Für wen werden die E-Autos eigentlich gebaut, wenn in jeder Umfrage an die 70 Prozent beim Verbrenner bleiben wollen?

10 Antworten

Für die 30 % der Autofahrer, die glauben, dass der Strom aus der Steckdose kommt oder die, die eine Photovoltaikanlage auf dem Dach haben. Diejenigen, die begriffen haben, dass über 80 % der Primärenergie, die in Deutschland benötigt wird, aus nichtregenerativen Quellen stammt, scheint es keine sinnvolle Option zu sein. So geht es mir, ich habe bislang nicht verstanden, warum man den zweiten Schritt vor dem ersten macht. Priorität sollte doch sein, zunächst einmal die Energiewirtschaft in toto auf regenerativ umzustellen. Wenn das weitgehend geschafft ist, macht es Sinn, auf Elektromobilität zu setzen. Aber nicht, wenn nur 20 % der Energie grün ist. Wir verfeuern also weiterhin fossile Energieträger, Kohle, Öl und teures Gas, um damit verlustreich Strom zu produzieren, während Windmühlen an den Küsten zeitweise abgeschaltet werden, weil keine Stromtrassen oder Speichermöglichkeiten vorhanden sind. Wir legen unsere KKW still und kaufen in Zeiten der Flaute Atomstrom aus dem Ausland zu. Wir haben in DE mit die höchsten Strompreise weltweit! Bei gut 30 Cent pro kWh und einem Verbrauch von 20 kWh/100 km ist es für den Verbraucher auch von daher nicht sonderlich attraktiv, Strom zu tanken. Ok., 6 E/100 km ist natürlich nicht schlecht, aber man muss das auch gegen die hohen Investitionen rechnen. Und was machen die Stadtmenschen, die nach Feierabend dreimal um den Block fahren müssen, um einen Laternenparkplatz zu erwischen? Legen die dann lange Ladekabel aus den Fenstern?


SirKermit  18.10.2023, 09:33
dass über 80 % der Primärenergie, die in Deutschland benötigt wird, aus nichtregenerativen Quellen stammt,

In der KW 42 wurden hier 35% gemessen: https://www.energy-charts.info/charts/renewable_share_map/chart.htm?l=de&c=DE

Im gesamten Jahr 2023 lag der Anteil der erneuerbaren hier in Deutschland bei knapp 60%, in 2022 bei 50%. Siehe dazu https://www.energy-charts.info/charts/energy_pie/chart.htm?l=de&c=DE&interval=year

Da es zudem weitere Länder gibt, in denen dieser Anteil höher als 50% ist, sollte man auch daran denken, dass PKW keineswegs nur für den deutschen Markt gebaut werden.

Bei gut 30 Cent pro kWh und einem Verbrauch von 20 kWh/100 km ist es für den Verbraucher auch von daher nicht sonderlich attraktiv, Strom zu tanken.

Das macht 6 Euro Stromkosten pro 100 km. Benötigst du 6 Liter Diesel auf 100 km, dann sind das bei 1,8 Euro pro Liter Diesel 10,8 Euro.

Es ist also nicht attraktiv, weniger für Strom als für Diesel zu bezahlen? Irgendwas muss ich in der Schule verpasst haben.

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Picus48  18.10.2023, 12:53
@SirKermit

Ich spreche von Primärenergie, also der gesamten in DE benötigten Energie. Dazu gehören dann auch die Industriebereiche, die Öl, Gas und Kohle unmittelbar für die Produktion benötigen. Gemessen daran liegt der erneuerbare Anteil meines Wissen bei unter 20 %. Es kann ja nicht das Ziel der Energiepolitik sein nur, den Strom für die Elektromobilität klimaneutral zu erzeugen. Selbst wenn man auf verbrauchte Gesamtenergie bezieht, sieht die Rechnung - zwar besser - immer noch nicht berauschen aus. Daran gemessen liegt in DE der regenerative Anteil deutlich unter 30 %.

Ich bin absolut kein Gegner der Elektromobilität oder der Erneuerbaren, nur bin ich der Meinung, dass nicht die richtigen Prioritäten gesetzt werden. Erst Kohleausstieg, dann weg vom Öl, dann vom Gas und zuletzt von der Kernkraft. Erst Ausbau der regenerativen Stromerzeugung, der notwendigen Speicher und Stromtrassen und dann Bau von E-Autos. Dass sich das alles auch irgendwo zeitlich überschneidet ist klar. Aber es stimmen meiner Meinung nach eben die Prioritäten nicht.

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Picus48  18.10.2023, 13:02
@SirKermit
Es ist also nicht attraktiv, weniger für Strom als für Diesel zu bezahlen? Irgendwas muss ich in der Schule verpasst haben.

Man zahlt zunächst einmal rund 10.000 € mehr für einen PKW der gehobenen Mittelklasse (Mercedes C). Damit kommt man schon mal ca. 100.000 km. Rechne ich die Differenz zum Strompreis, rechnet sich das ungefähr nach ca. 250.000 km. Das ist bei meiner Fahrleistung dann nach etwa 25 Jahren.

