Frage an Philosophen unter euch!

8 Antworten

Diese Frage habe ich auch gelesen. Es ist eine recht schwere Frage, da man ja nicht genau definieren kann, was Wissen wirklich ist. Gemäss der Wissenschaft gilt Wissen als hinreichend begründetet Annahme. Soweit so gut.

Nun zur Kernfrage: Woher wissen wir, dass wir etwas wissen.

Ich glaube, wir glauben nur etwas zu wissen, weil wir davon überzeugt sind, dass Wissen auch tatsächlich exisitert. Dieses Wissen ist bei uns in den Büchern und Köpfen verankert. Aber wirklich die Sicherheit erlangen, dass das auch stimmt, werden wir wohl nie.

Was wir heute haben, sind diese begründeten Annahmen, die wir entweder selber entdeckt haben, oder uns von Natur aus gegeben sind. Jene, die wir manuell zuführen mussten, von denen nehmen wir an, dass sie so tatsächlich existieren und somit für uns greifbar sind.

Unsere Welt ist aber auf diesem Wissen aufgebaut. Das heisst, dieses Wissen existiert mental. Aber wie bereits gesagt: Woher wissen wir, das ein Bakterium wirklich ein Bakterium ist?...das haben wir so definiert, um etwas, dass wir nicht kennen, dass aber unweigerlich existiert zu bezeichnen, um es in unseren Wissensfundus einzufügen. Aber ob der Name Bakterium wirklich korrekt ist, wissen wir nicht...können wir ja gar nicht..

Ich hoffe ich konnte ein bisschen helfen..:D


DonPaolo  12.01.2012, 11:40

Ein Bakterium ist ein Bakterium. Egal welchen Begriff es bekommt.

Beispiel Fenster. Das kommt aus dem lateinischen fenestra. Im englischen heißt es allerdings window. Ein und dasselbe Gebilde. Aber unterschiedliche Namen :)

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Isegrimm  12.01.2012, 11:51
@DonPaolo

Da machst du es dir zu einfach. Einem bestimmten Bakterium ist es sicher egal, ob wir es Bakterium nennen oder anders. Aber bei sehr vielen Begriffen, die Menschen anscheinend so leichthin verwenden, besteht die Eindeutigkeit und Zwangsläufigkeit der Zuordnung niicht. Was sind z.B. die notwendigen und hinreichenden Merkmale eines Vogels? Wann ist etwas ein Fisch? Sind Vögel Dinosaurier, mit allen Merkmalen, die diese hatten oder sind sie nur Nachfahren? Darüber wird seit Jahren gestritten. Wir können mit diesen oder anderen Kategorien jonglieren, weil unser Gehirn aufs Kategorienbilden eingerichtet ist. Wir könnten überhaupt nicht überleben, wenn wir nicht die Fähigkeiten des Generalisierens und seines Gegenstücks, der Differenzierung, hätten. Zwingend in der Natur vorgegeben sind aber nicht alle diese Kategorien.

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user1177 
Fragesteller
 12.01.2012, 11:49

danke :-)

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Bei Wikipedia steht:

"In der Philosophie des Geistes ist Nagel mit seinem 1974 publizierten Aufsatz "What is it like to be a bat" bekannt geworden. Dort tritt er reduktionistischen Bemühungen in Bezug auf die Erklärung des Bewusstseins entgegen. Egal wie viel wir über das Gehirn eines Wesens wissen, z. B. über das einer Fledermaus (daher der Titel), so können wir doch nie dessen Erlebnisperspektive erschließen. Ein Beispiel: Wenn wir genau wissen, was im Gehirn einer Fledermaus passiert, wenn sie mittels ihres Echolot-artigen Wahrnehmungsapparats Gegenstände wahrnimmt, wir also das neuronale Korrelat eines solchen Wahrnehmungserlebnisses kennen, so wissen wir immer noch nicht, wie es ist bzw. wie es sich für die Fledermaus anfühlt, solche Echolot-artigen Wahrnehmungen zu haben - "what is it like". Und wir können es wohl auch nie wissen. Hier sind den Naturwissenschaften offenbar grundsätzliche Erkenntnisschranken gesetzt. Nagels Aufsatz hat in der analytischen Philosophie eine breite Debatte ausgelöst (die Qualiadebatte), deren Protagonisten heute Philosophen wie David Chalmers, Paul Churchland, Daniel Dennett, Joseph Levine und Michael Tye sind."

Es geht in der Auseinandersetzung mit der Hirnforschung darum, ob Ergebnisse bestimmter (z.B. bildgebender) Verfahren bereits von der Tatsache, dass da was passiert und wo überall darauf schließen lässt, welche Erkenntnis sich in dem Wesen, dessen Gehirn vermessen wird (bei Nagel die Fledermaus), ergibt. Er hat natürlich mit Absicht die Fledermaus mit ihrem Echolot gewählt, weil hier keinerlei Ähnlichkeit mit unserem Sehen hergestellt werden kann. Wir tappen also vollkommen im Dunkeln, wie sie Fledermaus sich die Welt vorstellt und darin - teils in abenteuerlicher Geschwindigkeit - zielsicher umgeht.

Der Hirnforscher Damasio hat jetzt ebenfalls dazu ein Buch geschrieben "Selbst ist der Mensch: Körper, Geist und die Entstehung des menschlichen Bewusstseins von Antonio Damasio und Sebastian Vogel, in dem er auch auf die evolutionäre Rolle der Kultur hinweist. Wir sind mit unserer Erkenntnis nicht nur ein Produkt der Evolution der Natur sondern mit der Fähigkeit zu begrifflichem Denken setzt auch die Kultur des Menschen ein und auch diese hat eine evolutionäre Entwicklung. Interessant dazu ist auch die Drei-Welten-Theorie von Karl R. Popper.

Wir wissen etwas, weil wir lernen.

Philosoph wird man nicht, in dem man irgendwelche andere Philosphen studiert. Sondern in dem man selbsständig über das Leben nachdenkt und eigene Zitate schafft.

Woher weißt du, dass 4+3=7?? Du hast es gelernt.

Allerdings sind manche Dinge Urinstinkte. Zum Beispiel wenn du vor dem Abgrund stehst, weißt du, dass du nicht runter springen solltest.

Aber was die aktuelle Forschung sagt und was viele Philosophen sagen, kann und wird immer in einem gewissen Grad unterschiedlich sein.

Es gibt nun mal keine Patentlösung für alle Fragen des Lebens. Man muss immer weiterforschen und weitere Erfahrungen sammeln. So kann man weitere Sachen herausfinden und dann zum Wissen dazu zählen. Das Wissen verändert sich auch im Laufe der Zeit.

Zum Beispiel wussten früher alle, dass die Erde eine Scheibe sei. Und heute wissen alle: Es ist eine Kugel. Gut. Mit Tälern und Bergen und leicht oval - aber eine Kugel ^^


DonPaolo  12.01.2012, 11:43

Also das mit den Zitaten schaffen ist nebensächlich. Aber es gibt einem selber die Erfahrung und die Eckpunkte seiner Entwicklung. Man sollte sich sowas aufschreiben und sich später angucken.

Die Ansichten ändern sich auch durch einen selber und nicht nur durch die Gesellschaft :)

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mam1980  12.01.2012, 11:51

Hi, ich mach mir unendwegt selbständig Gedanken über das Leben etc. Du hast zwar im Prinzip recht, aber Stop vor dem Abgrund ist kein Urinstinkt. Ein kleines Kind würde straight ahead draufzulaufen und runterfallen. Im Laufe des Lebens fällt es mal über ne kleine Treppe usw. und lernt "macht aua". Später weiß es : Tiefer fallen macht noch mehr aua, also pass ich lieber auf"!

Gruß
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Isegrimm  12.01.2012, 12:06
@mam1980

Auf die Gefahr hin, als Besserwisser zu gelten, die Angst vor Tiefe läßt sich bei Kleinkindern schon vor dem ersten Sturz und ab dem Moment, wo sie sich bewegen können, experimentell nachweisen. Ein Bild der experimentellen Anordnung findest du auf Seite 27 von http://www.psychologie.uzh.ch/fachrichtungen/genpsy/studium/lehrmaterialien/ws2003fw/kapitel02.pdf, sowie Angaben über Autoren, die darüber geforscht haben. Da Menschen von in Bäumen lebenden Tieren abstammen, wäre es äußerst sinnvoll, wenn man die Angst vor der Tiefe bereits von Geburt an hätte.

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DonPaolo  12.01.2012, 12:21
@Isegrimm

so siehts aus. Einen solchen Beitrag hab ich nämlich mal im Fernsehen gesehen :)

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Ich kenne die Texte von Nagel nicht, weshalb ich dir kurz meine Sichtweise schildere:

Alles was wir glauben zu wissen, kennen wir nur vom Hörensagen und Nachplappern. Wir haben es von Eltern, Erziehern, Lehrern, Medien, usw. unbesehen übernommen, in dem Glauben, dass die es ja wissen müssten, besser wissen müssten.

Auch wenn wir selbst noch nie Bakterien, Viren, einen Atomkern, das Edelgas Helium (laut Wiki: Es ist ein farbloses, geruchloses, geschmacksneutrales, ungiftiges Gas... ;-) gesehen haben, erzählen wir völlig überzeugt davon, verteidigen gar "unsere" Meinung und nicht wenige sehen darin einen grooooßen Unterschied zu denen, die an einen Gott glauben, den sie ja schließlich nicht beweisen können... lach

Somit bleibt nur noch das, was ich sinnlich wahrnehmen kann, meine persönlichen Erfahrungen, die ich wissen kann.

Ist das so? Ist das, was ich sinnlich wahrnehme wirklich so, oder ist es so, weil ich es glaube, weil ich davon überzeugt bin, weil es mir meine Logik so vorschreibt?! Und immer noch glauben wir, dass wir darüber mit anderen diskutieren müssten und die eigene Wahr(nehmungsein)heit verteidigen, oder gar dem anderen überstülpen müssten...

Und jetzt?

Was weiß ich nun wirklich?

Lasse ich alle Logik fallen, werde ich mir darüber bewusst, dass meine Wahrnehmung ausschließlich aus meinem Blickwinkel exakt so sein kann und jeder andere einen anderen Blickwinkel einnimmt und einer anderen Logik anhängt, dann...

... weiß ich, dass ich nichts weiß .-))))

Die Lösung:

Genieße deine eigene Wahrnehmung. Genieße die Geschichten, die dir andere von ihrem Blickwinkel erzählen. Erzähle ihnen von deiner Sichtweise. Hänge Besserwisserei, Rechthaberei, überzeugen wollen, usw. an den Nagel grins


user1177 
Fragesteller
 12.01.2012, 12:26

aah sehr gut zitiert "Ich weiß, dass ich nichts weiß" :-) hehe.

danke für die ausführliche stellungnahme! Die Lösung gefällt mir auch sehr :-D

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Hallo user1177, Es ist immer wieder erstaunlich, wie Leute wie Nagel immer wieder "das Rad neu erfinden wollen".

Ich empfehle Dir entsprechend anerkannte Literatur zu diesem Thema zu lesen, als Einführung: Was können wir wissen? Bd 1 und 2 von Gerhard Vollmer, Hitzel Verlag und Evolutionäre Erkenntnistheorie, von Gerhard Vollmer, Hirzel Verlag.

Schon Xenophanes hat circa 500 v. Chr. gesagt: ... nur Ahnen ist uns beschieden. Daran hat sich nichts geändert. Vollner, der wunderbar den hypothetischen Realismus fundiert darlegt, gibt damit eine moderne wissenschaftliche Interpretation dieses "Ahnen".

Meine letzte Buch zum erwieterten Thema habe ich gerade beendet: Soziale Eroberung der Erde von E. Wilson, als E-Book bei Hugendubel

Noch Fragen?? Beste Grüße Horst