Hilft und bringt mir ein Selbstverteidigungskurs wirklich was?

10 Antworten

Moin,

erstmal: Das ist wirklich nicht schön, was dir passiert ist, aber leider sind solche Geschehnisse Teil unseres Lebens und es ist auf jeden Fall eine gute Idee, seine eigene Wehrhaftigkeit zu verbessern.

Zu deiner Frage:

Ein 3-(oder X-)Stundenkurs in Selbstverteidigung wird dir in der Regel wenig bringen. Einzige Ausnahme: Wenn der Kurs nicht einzelne "Tricks" gegen bestimmte Angriffe vermittelt, sondern grundsätzliche Taktische Fertigkeiten (kluges Verhalten im öffentlichen Raum, Erkennung potenzieller Gefahren, Taktische Positionierung etc.) und eine (!) einfache und Stressresistente Erstschlagstechnik.

Grundsätzlich ist aber regelmäßiges Training die bessere Wahl. Ideal sind Selbstverteidigungssysteme wie Krav Maga oder Alpha Combat System, bei den reinen Kampfsportarten wären Boxen oder Brazilian Jiu-Jitsu zu empfehlen. Von Kung Fu, Karate, etc. würde ich abraten. Da wird (in der Regel) zuviel Zeug trainiert, das mit Kämpfen nichts zu tun hat (deswegen sind es natürlich trotzdem tolle Sportarten, die einem viel für´s Leben bringen können, aber hier geht es ja ganz konkret um den Bezug zur Selbstverteidigung).

Ich hoffe, ich konnte helfen und du musst so was nicht nochmal erleben.

Beste Grüße

Mario

Lass mich dir dazu eine Anekdote aus meiner ehemaligen Karate-Schule erzählen:

Es war einmal vor gar nicht langer Zeit eine Frau, die Opfer einer Vergewaltigung wurde. Sie wusste nicht wie man sich wehren könnte. Nachdem sie dieses Erlebnis verarbeitet hatte, besuchte sie die Karate-Schule und nach langen Jahren des Trainings legte sie erfolgreich die Prüfung für den schwarzen Gurt ab.

Nicht lange danach wurde sie wieder vergewaltigt und wehrte sich dieses Mal nicht weil sie Angst hatte den Täter dabei zu töten...

Ob und ob nicht kommt also immer auf die eigene Einstellung an. Manche haben solche Angst sich zu wehren dass sie dies trotz erworbenem Wissens nicht machen, andere haben gerade wegen diesem Wissen Angst und wieder andere können sich auch ohne dieses Wissen großartig zur Wehr setzen.

Die innere Einstellung dich zu wehren, verschafft dir kein Kampfsport und kein Selbstverteidigungskurs und Flucht ist nach wie vor die beste Überlebensstrategie.

Wenn du dir in dieser Hinsicht unsicher bist, empfehle ich dir Aikido. Das ist eine japanische Kunst der Selbstverteidigung die mit Griffen und Würfen arbeitet und in der es an sich keine Angriffe gibt. Da die Kraft des Gegners gegen ihn verwendet wird, kann man ohne entsprechendem Angriff nicht viel machen.

Einige Schulen kombinieren die Griffe und Würfe auch mit Schwert- und Stocktechniken, zwar auch mit dem Hintergedanken der Selbstverteidigung, aber mit einem Stock zuzuschlagen tut meist mehr weh als wenn man ohne Hintergrundwissen zum Beispiel boxen würde.


Shiranam  25.09.2019, 19:36

Hmm. Damit möchtest Du ausdrücken, dass sich Aikido gut eignet und Karate schlecht dazu eignet, die richtige Geisteshaltung zu finden?

Ist die Geschichte mit der Frau wirklich passiert? Hat sie in ihrer Karate-Schule wirklich nicht mehr gelernt, als körperliche Techniken? Wenn diese Frau 5 Jahre in der Aikido-Schule trainiert hätte, wäre es dann anders ausgegangen?

Fragen über Fragen... Ich finde, dass Du ein solches pauschales Urteil nicht fällen solltest da Du damit sämtliche Karateschulen in den Dreck ziehst.