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SirKermit  18.10.2023, 13:12
@Picus48
Ich spreche von Primärenergie,

Danke für die Korrektur, da lag mein Denkfehler.

Was nichts daran ändert., dass die Elektromobilität zu einem beträchtlichen Anteil aus erneuerbaren Quellen betrieben werden kann, soll und muss. Da fehlen noch viele PV Anlagen auf unseren Dächern.

Es kann ja nicht das Ziel der Energiepolitik sein nur, den Strom für die Elektromobilität klimaneutral zu erzeugen.

Wer sagt denn das?

Erst Ausbau der regenerativen Stromerzeugung

Das geschieht doch seit Jahren, nur werden die Genehmigungsverfahren extrem in die Länge gezogen, weil es an vielen Orten einen erbitterten Widerstand gegen Windkraft gibt. Mit Wasser können wir nicht in nennenswertem Umfang Strom erzeugen.

Sorry, aber wir als Gesellschaft agieren nach dem Motto: Wasch mich, mach mich aber nicht nass." Wir wollen alle grünen Strom, aber die Erzeugung bitte nicht bei uns.

Und irgendwo muss man anfangen. Es sind nicht die Prioritäten, es sind wir selber, die das verzögern oder verhindern.

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Picus48  18.10.2023, 13:18
@SirKermit
Sorry, aber wir als Gesellschaft agieren nach dem Motto: Wasch mich, mach mich aber nicht nass." Wir wollen alle grünen Strom, aber die Erzeugung bitte nicht bei uns.

Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass die Verantwortlichen Regierungen, egal welcher Couleur, in der Vergangenheit vieles verpennt haben.

... übrigens habe ich seit 13 Jahren eine 10 KWp-Anlage auf meinem Dach und suche zurzeit nach einem Hybrid-Benz oder -BMW. ;-)

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SirKermit  18.10.2023, 13:33
@Picus48

Ich seit einem Jahr 15,8 kWp und 2 Elektroautos. Eines fährt, das andere lädt. ;-)

Richtig ist aber auch, dass die Verantwortlichen Regierungen, egal welcher Couleur, in der Vergangenheit vieles verpennt haben.

Ja und nein. Da gibt es viele, die gepennt haben, auch in der Industrie. Denk an den Solarboom und den Absturz, das gleiche Spiel haben wir mit Windkraft.

Alleine der Bau der SuedLink Trasse hier in S-H dauert 4 Jahre ab Genehmigung, die dann auch noch einmal 6 Jahre benötigte.

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Baustart-fuer-SuedLink-Was-in-kommenden-Wochen-in-SH-passiert,suedlink298.html

Verzögerungen durch Proteste und Kritik
Ab 2028 sollen dann die ersten Gigawattstunden Strom durch SuedLink fließen. Auf insgesamt 700 Kilometern soll die Stromtrasse die Windenergiegebiete im Norden mit Süddeutschland verbinden. Eigentlich sollten die Bauarbeiten für SuedLink schon im vergangenen Jahr abgeschlossen sein. Das scheiterte aber am massiven Widerstand aus den südlichen Bundesländern. Auch Habeck erinnerte am Montag daran, dass die Trasse bereits fertig sein sollte. Jetzt werde es noch fünf bis sechs Jahre dauern. "Wir hängen also ganz schön hinterher. Das sollte uns nicht wieder passieren." Die Verzögerungen führt Habeck nicht nur auf massiven gesellschaftlichen Widerstand vor allem im Süden des Landes zurück - sondern auch auf "politische Nichtentscheidungen und Handlungsunfähigkeit". Er forderte deshalb mehr Mut zu unpopulären Entscheidungen. Tennet-Geschäftsführer Meyerjürgens sagte, aller Beteiligten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssten weiter zusammenarbeiten, damit SuedLink wie geplant 2028 in Betrieb gehen könne.

Wenn du das alles rein sequentiell machen würdest, dann bräuchten wir einige Hundert Jahre. Diese Zeit haben wir nicht. Ich kann deinen Unmut nachvollziehen, aber der Umbau der Energieversorgung dauert auch ohne die nötigen Verfahren schon lange genug, mit den Verfahren siehst du ja selber.

Parallel zum Ausbau der Elektromobilität müssen auch die Netze ausgebaut werden. Und nicht zu vergessen, nicht jeder Bedarf lässt sich wirklich mit dem Elektroauto erledigen.

Unabhängig davon denk an die Wirtschaftlichkeit:

Das macht 6 Euro Stromkosten pro 100 km. Benötigst du 6 Liter Diesel auf 100 km, dann sind das bei 1,8 Euro pro Liter Diesel 10,8 Euro.

Wir haben bei unsere Zoe jetzt nach rund 60000 km und 3 Jahren die jährliche Inspektion gehabt. Diesmal 250 Euro und fertig, ansonsten rund 100 Euro. Unser ehemaliger Verbrenner kostete rund 700 Euro in der Situation der großen Inspektion.

Und vergessen wir nicht das Co2.

