Feuerwehr wie geht man mit toten menschen um?

5 Antworten

Ein schwieriges Thema, für das es kein Patentrezept gibt.

Mittlerweile ist das glücklicherweise kein Tabuthema mehr und wird bereits in den Grundausbildungen neuer Feuerwehrleute behandelt.

Letztendlich sind Menschen aber nun einmal sehr verschieden - auch Feuerwehrleute. Der eine hat ein "dickeres Fell", der andere ist sensibler. Auch die Tagesform ist ausschlaggebend... bei persönlichen Sorgen, beruflichem Ärger, einem Trauerfall in der Familie usw. kann man unter Umständen nicht so gut mit einem schweren Einsatz mit Toten und Schwerverletzten umgehen wie gewöhnlich. Und - leider, muss man sagen - tritt auch mit der Zeit eine gewisse Gewöhnung ein.

Dazu kommt dann noch, dass sich die meisten Feuerwehrleute im Laufe der Zeit so ihre eigenen Mittel und Methoden aneignen, um das Erlebte zu verarbeiten. Ich kenne beispielsweise Kameraden, die sich nach so einem Einsatz eine Routine angewöhnt haben: Die fahren nach dem Einsatz nach Hause, duschen ausgiebig, ziehen sich neue Kleidung an und gehen dann wieder ihrem normalen Tagesablauf nach. Sie starten den Tag quasi neu und lassen dabei das Erlebte hinter sich.
Ich persönlich komme sehr gut mit solchen Erlebnissen klar, weil ich mir immer wieder zu Augen führe, was mir ein Ausbilder vor vielen Jahren mal sagte: "Du musst immer bedenken, dass wir an der Situation, am Leid des oder der Menschen nicht Schuld sind. Wenn wir alarmiert werden, dann ist das sprichwörtliche Kind bereits in den Brunnen gefallen, der schlimmstmögliche Fall ist bereits eingetreten. Wir können dann nur versuchen, die Situation zu verbessern bzw. positiv zu beeinflussen. Und wenn nicht, dann liegt bzw. lag es einfach nicht in unserer Hand".

Natürlich gibt es auch einige organisatorische Dinge, die wir bei solchen Einsätzen beachten. Wir kennen ja unsere Kameraden/innen und wissen grundsätzlich, wem wir wie viel zumuten können. Junge Kräfte werden nach und nach an schlimme Situationen herangeführt, die mischen nicht direkt nach der Grundausbildung ganz vorne mit.
Nach dem Einsatz geht niemand so einfach nach Hause, sondern wir sitzen immer noch zumindest kurz zusammen und reden miteinander. Bei schlimmeren Einsätzen ziehen wir das PSNV-E Team hinzu. Das sind speziell ausgebildete Kameraden/innen, die auch beuflich häufig im medizinischen, psychologischen und sozialen Bereich arbeiten und Gespräche anbieten und geschult sind, Probleme bei den Kameraden zu erkennen. Und nach dem Einsatz melden sich gerade die Gruppenführer regelmäßig bei den eingesetzten Kräften und fragen, ob alles ok ist.

Aber wie gesagt: Es kommt immer auf den Einsatz, auf die Umstände und die Erfahrung und "Tagesform" der eingesetzten Kräfte drauf an.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Stv. Wehrführer und Zugführer bei der Freiwilligen Feuerwehr

SturerEsel  16.04.2024, 20:27

Toll geschrieben. Respekt vor deinem Engagement!

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Den "Vorrednern" einmal Danke für die tollen Antworten,

von mir: Alle die sich für das "Hobby" oder auch den Beruf Feuerwehr entscheiden möchten, den sei gesagt das das Leben und der Tod bei diesem Hobby/Job dicht beieinander stehen. Egal ob man als kleine Wehr 4 Einsätze im Jahr hat oder als Berufsfeuerwehrmann 5 Einsätze den Tag abspult.

In unserer Gesellschaft ist der Tod als unangenehm aus der Kultur gestrichen worden. Früher war es üblich einen Leichenschau zu Haus zu machen, damit man sich als Angehöriger von dem Verstorbenen verabschieden konnte. Das ist immer mehr verdängt worden sodas man weniger mit Toten im Alltag zu tun hat. Mag auch daran liegen, das viele heutzzutage im Krankenhaus versterben und nicht mehr daheim. Dann wird das alles so steril.

Aber Tote sind nicht unheimlich oder gefährlich, Sie gehören eigentlich zum Alltag!

Ich bin jetzt 22 Jahre im Einsatz für die Gemeinschaft und habe dadurch mehr gesehen als ich es mir in meinem Leben gewünscht habe. Aber es gibt halt auch viele tolle Sachen im Einsatz und der Kameradschaft die einem viel zurück geben!

Und Mitmachen ist ganz einfach, guckt einfach mal im Gerätehaus vorbei. Egal ob Stadt oder Land! Die Leute in diesem Haus beißen nicht und es gibt auch keine doofen Fragen!

Woher ich das weiß:Hobby
ich wollte fragen ob man bei der Feuerwehr oft tote Menschen sieht

Was ist "oft"? Und von was für einer Feuerwehr sprichst du?