Allein die Passage darüber, dass Aikido die Kraft des Gegners gehen ihn nutzt, zeigt, dass Du Dich mit anderen Kampfkünsten, außer Aikido, nicht eingehend beschäftigt hast. Im Gojo Ryu Karate und im Wing Chun wird ebenso die Kraft des Gegners gegen ihn verwendet. Ich habe es gesehen und ich habe es erfahren. Und alleine aus der Tatsache, das es schon bei drei mir bekannten Kampfkünsten so ist, kann ich schließen, dass dies KEIN Alleinstellungsmerkmal des Aikido ist. Sicherlich nutzen das noch mehrere, die ich nicht so genau kenne.

Es ist daher unsinnig, alles, außer Aikido von vornherein abzulehnen.

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Andrastor  25.09.2019, 19:49
@Shiranam

Du solltest genauer lesen lernen:

...aus meiner ehemaligen Karate-Schule...

Womit ich geklärt habe dass ich selbst lange Zeit Karate trainiert habe. Shotokan-Karate um genau zu sein.

Und auch wenn es beim Karate die eine oder andere Technik gibt, welche die Kraft des Gegners gegen ihn verwendet, so ist die Grundphilosophie von Karate eine völlig andere.

Beim Shotokan-Karate war/ist die Philosophie dass der erste Angriff den Kampf beendet. Laut unserem Großmeister (dem Kampf-Gummibärchen welches das Shotokan-Karate nach Österreich brachte) ist die eigentliche Philosophie "mit dem ersten Schlag töten". Er hat das dann im Laufe der Zeit ein wenig abgeschwächt.

Die Philosophie beim Aikido hingegen ist: "Bring den Gegner in eine Lage in der er dir entweder nicht mehr schaden kann oder die Lust daran verliert dir zu schaden."

Ich sage nicht dass es bei dieser erwähnten Frau (ist eine wahre Geschichte) mit Aikido anders gewesen wäre, denn ich erwähnte bereits weiter oben:

Ob und ob nicht kommt also immer auf die eigene Einstellung an.

und

Die innere Einstellung dich zu wehren, verschafft dir kein Kampfsport und kein Selbstverteidigungskurs...

Aber es ist ein Unterschied ob du jemandem eine Schusswaffe in die Hand drückst und sagst "wehre dich falls nötig", oder einen Ritter-Schild mit derselben Anweisung. Den Schild zu heben, überwindet man sich leichter als auf jemanden zu schießen.

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CSANecromancer  25.09.2019, 20:12
@Andrastor

Nur damit es nicht untergeht:

Die innere Einstellung dich zu wehren, verschafft dir kein Kampfsport und kein Selbstverteidigungskurs...

Leider lässt sich die Schrift nicht noch größer machen. Das oben stehende ist nach meiner Erfahrung (mittlerweile etwas mehr als 30 Jahre) der alles entscheidende Punkt.

Du kannst die tollsten, tödlichsten Techniken erlernt haben - wenn du nie gelernt hast, sie auch real anzuwenden - nicht theoretisch, kein "wenn...dann würde ich" sondern richtig echt und real - dann wirst du dich auch nie wehren können.

Und bei der Erwähnung kommen dann normalerweise immer die Superkiller aus den Löchern gekrochen: "Ja, aber ich kann ja gar nicht die richtige Anwendung der Technik trainieren, weil sie toootal super-tödlich ist..."

Nach meinem Dafürhalten ist das kompletter Bullsh*t. Wenn jemand in der Lage ist, eine so gefährliche Technik real einzusetzen, dass sie möglicherweise zum Ableben des Gegenübers führen kann, dann hat er auch gelernt, sie so anzuwenden, dass sie nicht tödlich ist. Das schliesst auch Hebel am Hals, Angriffe auf Atemipunkte und diverse andere Sachen mit ein.

Alles andere ist Wunschdenken und Fantasy.

Kurz und gut: Das obige Zitat kann ich vollumfänglich unterschreiben.

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Andrastor  25.09.2019, 20:28
@CSANecromancer

Klar geht die Schrift noch größer:

Die innere Einstellung dich zu wehren, verschafft dir kein Kampfsport und kein Selbstverteidigungskurs...