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CaptainJ847  18.10.2023, 12:13

Das mit dem Laternenparkplatz ohne auflademöglichkeit sehe ich im der Tat noch als einen der größten hinderungsgründe für Ottonormalverbraucher an.

Und ja, dass man hierzulande allgemein gern den zweiten Schritt vor dem ersten macht, ist auch ein großes Problem. Oft stellt man danach dann fest dass kein Geld und keine Kapazität mehr für Schritt 1 übrig ist und man belässt es dabei und feiert sich sogar dass man schon so weit gekommen ist.

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Mediachaos  20.10.2023, 09:40

Statistisch im Jahr 2022 wohl 44 % regenerativ.

Gebe Dir in vielen Punkten Recht, aber nicht darin, dass zunächst die Infrastruktur komplettiert werden muss und erst dann der Rest folgt. Auch nicht darin, dass wir unsere AKWs hätten weiterbetreiben sollen. Es hat noch niemand bisher eine Lösung für 1 Mio Jahre sicherer Lagerung gefunden und alle Verfechter des Weiterbetriebs wollen das Zeug nicht in ihrem Vorgarten haben.

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Für die Politiker, die sich haben einreden lassen, dass sie mit der Förderung von E-Autos an der Macht bleiben können.

Mit dem Strom, den auch nur eine niedrige zweistellige Zahl E-Autos am Schnellader zieht, kann man einen voll besetzten ICE auf Höchstgeschwindigkeit fahren lassen.

Beziehungsweise wenn diese paar EV grad aufladen, dann ist eben nicht mehr genug Saft für den ICE in der Leitung.

Für jeden, der rechnen kann, liegt auf der Hand, dass der Verkehr in Deutschland nicht einmal bei einem rasenden Ausbau der Leitungskapazitäten auch nur zu einem hohen Prozentsatz auf EVs umgestellt werden kann. Schon überhaupt nicht ohne drastische gesellschaftliche Veränderungen bei den Lebensgewohnheiten und massive Einschränkungen der Lebensqualität.

Aber dass man die Klimakatastrophe abwenden kann, ohne dass wir uns alle heftig umstellen ujnd einschränken müssen, lügt uns die Politik ja nun seit 40, 50 Jahren ins Gesicht, das ist deren täglich Brot.

Und jeder, der es wagt, dieses Dogma anzuzweifeln, ist ein Klimaterrorist.

https://www.youtube.com/watch?v=Pcm4fCDQ4dY

Es gab eine Zeit, da wollten 99% der Menschen beim Pferd bleiben. Es gab eine Zeit, da waren Fachleute der Meinung, die ganze Welt sei mit insgesamt 5 Computern gut ausgestattet. Es gab eine Zeit, da hat eine Festplatte mit 120 MB (!) ca. 600 € gekostet und man wurde belacht, weil zu teuer und weil man die ja NIE voll bekäme.

Es kann nicht nur darum gehen, was die Leute wollen. Sonst hätten wir heute noch Kutschen und würden vielleicht immer noch unseren Nachttopf auf die Straße schütten.

Ich will gute Straßen, perfekten Nahverkehr, günstig heizen, eine saubere Umwelt, kein Mikroplastik im Essen, eine Welt ohne gewaltsame Konflikte, keine Geld- und Gesundheitssorgen...

Aber nicht alles, was jemand will, ist möglich und sinnvoll.

Inzwischen beträgt der Anteil, regenerativer Energien in DE rund 44 %. Da die Energiebilanz beim E-Auto enorm viel besser ist als beim Verbrenner, trägt es auf jeden Fall zur Reduktion von CO2 etc. bei.

Es macht wirklich nicht mehr viel Sinn, ein Fahrzeug zu fahren, in dem viele hundert Teile einem permanenten Verschleiß unterzogen sind und bei deren Bewegung viel Energie verloren geht, in dem ein Gemisch zur Explosion gebracht wird, das mehr Wärme als Vortrieb erzeugt und bei dessen Erzeugung jede Menge weiterer Energie verloren geht. Diese Zeiten werden irgendwann vorbei sein.

Ich sage das als E-Auto UND Diesel Fahrer, denn ich habe noch ein kleines Wohnmobil, das ich auch nicht missen möchte. Aber ich weiß auch, falls es in meiner Lebenszeit noch eine sinnvolle E-Alternative geben sollte, die ich mir leisten kann, dann wäre das die Wahl für einen Nachfolger.

Busunternehmen, Post, Paketzusteller, Car Sharing, also alle Fahrdienste, die größtenteils vorhersehbare Strecken bzw. Umkreise fahren und nicht von Individuen angeschafft werden. Flotten werden anders geparkt und gewartet und somit lohnt sich auch eine andere Ladeinfrastruktur als wenn sich jeder plötzlich Starkstromsteckdosen in seine Vorstadtgarage legen müsste.

Für die restlichen 30%? Hätte man selbst drsuf kommen könnten 😉

Hinzu kommt aber, dass dies etwas ist es von der Politik bewusst forciert wird. Sowas kommt öfter vor und ist auch manchmal sinnvoll oder sogar unbedingt notwendig. Manchmal aber auch das genaue Gegenteil. Bewerten muss das jeder für sich.