narren ist es unnütz die eigene druckwaffe zu zerstören!

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Campeona  18.06.2023, 23:05
@anonym200886

Für die USA sind wir (bzw die EU) nicht nur Verbündete, sondern eben auch wirtschaftliche Konkurrenten.

Ich sehe das alles keineswegs blauäugig.

Momentan verschieben sich sowieso zunehmend die Machtverhältnisse in der Welt und die Karten werden immer wieder neu gemischt.

Es erscheinen teilweise ganz neue Player auf der Bildfläche, denen man früher gar keine Bedeutung beimaß.

Ob das zu weniger oder sogar mehr Kriegen und Konflikten führen wird, ist fraglich. Auf jeden Fall wird sich die Weltordnung dadurch verändern und es werden neue Bündnisse entstehen.

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Ich finde es wichtig, dass Europa gemeinsam militärisch unabhängig von den Amerikanern wird. Wenn das erreicht werden würde, wären wir wieder in der Lage, unsere Werte zu vertreten und würden keinen Julian Assange mehr ausliefern sondern amerikanische Kriegsverbrecher der Justiz zukommen lassen. Einen modernen, europäischen Geheimdienst zu haben, wäre auch toll, um besser zu durchschauen, was für Spiele die Großmächte spielen. Wir sollten bei uns keine amerikanischen, russischen oder chinesischen Truppen oder Atombomben haben sondern eigene.

lathuille  19.06.2023, 10:05

... das sehe ich auch so, aber wie könnte der weg dahin aussehen? dazu bräuchte man eine extrem langfristige vision. dazu fehlt es meiner ansicht nach den verschiedenen regierungen an mut, motivation und auch willen.

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Harpunier  20.06.2023, 08:35
@lathuille

Ich wüsste gerne eine Antwort darauf und denke auch, dass unsere Regierungungen froh sind, kein riesiges Budget ins Militär stecken zu müssen.

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Geld alleine nützt nicht viel, das Geld muss sinnvoll angelegt werden.

Leider geht überall wo die Politik mitmischt sehr viel verloren durch Bürokratie und unfähige Beamte. Da müsste man mal ansetzen.

Außerdem wird Geld ausgegeben das eigentlich unnötig ist. So habe ich mich gewundert warum Kasernen durch private Wachdienste geschützt werden müssen, zu meiner Zeit mussten noch die Soldaten das selber machen.

Dass eine erhebliche materielle Aufrüstung notwendig ist, das ist aber selbstverständlich.

74iger  17.06.2023, 09:09

1969-1971 haben wir uns selber bewacht und waren noch Soldaten (u.a. auch Übungen gegen Vietnam Reservisten) und schwimmen (30min) war Pflicht, heute reicht spazieren im Regen

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Da aber das ewige Wachstum auch ein Ende haben kann, oder schon bald hat, muessten diese 2 % faktisch immer daran angepasst werden und somit ergeben sich ohnehin Schwankungen. Was sollte aber damit erreicht werden, Scholz sprach von der stärksten BW, die dann in Europa West führend sein sollte nach seinem Wumms mit 100 Milliarden Euro.

Die Kehrseite dieser Politik wird aber, durch diese Bedrohung Erhöhung, automatisch eher den Einsatz von A Waffen in Erwägung ziehen, sollte es einen Ernstfall geben, das wurde natuerlich dabei nicht in Betracht gezogen.

Jeder weiterer Euro ist ein Verlust auf der sozialen Ebene, diese Tatsache scheint niemand dabei in Betracht zu ziehen, denn jede neue Waffe ist vom Anfang an nur ein Kostenfaktor und somit eigentlich nur Schrott nach einer bestimmten Zeit.

Der "Kalte Krieg" hat wieder einen neuen Höchststand, wer denn schon vergessen hat, wird bald daran erinnert, was der bedeutet?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Bluemie  16.06.2023, 13:51

Für die Russen war der Kalte Krieg niemals beendet.

Nur wir im Westen waren so doof, das zu glauben und setzten auf solchen Blödsinn wie "Wandel durch Handel".

Durch den brutalen Vernichtungskrieg in der Ukraine wurden uns nun wieder die Augen geöffnet.

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Die derzeitige Situation zeigt ja (leider), wie notwendig das ist.

Nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Nato muß aufgerüstet werden - daran geht kein Weg vorbei.

Allerdings: Viel Geld geht überflüssigerweise durch die Bürokratie verloren. Hier muß dringend angesetzt werden - es gibt viele überflüssige Bereiche, in denen das Geld eingespart und sinnvoll dafür ausgegeben werden sollte, wofür es auch gedacht ist.

Mir wäre es auch lieber, wenn das Geld in andere humanitäre Bereiche investiert werden könnte. Aber derzeit ist es eben nicht so möglich, wie ich es gerne hätte.