Entstehung der verschiedenen Beuteltierarten in Australien?

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Die Beuteltiere haben sich nicht in Australien entwickelt. Beuteltiere sind nämlich schon eine ziemlich alte Tiergruppe innerhalb der Säugetiere, die sich bereits im oberen Jura entwickelt haben, wahrscheinlich im Süden des großen Nordkontinents Laurasia, von wo aus sie sich dann ausgebreitet haben. In der Kreidezeit gehörten die Beuteltiere schon zu den erfolgreichsten Säugern überhaupt und waren weltweit verbreitet.

Allerdings wurden sie durch das große Massenaussterben am Ende der Kreidezeit, das den Dinosauriern zum Verhängnis würde, stark dezimiert. Im Paläozän und im Neogen starben sie überall außer in Australien und Südamerika aus, wo dann die heute überall sonst dominanten Säugetiere, die Plazentatiere, an ihre Stelle traten.

In Australien, das sich damals jedoch bereits von Laurasia getrennt hatte, gab es bis dato noch gar keine anderen Säuger, und so blieben die Beuteltiere auf diesem Kontinent die vorherrschende Unterklasse der Säugetiere.

Auch in Südamerika lebten lange Zeit Beuteltiere, und über mehr als 60 Millionen Jahre lang gemeinsam mit den Plazentatieren, aber in unterschiedlichen ökologischen Nischen. Als Südamerika mit Nordamerika kollidierte und der Isthmus von Panama entstand, starben auch in Südamerika die meisten Beuteltiere aus, da sie von den einwandernden Plazentatieren verdrängt wurden. Manche blieben aber auch bis in heutige Tage noch sehr erfolgreich, und einige wie die Opossums wanderten sogar auf den Nordamerikanischen Kontinent ein.

Woher ich das weiß:Hobby – Jahrelange Begeisterung für die Natur und ihre Bewohner.

Die Beuteltiere (Marsupialia) sind heute nur noch auf zwei Kontinenten vertreten, zum einen Australien (bzw. Ozeanien, wenn man umliegende Inseln wie Neuguinea oder Tasmanien hinzuzählt) und zum anderen Südamerika. Nur eine Art, das Nordopossum (Opossum virginiana) kommt auch in Nordamerika vor. In der erdgeschichtlichen Vergangenheit hat es Beuteltiere aber auch auf anderen Erdteilen gegeben. Es sind z. B. Fossilien von Beuteltieren bekannt, die auf Antarctica gefunden wurden. Auffällig ist, dass früher Südamerika, Australien und Antarctica Teil eines größeren, zusammenhängenden Kontinents waren, Gondwana. Ob die Erdgeschichte etwas mit dem Erfolg der Beuteltiere in Australien zu tun hat? Wir behalten diese Frage im Hinterkopf. Zuvor wollen wir aber erst einmal einen anderen wichtigen Begriff klären, nämlich den der ökologischen Nische.

Die ökologische Nische ist das Wechselspiel zwischen den Umweltbedingungen eines Ökosystems (Lizenzen) und dem genetisch bedingten Spielräumen (Valenzen), innerhalb derer ein Lebewesen unter den herrschenden Umweltbedingungen überleben und sich fortpflanzen kann. Faktoren, die die Umwelt einem Lebewesen aufzwingt, können abiotischer Natur sein, z. B. Licht, Temperatur, Niederschläge, die Beschaffenheit des Reliefs, oder biotischer Natur, z. B. das Auftreten von Krankheiten und Parasiten, An- und Abwesenheit von Räubern oder die wachsende Vegetation. Wenn ein Lebewesen beispielsweise innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs überleben kann, dann nennt man diesen auch den Toleranzbereich dieses Lebewesens.
Die ökologische Nische ist also nicht nur ein Raum, den die Umwelt zur Verfügung stellt, sondern sie ist eher eine Art "Beruf", den ein Lebewesen ausübt.

Noch etwas ist bedeutend, wenn wir über ökologische Nischen sprechen. Eine ökologische Nische kann im selben Lebensraum stets nur von einer einzigen Art besetzt werden. Kommen zwei Arten im gleichen Lebensraum vor, die die gleiche ökologische Nische besetzen möchten, treten sie unweigerlich in Konkurrenz miteinander. Das hat zur Folge, dass beide Arten sich entweder anpassen müssen, um sich die ökologische Nische aufzuteilen (z. B. durch unterschiedliche Aktivitätszeiten: Adler und Falken sind tagaktiv, Eulen sind nachtaktiv) oder die konkurrenzstärkere Art wird die ihr unterlegene Art aus dem Lebensraum verdrängen.