Aber eben nur als Überschrift und nicht als Zitat ;)

dann hat er auch gelernt, sie so anzuwenden, dass sie nicht tödlich ist

Da muss ich leider widersprechen. Es gibt Menschen denen fehlt es an der nötigen Selbstbeherrschung um eine tödliche Technik so anzuwenden dass sie nicht tödlich endet.

Einen solchen Fall hatte ich in meiner Karate-Schule. Dieser Mensch war einfach nicht in der Lage auch nur das geringste Maß an Selbstdisziplin im Sinne von Selbstbeherrschung aufzubringen. Er hat sich selbst bei einer einfachen Übung etwas gebrochen und wurde der Karate-Schule verwiesen nachdem er einen Mitschüler krankenhausreif geschlagen hat weil ihm dieser laut eigenen Angaben auf die Nerven gegangen wäre.

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Shiranam  25.09.2019, 21:21
@CSANecromancer

Das kann ich auch unterschreiben. Das ist bei mir nicht untergegangen, sondern dem stimme ich voll zu. Dagegen würde ich nie etwas schreiben!

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Shiranam  25.09.2019, 21:57
@Andrastor

Du hast KARATE geschrieben und nicht Shotokan Karate. Mit Karate sind ALLE Karatestile gemeint. Ich habe nur mal kurz in Goju Ryu Karate reingeschnuppert und mit das Erste, was mir die Trainerin zeigte, war, dass Goju Ryu Karate die Kraft des Gegners gegen ihn nutzt, ähnlich, wie beim Wing Tsun, das ich insgesamt 13 Jahre trainierte.

Mein ehemaliger Wing Tsun SiFu hat uns Schülern auch jahrelang von der Einzigartigkeit unseres 3.Kraftprinzips im Wing Tsun ("Nutze die Kraft des Gegners gegen ihn") erzählt. Er hatte auch vorher jahrelang Shotokan Karate trainiert. Diese Einzigartigkeit ist Einbildung! Mein SiFu hatte Unrecht. Ich habe es doch selbst erfahren dürfen!

Deshalb meine ich, auch wenn Du jahrelang Shotokan Karate trainiert hast, kannst Du nicht für ALLE Karate-Stile und alle Karate-Schulen sprechen, denn Du kennst sie vielleicht nicht alle.

Ich trainiere nun Jiu Jitsu. Auch mein jetziger Trainer erzählte mir gleich in einer der ersten Stunden davon, dass JiuJitsu die Kraft des Gegners gegen ihn nutzt. Das sei das faszinierende am JiuJitsu. Er hat es zwar nicht gesagt, aber auch er hielt es offensichtlich für ein Alleinstellungsmerkmal des JiuJitsu. Da Aikido ja aus dem JiuJitsu abstammt (ja, ich weiß, im Aikido wird das andersrum gelehrt😉) enthält es das Element natürlich auch. Es macht Sinn, dass das Aikido und Karate dieselben Wurzeln (JiuJitsu) haben sollen, denn sonst gäbe es ja kein dem Aikido so ähnliches Karate, wie das Goju Ryu Karate.

...

Ich meine genau das, was Du AUCH geschrieben hast: Es kommt auf die innere Einstellung an! Meiner Meinung nach kommt es fast ausschließlich darauf an. Ob ich mich mit JiuJitsu, Wing Chun, Goju Ryu Karate oder Aikido verteidige, ist nebensächlich.

Wenn Vermeidung (durch Ausstrahlung, Nicht-Dasein, Flucht) und Deeskalation im Notwehrfall nicht möglich ist, muss man sich wehren WOLLEN. Man sollte wissen, wann man körperlich kämpfen muss. Das war das Hauptaugenmerk meiner vier Jahre an der Selbstverteidigungsschule, die auf der Basis von Wing Tsun und Krav Maga unterrichtete. Ein 10-Tage Kurs hilft da wenig.