In einer Dorffeuerwehr mit 10 Einsätzen pro Jahr ist es durchaus möglich, seine 40 Jahre Feuerwehrdienst voll zu machen ohne ein einziges Mal eine Leiche zu sehen.

Bei größeren Freiwilligen Feuerwehren mit mehr Einsätzen wird durchaus darauf geachtet, wer "vorne" am verquetschten Auto arbeitet und wer eher abseits steht und die Straße absperrt. Diejenigen, die für ersteres eingeteilt werden (weil sie sowas z.B. aufgrund ihres Berufs oder aufgrund ihrer Lebenserfahrung besser verarbeiten können) sind öfter mit dem Anblick einer Leiche konfrontiert als letztere.

Als Berufsfeuerwehrler sind Tote, die nach Türnotöffnungen in der Wohnung gefunden werden, leider nichts Ungewöhnliches. Sieht man durchaus mehrfach pro Jahr. Dass jemand bei einem Brand oder (Verkehrs-)Unfall verstirbt, ist selten.

und wenn ja wie geht man damit um?

So richtig das Patentrezept gibt es da wohl nicht.

Man ist ein Stückweit darauf vorbereitet. Man weiß ja, dass man eine Tätigkeit ausübt, bei der man ggf. auch mal jemandem nicht mehr helfen kann. Und man weiß, dass man jetzt akut zu einem Einsatz alarmiert wurde und hinfährt, wo dieser Fall möglich ist. Das ist eine komplett andere Ausgangslage, als wenn man als Privatmensch noch kurz vorher dachte, alles sei gut.

Wer beruflich öfters mit Leichen konfrontiert ist, akzeptiert das ziemlich schnell als Teil seines Lebens - ist halt so. Da denkt man dann tatsächlich nicht mehr großartig drüber nach und es gibt dementsprechend auch nicht wirklich was zu verarbeiten, wenn es jetzt nicht irgendwie ein Ausnahmefall (z.B. totes Kind) war.

Als freiwilliger Feuerwehrler, der einmal in 5 Jahren beim tödlichen Verkehrsunfall dabei ist, ist es tatsächlich schwieriger. Es hilft, den Einsatz hinterher nochmal durchzusprechen. Vor allem, dass man nichts falsch gemacht hat, keine Schuld an diesem Tod hat. Ggf. war es jemand den man kannte (so schlecht stehen die Chancen in kleineren Orten nicht), dann ist normale Trauerbewältigung angesagt.

Im Bedarfsfall gibt es Hilfsangebote vom moderierten Kaffekränzchen bis hin zur psychologischen Therapie. Ein psychisches Trauma steht diesbezüglich auf der gleichen Stufe wie ein Arbeitsunfall, d.h. die Feuerwehr-Unfallkasse ist zuständig.

Oder bei einem Verkehrsunfall mit schwer verletzten Personen wie geht man als feuerwehr damit um es ist ja was anderes wie wen es brennt.

So groß ist der Unterschied nicht: Es ist ein Unglück, bei dem Menschen zu Schaden kommen und man hilft, wo man kann.

Auch hier wird der Einsatz hinterher besprochen, v.a. damit niemand mit dem Gedanken "ich hab's verbockt und wegen mir gehts dem Menschen jetzt schlecht" nach Hause geht. Das Unglück ist schon passiert, bevor wir auf den Plan gerufen wurden!

Es gibt psychologische Betreuung für traumatisierte Feuerwehrmänner und Rettungssanitäter. Der Tod ist ein natürlicher Vorgang

Kommt auf die Feuerwehr drauf an, ländliche Feuerwehren haben es eher selten mit Toten zu tun, Feuerwehren an Autobahnen oder Bundesstraßen hingegen regelmäßiger. Bei Berufsfeuerwehren ist es fast Normalität was ich mitbekomme.

In der Feuerwehr hat man Anspruch auf psychologische Betreuung, darüber reden hilft und teilweise gewöhnt man sich auch dran.


26Sammy112  18.01.2024, 23:58
Kommt auf die Feuerwehr drauf an, ländliche Feuerwehren haben es eher selten mit Toten zu tun,

Ehrlich gesagt kenne ich keine Feuerwehr, auch nicht im "ländlichen Raum", die nicht mehr oder minder regelmäßig mit Toten zu tun hat.

Das muss nicht immer der Brandtote beim Wohnungsbrand oder der beim Verkehrsunfall tödlich verletzte Autofahrer sein.

Das sind häufig auch einfach Arbeitsunfälle, Suizidfälle oder der altersbedingt Verstorbene, den man nach dem Öffnen der Wohnungstür für Polizei oder Rettungsdienst auffindet.

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EinfachReden01  19.01.2024, 06:11
@26Sammy112

Der letzte Tote den meine Feuerwehr gehabt hat ist auch über 3 Jahre her, von dem her rede ich eher aus meiner Erfahrung hier. Außerdem werden etwas größere Feuerwehren die auch einen Rettungssatz haben öfters für Verkehrsunfällen alarmiert, weil man ja auch zwei braucht, als TSF Feuerwehren die auch weiter verbreitet sind.

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