Mit diesem Wissen kehren wir wieder zum Urkontinent Gondwana zurück. Als dieser begann, in einzelne Teile zu zerbrechen, lebten nur Beuteltiere auf Gondwana. Entstanden sind die Beuteltiere vermutlich aber in Nordamerika, von dort aus wanderten sie nach Gondwana aus. In Nordamerika starben die Beutelsäuger später aus. Man vermutet, dass die Einwanderung Höherer Säugetiere (Eutheria oder Placentalia genannt) aus Asien dazu führte, dass die Beuteltiere in Nordamerika ausstarben. Ähnliches geschah auch mit den Beuteltieren in Eurasien. Die Placentalier erwiesen sich als konkurrenzstärker und führten so zur Verdrängung der Beuteltiere in den Regionen, wo sie eingewandert sind.
Als Gondwana schließlich in seine heutigen Bestandteile zu zerbrechen begann, war in Südamerika und Australien keine nennenswerte Fauna von Plazentatieren (Australien wurde bis zur Ankunft des Menschen lediglich von einigen Fledertieren (Chiroptera) sowie mäuseähnlichen Nagern (Rodentia) besiedelt) vertreten. In diesen Regionen traten diese daher nicht in Konkurrenz zu den Beutelsäugern, die dort lebten. Vom Rest der Welt isoliert, konnte sich dort innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitraums eine große Artenvielfalt an Beuteltieren entwickeln, man spricht in diesem Zusammenhang von der Radiation der Beutelsäuger. Damit ist keine Ausbreitung in verschiedene Richtungen gemeint, sondern eine Aufspaltung in viele Arten innerhalb kurzer Zeit aus nur einem (oder sehr wenigen) Vorfahren.
Begünstigt wurde die Radiation durch das Fehlen der Höheren Säuger. Sämtliche ökologische Nischen, die in Europa, Asien oder Nordamerika durch die verschiedensten Ordnungen der Placentalier besetzt werden, konnten daher in Australien und Südamerika durch die Ordnung der Beuteltiere übernommen werden. Tatsächlich finden wir innerhalb dieser einzigen Ordnung eine ganze Fülle unterschiedlichster Baupläne, die an die verschiedensten Ordnungen der Höheren Säugetiere erinnern. So besitzen die grasfressenden Känguruhs (Macropodidae) einen mehrhöhligen Magen zur Celluloseverdauung, ganz ähnlich wie die Wiederkäuer (Ruminantia), zu denen die uns vertrauten Hirsche oder Antilopen gehören. Die Beutelmulle (Notoryctes) führen ein unterirdisches Dasein so wie die Maulwürfe (Talpidae) unserer Breiten. Wie die Schuppentiere (Pholidota) Afrikas und Asiens oder die Ameisenbären (Vermilingua) in Amazonien, besitzt der Numbat (Myrmecobius fasciatus) eine lange Zunge und übernimmt dort die Rolle des Termitenfressers und die Beutelmarder (Dasyurus) und der ausgestorbene Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus) haben die ökologische Nische der Raubtiere (Carnivora) besetzt. Viele Beuteltiere haben also einen ganz ähnlichen Körperbau entwickelt wie ihre Pendants unter den Plazentatieren, ohne näher mit ihnen verwandt zu sein. Diese gleichartige Anpassung ohne einen gemeinsamen Verwandtschaftsursprung bezeichnen wir als Konvergenz oder konvergente Evolution, die entwickelten Merkmale werden auch Analogien genannt.
In Südamerika, wo sich ebenfalls eine große Vielfalt an Beuteltieren entwickelt hatte, kam es schließlich mit der Verbindung der beiden amerikanischen Kontinente über die Landbrücke von Panama zur Einwanderung Höherer Säugetiere. Ihre Ausbreitung führte schließlich auch dort zu einem starken Rückgang der südamerikanischen Beuteltierfauna. Heute sind von den einst vertretenen amerikanischen Beuteltieren nur noch recht kleine opossumähnliche Beuteltiere übrig geblieben.
Mit der Ankunft des Menschen in Australien, erging es leider auch den australischen Beuteltieren nicht gut. Im Schlepptau hatte der Mensch Hunde, Katzen, Marder, Füchse und Kaninchen. Die Raubtiere hatten leichtes Spiel mit den Beuteltieren, die nie gelernt hatten, dass eine Katze oder ein Fuchs gefährlich sind; Kaninchen traten in Konkurrenz zu pflanzenfressenden Beuteltieren und so starben innerhalb eines kurzen Zeitraums etliche Beutelsäuger in Australien unwiederbringlich aus, viele andere sind vom Aussterben bedroht und werden wohl nur in Schutzgebieten überleben, die aufwändig vom Menschen frei von eingeschleppten Arten gehalten werden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Hallo,

Wie immer in solchen Fällen: jede Menge freie ökologische Nischen!

Zahllose sehr verschiedene Lebensräume von der Wüste bis zum Regenwald, verschiedenste Nahrungsquellen,...