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Vielleicht ja - vielleicht nein. Warum lernst Du nicht, für Dich selbst einzustehen? Du bist nicht schwach! Rede es Dir doch erst gar nicht ein! So wirst Du nie überzeugend rüberkommen. Wenn der mir begegnet wäre, hätte er es nicht überlebt. Und ich habe nie einen Selbstverteidigungskurs gemacht. Ich bin einfach selbstbewusst geworden. Und da wird mir keiner an die Wäsche gehen oder anderes! Also stell Dich nicht als fragiles Dummchen dar, sondern steh Deinen inneren Mann! Du bist dem ebenbürtig. Du musst eben nur VOR ihm agieren und nicht, wenn's schon zu spät ist! 😉


Rottx1512  26.09.2019, 09:51

Tut mir leid das zu schreiben, aber deiner Denkweise nach könnte jeder jeden besiegen nur weil er selbstbewusst ist. Schön dass du so viel Selbstwertgefühl besitzt, aber hast du das auch noch wenn dir ein breiter 2,10 Typ an die Wäsche will? Genauso wie die Aussage "warum lernst du nicht, für dich selbst einzustehen?", genau das verstehen viele Leute in der heutigen Zeit nicht. Es gibt nunmal Menschen mit geringen Selbstwertgefühl, sei es durch psychische Krankheiten oder Mobbing, das ist einfach so. Und da bringt es auch nichts denen zu sagen, dass sie anders auftreten sollen.

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AriZona04  27.09.2019, 10:00
@Rottx1512

Ich denke doch. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns alle in ein Mauseloch verkriechen und uns selbst bemitleiden können - ja! Kein Problem. Das schafft wohl jeder. Genau so bin ich davon überzeugt, dass jeder es auch lernen kann, aus dem Mauseloch herauszukriechen, sich aufzurichten und zu sagen: Ich bin auch da! Wir lernen es nur nicht. Es hat kaum jemand was davon, wenn alle aus dem Loch herauskommen. Außer wir selbst. Also muss jeder das selbst anpacken - ob er nun gemobbt wurde oder nicht. Dann muss auch keiner mehr im Loch verschwinden. Ja, auch einen 2-Meter Schrank würde ich umpusten. Und red Du mir nichts anderes ein. Ich bin stark - wenn nicht mit Muskeln, dann emotional. Und dann winselt der 2-Meter-Mann am Ende. Nicht ich!

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Sehr bedingt!

Ich habe 12 Jahre lang Jiu-Jitsu (Selbstverteidigung) gemacht. Zum Einen würde ich dir nur zu einem Grundkurs raten, da wir 12 Jahre im Grunde immer dasselbe gemacht haben, was du eigentlich nach ein paar Trainingseinheiten schon raus haben solltest.

Zum anderen muss ich sagen, dass ich mich durch diese 12 Jahre weiterhin nicht wie der stärkste Typ der Welt fühle, insbesondere gegenüber körperlich überlegenen Leuten.

Ich würde dir eher dazu raten, einfach zuzuschlagen (am besten wohin, wo's wehtut), denn dieses ganze Hebel-Zeug ist meiner Meinung nach nicht der way to go.

Woher ich das weiß:Hobby

jackjack1995 
Fragesteller
 25.09.2019, 19:54

Und was ist, wenn der mich festhält und sein Handgriff sitzt? Wären die ganzen Leute in der Bahn mir nicht zur Hilfe geeilt, der hätte wer weiß was mit mir angestellt. Der war total wütend darüber, dass ich so viele Menschen um mich herum hatte, die mich beschützten. Wie hätte ich mich in so einer Situation wehren sollen, wenn er mich festhalten würde und sein Handgriff sitzt? Ich kann mir nämlich gut vorstellen, so wie der drauf war, der hätte nicht nur meine Arme und Hände, sondern auch noch meine Beine und Füße festgehalten.

Wie soll man sich da wehren können? Ich bin nicht gerade stark.

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Ich habe mal einen Kurs gemacht. Der hieß: "Selbstbewusstes Auftreten für Frauen". Da war ganz bewusst auch Selbstverteidigung dabei. Weil das Wissen darüber, dass man sich verteidigen kann automatisch selbstbewusster macht. Dieses Selbstbewusstsein und das Körpertraining der Selbstverteidigung führt automatisch zu einer aufrechten Körperhaltung. Diese selbstbewusste Körperhaltung signalisiert dem Gegenüber: "Mit mir kannst du das nicht machen!" Du kommst durch deine Körpersprache automatisch aus der Opferrolle raus. So wurde uns in dem Kurs erklärt, warum Selbstverteidigung dazu gehörte und wichtig ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung