Heimunterbringung, was bedeutet das für uns?
Hallo,
Mein Stiefsohn (15) wohnt seit einem Jahr bei uns zu Hause. Aufgrund seiner schwierigen Vorgeschichte mit seiner Mutter, hat er bis letztes Jahr bei meiner Schwiegermutter gelebt. Seit er bei uns ist hat sich sein Verhalten sehr verschlechtert.
Zu Anfang war er sehr freundlich und hilfsbereit in jeder Hinsicht, liebenswert im Umgang mit seiner Schwester (6), hat sich gut in der neuen Schule eingefunden und und und.
Plötzlich fing er an zu schwänzen, hielt sich nicht an Absprachen und beklaute uns. Später haben wir auch bemerkt, dass er regelmäßig kifft. Es gab schon mehrere Gespräche mit dem Jugendamt und jetzt ist er von der Schule suspendiert, weil er ein Messer nach einem Mitschüler geworfen hat.
Wir wissen nicht mehr weiter und auch das Jugendamt hat ihm erklärt dass bald eine andere Unterbringung gesucht werden muss, wenn sein Fehlverhalten weiter geht.
Was bedeutet das für uns? Wird ein Heimplatz für ihn gesucht? Bezahlen wir diesen aus eigener Tasche? Wird er weiter weg seien, kann man ihn noch besuchen?
2 Antworten
Mir scheint, der Junge ist bereits mehrfach traumatisiert und konnte so keine tragfähigen Wurzeln aufbauen. Man könnte sein Verhalten auch als Hilferuf sehen.
Dass er über Drohungen auf den "richtigen" Weg gebracht werden soll, ist zwar verständlich, doch aussichtslos.
Er braucht eine Traumatherapie, um überhaupt in das in ihm angelegte sozial-emotionale Potenzial zurückzufinden.
Als erste Maßnahme könntest du mal eine "Familienaufstellung" oder heute auch "Systemische Aufstellung" genannt, besuchen. Da kämen einige Zusammenhänge und Lösungsansätze ans Licht, an die bisher niemand gedacht hat.
Alles Gute...
Als Erwachsene kann man die Hinweise des Jugendamtes natürlich positiv als Aufzeigen von möglichen Konsequenzen deuten, doch als Betroffener ist es vielleicht doch eine Drohung.
Wenn du selbst Erzieherin bist fühle dich mal in die Psyche eines Jungen ein, der mitbekommt, wie lieblos seine Mutter, die er trotz allem liebt, mit ihm umgegangen ist. Da ist es schwer eine Stiefmutter zu haben, die es "besser" macht und damit einen schmerzhaften Loyalitätskonflikt bei ihm auslöst.
Dass er Therapien ablehnt ist verständlich. Er ist ja genug enttäuscht worden. Auch sein passiver Verhalten bei Familienhelfern ist verständlich.
Leider hat der Spruch "Wer in der Verletzung bleibt, ist nicht zu retten" eine ziemlich hohe Wahrheit. Ob er auch für Kinder zutrifft mag ich zumindest erstmal in Frage stellen.
Da er und du mit deinem Mann in einem System lebt wäre sinnvoll, dass ihr das System, das auch auf deinen Stiesohn wirkt, positiv verändert wird. Das wäre dein möglicher Beitrag und auch der deines Mannes zur Linderung oder gar Lösung des Problems. Du bist bewusst genug, aber dein Mann ist im Moment auch keine Kraftquelle für seinen Sohn. Das könnte in einer Familienaufstellung repariert werden.
Eine Wohngruppe wäre kaum die beste Lösung, denn er würde seine Probleme, die er wie einen Rucksack mit sich trägt, mit hineinnehmen, was Probleme mit den Mitbewohnern einladen würde.
Schade, dass ihr das Thema "Versagen" mit einbringt. Ihr habt nicht versagt, sondern seid vom Leben innerhalb eines Prozesses, der euch alle überstgeigt, in den Dienst genommen. Stimmt dem zu und lernt, dem Leben zu vertrauen.
Weitere Möglichkeiten zur Heilung für den Jungen kann ich dir öffentlich nicht nennen. Ich bin aber sicher, dass es sie gibt.
Er hat keinerlei Beziehung zu seiner Mutter, die ihn vernachlässigt hat, er ist mit 2 Monaten von ihr weg und möchte sie auch nicht in seinem Leben haben, sagt er.
Wir werden aber weiter alles versuchen, um eine Lösung zu finden.
Ich bin sicher dass sich die gute Lösung bald zeigen wird. Was ich dazu beitragen konnte habe ich gerne getan.
Alles Gute…
Ich kann euch sagen, dass der Heim Platz in der Regel weit weg ist. Aus dem gewohnten Umfeld raus, damit auch der schlechte Umgang "aus den Augen" ist. Und das Jugendamt sucht diesen Platz. Ob und was es euch kostet, weiß ich nicht. Ich hatte lediglich Kontakt zu den Heimkindern.
Drohungen wurden weder von uns noch vom Jugendamt ausgesprochen, es war lediglich ein Aufzeigen von Konsequenzen, die auf ihn zukommen könnten und das Jugendamt hat auch immer wieder betont, dass sie das nicht möchten, da sie ja auch keine Instanz sind, die Kinder nur aus ihren Familien reißen wollen.
Ich bin selbst Erzieherin und habe mit ihm zahlreiche Gespräche geführt, bin auf ihn eingegangen, habe keinerlei Vorwürfe erhoben, ihm erklärt wie wir uns fühlen und habe versucht ihn zu animieren, seine Gefühle auszusprechen.
Therapien lehnt er vehement ab, will keinem Fremden erzählen, wie er sich fühlt. Generell ist in seinem alten zu Hause viel schief gelaufen mit dem dortigen Jugendamt und er vertraut keiner Instanz mehr, die irgendwie auch nur im entferntesten Etwas damit zu tun haben...
Wir würden ihm so gerne helfen, aber er blockt alles ab. Termine mit einem Familienhelfer vermeidet er und haut vorher einfach ab. Wenn wir ihm den genauen Zeitpunkt nicht mitteilen und er dann bei diesen Gesprächen dabei ist, sagt er nichts, außer "Ja" und "Nein" und ein gelegentliches Schulterzucken.
Einmal hat er den Wunsch geäußert, in eine Wohngruppe zu gehen, worauf die Dame vom Jugendamt ihm nur verdeutlicht hat, dass so eine Einrichtung niemals besser ist, als ein richtiges, funktionierendes, liebevolles zu Hause. Danach hat er dann auch nichts mehr gesagt.
Haben das Gefühl als Papa und Stiefmutter versagt zu haben. :(