Freiwilliges Engagement von Jugendlichen im Verein?

4 Antworten

Bei uns im Verein geht es in die Richtung von "immerzu alles bereitstellen, jederzeit erreichbar sein, immer geöffnet und bitteschön nichts selber dafür leisten oder gar bezahlen müssen" -.-

Im Konkreten Fall Bogensport: Leihausrüstung vom Verein auf unbegrenzte Zeit bitte, schießen gehen außerhalb der Trainingszeiten, steht doch alles da (aber versicherungstechnisch müssen mindestens 2 Personen da sein), es soll bitte gemäht sein, alles neue Auflagen drauf, alles schön, Wasser für den Hund muss bereitstehen, die Halle sollte offen sein wegen Leihausrüstung holen und achja, Getränke bitte kalt.
Das da oben am Platz einfach mal niemand ist, man selbstverständlich alles verschließt, was auch nur ein bisschen Wert hat und nicht nur weil irgendjemand auf einmal Lust hat 10 Pfeile zu schießen andere angelaufen kommen um zu Diensten zu sein geht nicht in manche Köpfe. Die 60€ Jahresbeitrag sind auch schon einigen zu viel...
Leihausrüstung gibts für die ersten 6 Wochen, bis dahin kann sich jeder überlegen, ob es was ist und er sich eigenen Kram besorgt.

Wir haben versucht, so weit entgegen zu kommen wie möglich aber irgendwo ist halt auch Schluss. Grade die aktuelle Generation ist halt nur am Fordern und am Quengeln ohne auch nur ein winzges Fitzelchen zu tun, keiner von ihnen war auch nur bei einem einzigen Arbeitseinsatz, das können doch dei dusseligen Alten erledigen. Igitt, Arbeit!

Lass es mich so ausdrücken:
Ich sehe für viele Vereine ziemlich schwarz - aber aus noch ganz anderen Gründen.

Es ist ja nicht nur so, dass es schwerer wird, Jugendliche und junge Erwachsene überhaupt in die Vereine zu bekommen - zur Wahrnehmung eigener Interessen funktioniert das meist noch einigermaßen -, sondern viel mehr, die auch dazu zu bringen, sich weitergehend (z.B. als Übungsleiter) zu engagieren; es ist erschreckend zu sehen, dass heute das Gros der diesbezüglichen Arbeit von den Menschen 50+ geleistet wird, wenn die in zehn oder zwanzig Jahren aufhören, dann Gute Nacht.

Immerhin gibt es hier und da noch Hoffnungsschimmer, weil es durchaus noch engagierte junge Menschen gibt, man muss aber - jetzt komme ich auf den zweiten Teil der Frage - aufpassen, die nicht wegen der immer kleiner werdenden Zahl an Freiwilligen zu überfordern, sondern rechtzeitig durch Einstellung bestimmter Aktivitäten dafür zu sorgen, dass das leistbar bleibt.


xubjan  06.06.2023, 11:10

Ich sehe das über alle Vereine anders. Aber stark vom Verein abhängig. Wir haben hier eine überraschend junge Welle in Musikvereinen und Tanzvereinen, sowie auch bei der freiwilligen Feuerwehr. Sie alle haben sich auch mit Corona durchaus geöffnet, für genau das Publikum. Und da sind inzwischen einige raus entwachsen, die nun eine "Bambini"-Gruppe leiten und richtig viel Zeit investieren. Also die nicht nur dabei sind, sondern anpacken.

Umgekehrt hat unser Obst-und Gartenbauverein massive Probleme. Vor einem halben Jahr fing er aber an, mit einem jungen Mitglied Videos zu drehen. Vor drei Tagen erhielt ich die Info, dass direkt zu Beginn der Videopublikationen zwei neue Mitglieder dazu gekommen sind, 17 und 19 und die machen nun Drehbücher für witzige Videos, die gleichzeitig Infos transportieren. Ich fand das spannend, wie die Videos sich entwickelten und hatte nachgefragt. Diese beiden haben nun auch Kumpels bequatscht, wie geil es ist, die eigenen Äpfel auf einer Obstwiese zu ernten.

Es klappt also, punktuell oder wenn man schafft, mit der Zeit zu gehen.

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HugoHustensaft  06.06.2023, 12:45
@xubjan
Immerhin gibt es hier und da noch Hoffnungsschimmer, weil es durchaus noch engagierte junge Menschen gibt,
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xubjan  06.06.2023, 14:01
@HugoHustensaft

OK. Nun habe ich das mit dem "Hoffnungsschimmer" verstanden. Du meintest also wirklich einen wachsenden teil von jungem Engagement. Nicht so vereinzelte "Zufälle".

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HugoHustensaft  06.06.2023, 14:34
@xubjan

Tja, ob der Anteil wächst oder das am Ende doch nur ein kleines Grüppchen ist - die Zukunft wird es zeigen ...

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xubjan  06.06.2023, 16:50
@HugoHustensaft

Bei uns wächst er. Wobei das von quasi 0 Personen auch keine Kunst ist. Frage ist, wie nachhaltig das wächst.

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Bei uns gibt's da keine Probleme regelmäßige Treffen alle 2 Wochen immer freitags. Man hat dpaß und trainiert auf kommende Wettkämpfe

Obwohl wir dort alle Gen Z sind gibt's keine probleme

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – 16 Jahre Berufserfahrung

Ich spreche mal von Deutschland, denn ich glaube zu erahnen, dass du ein anderes Land meinst aufgrund der Wortwahl. Also ich rede vom deutschen Ehrenamt.

Ich glaube nicht, dass es direkt an der Digitalisierung liegt. Denn ich beobachte bei uns wieder eine Generation, die deutlich mehr in Vereinen engagiert ist.

Ich denke, dass viele der nun 30 bis 40 jährigen einen sehr starken Ich-Fokus haben. Sie sind vor allem in ihrer eigenen Welt unterwegs und wollen lieber irgendetwas persönliches machen statt mit anderen zusammen etwas machen. Sie konsumieren lieber, als selbst etwas zu tun.

Es gibt in vielen Bereich oft solche Wellenbewegungen. Die nun Jugendlichen oder "frischen" Erwachsenen, auch die Mit-20er, die sind deutlich eher wieder in Vereinen präsent und helfen mit, haben Spaß an der Vereinsarbeit.

Was sich zeigt: Wenn Vereine mit der Zeit gehen und sich auf die deutlich individuelleren Lebensumstände anpassen, helfen auch viele gerne mit.

Damit meine ich beispielsweise, dass man auch Vereinstätigkeiten versucht zu digitalisieren. Dann man auch einem, der nicht regelmäßig Zeit hat, die Mitarbeit ermöglicht. Dass man beispielsweise die Pressearbeit und Social-Media-Arbeit eines Vereins an jemanden auslagert, der sich die Zeit einteilt und das u.U. auch mal ein paar Tage später macht, so wie er Zeit hat. Dass man solche Dinge nicht wie früher in einer Arbeitsgruppe bei einem wöchentlich fixen Vereinstermin macht. Bei uns haben solche Vereine auch junge Leute angezogen, die sowas ermöglichen.

institutionalisierte Freiwilligenarbeit

Das würde bei uns dann sowas wie Deutschkurse betreffen und vieles mehr. Also wirklich die festen Einrichtungen, die es braucht. Hier gibt es bei uns ein starkes Gewicht zu Frauen. Männer sind eher selten zu sehen.

In den Einrichtungen, die ich selbst betreibe, haben wir vielleicht 90% Frauenanteil.

Da haben wir aber alle Altersklassen beisammen. Auch gibt es da kein so großes Loch bei den 30-bis 40-jährigen.

Wichtig ist hier, dass die Organisation reibungslos funktioniert und dass die Helfer möglichst 0 Kontakt zur Bürokratie haben. Das liegt dann halt auf meinem Schreibtisch und irgendeiner muss sich um diesen Mist kümmern.

Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht, wenn du sehr pragmatisch und lösungsorientiert arbeitest. Denn beim Ehrenamt steht ja die Begeisterung oder die "Mission" im Zentrum. Man macht das nicht für Geld oder so. Daher muss auch dieser Spaß bleiben und du brauchst dann ein sehr gutes Gespür für die Teamdynamik. So wie in einem Sportverein, etwa im Mannschaftssport auch.

Wofür sich manche keine Zeit nehmen ist, genau diese Teamdynamik zu entwickeln. Ich sehe beispielsweise Ehrenamtliche Dolmetscher in der Flüchtlingshilfe, die wie "Vieh" behandelt werden. Sowohl von ihren Teamleitern, als auch von den Institutionen, die sie brauchen. Dass man so jeden Spaß und jedes Interesse am Ehrenamt killt, versteht sich von selbst.

In Summe: Die Digitalisierung halte ich nicht für die Ursachen des Ganzen. Mag in der Schweiz aber anders sein. Da kenne ich mich hinsichtlich Ehrenamt bzw. Freiwilligenarbeit und Gesellschaftsstrukturen in dem Bereich exakt 0 aus.