Welche grausamen/schrecklichen Taten vollbrachte der römosche Kaiser Caligula?

5 Antworten

Die Überlieferung erzählt von vielen schlimmen Taten. Allerdings ist die Zuverlässigkeit der Angaben unsicher. Manches ist vielleicht nur eine angebliche Tat.

Überprüft werden kann, was die antike Überlieferung an Aussagen enthält. Sie beruht auf Darstellungen von Zeitgenossen nach Caligulas Tod. Fast alles geht auf das zurück, was Mitglieder der vornehmen Gesellschaft Roms erzählt haben. Senatoren haben die geschichtliche Erinnerung geprägt. Vor allem bei Sueton, einem Autor von Kaiserbiographien, ist viel an Klatsch, Gerüchten und Vorwürfen überliefert. Zwischen Caligula und der Aristokratie ist nach einem gut verträglichen Verhältnis zu Anfang seiner Regierungszeit ein Konflikt ausgebrochen. Die Aristokratie hat dabei viel erlitten und ist gedemütigt worden. Nach Caligulas Tod hat sie Vergeltung geübt, indem sie ihn als grausamen Tyrannen, moralisch verdorbenen Wüstling und Wahnsinnigen darstellte. Die Angaben enthalten aller Wahrscheinlichkeit nach sowohl tatsächlich verübte schlimme Taten als auch Erfindungen bzw. Verdrehungen. Tacitus, Annales 1, 1, 2 urteilt, die Taten der Kaiser Tiberius, Caligula, Claudius und Nero sei zu ihren Lebzeiten aus Furcht verfälscht und nach ihrem Tod aus frischem Haß niedergeschrieben worden.

grausame/schreckliche Taten

nach einigen Autoren: Ermordung des alten Kaisers Tiberius durch Gift, Ersticken mit einem Kissen und Zudrücken der Kehle und Kreuzigung eines dabei aufschreienden Freigelasssenen (Sueton, Caligula 12, 2)

viele Hinrichtungen und Nötigungen zur Selbsttötung: erzwungener Suizid z. B. des Prätorianerpräfekten Quintus Naevius Cordus Sutorius Macro und seiner Ehefrau Ennia (Philon, Presbeia pros Gaion (Πρεσβεία πρὸς Γαῖον; Gesandschaft an Gaius; lateinischer Titel: Legatio ad Gaium) 58 – 61; Sueton, Caligula 26, 1; Cassius Dio 59, 10, 6 – 7)

angeblich unwürdige und ekelhafte Behandlung (z. B. Verweigerung eines geheimen Treffens ohne Gegenwart des Prätorianerpräfekten Macro) seiner Großmutter Antiona, was zu ihrem Tod geführt habe, nach Meinung einiger Leute hat Caligula sie vergiftet (Sueton, Caligula 23, 2)

Tötung seines Vetters und Adoptivbruders Tiberius Gemellus durch einen entsandten Militärtribunen (Philon, Presbeia pros Gaion (Πρεσβεία πρὸς Γαῖον; Gesandschaft an Gaius; lateinischer Titel: Legatio ad Gaium) 23 und 29 – 31; Sueton, Caligula 23, 3; Cassius Dio 59, 8, 1 und 3)

Nötigung seines Schwiegervaters Marcus Iunius Silanus zur Selbsttötung (Philon, Presbeia pros Gaion (Πρεσβεία πρὸς Γαῖον; Gesandschaft an Gaius; lateinischer Titel: Legatio ad Gaium) 62 – 66; Seneca, Apocolocyntosis 11, 2; Sueton, Caligula 23, 3; Cassius Dio 59, 8, 4 - 6)

angeblich Inzest: sexueller Verkehr mit seinen Schwestern Agrippina, Drusilla und Iulia Livilla (Sueton, Caligula 24, 1; Cassius Dio 59, 11, 1)

Livia Orestillla während ihrer Hochzeit mit Gaius Calpurnius Piso dem Ehemann weggenommen, nach einigen Tagen wieder verlassen, zwei Jahre später Verbannung, weil sie in der Zwischenzeit wieder Umgang mit ihrem früheren Ehemann gehabt zu haben schien (Sueton, Caligula 25, 1; Cassius Dio 59, 8, 7 – 8 [dort Cornelia Orestina genannt])

Lollia Paulina ihrem Ehemann Gaius Memmius weggenommen, geheiratet, nach kurzer Zeit Trennung, für sie für immer Verbot sexuellen Verkehrs mit einem Mann (Sueton, Caligula 25, 2; Cassius Dio 59, 12, 1; 59, 23, 7)

sexuelle Übergriffe auf Valerius Catullus und auf vornehme römische Ehefrauen (Sueton, Caligula 36)

angeblich Einrichtung eines Bordells mit vornehmen römischen Ehefrauen und freigeborenen Knaben auf dem Palatin (Sueton, Caligula 41), was aber wohl tatsächlich kein Bordellbetrieb, sondern eine Maßnahme zur Kontrolle und finanziellen Schädigung war (vgl. Cassius Dio 59, 28, 9)

Hinrichtung des Königs Ptolemaios von Mauretanien im Jahr 40 (Sueton, Caligula 35, 1; Cassius Dio 50, 25, 1), sein Land wurde römische Provinz

ließ angeblich angeblich wegen Lärms um Mitternacht Leute, die schon Plätze im Circus besetzten, mit Knüppeln forttreiben, bei den Tumult seien neben zahlreichen Leuten 20 römische Ritter und 20 Matronen umgekommen (Sueton, Caligula 26, 4)

Grausamkeit: angeblich gefangene Verbrecher wilden Tieren zur Fütterung vorgeworfen, ließ Mann töten, der gelobt hatte zu sterben, wenn der Kaiser genese, ließ auch wegen Geringfügigkeiten Männer der Oberschicht brandmarken, zu Arbeit im Bergwerk oder zum Straßenbau oder zum Kampf mit wilden Tieren verurteilen, in enge Käfige einsperren, wo sie zum Kriechen gezwungen waren, und in der Mitte entzwei sägen, zwang Väter, bei der Hinrichtung ihrer Kinder anwesend zu sein, ließ einen Aufseher für Gladiatorenspiele und Tierhetzen mehrere Tage lang mit Ketten peitschen, einen Dichter wegen eines Verses mit zweideutiger Anspielung in der Arena des Amphitheaters verbrennen, einen römischen Ritter, der den wilden Tieren vorgeworfen war und wiederholt sich für unschuldig erklärte aus dem Amphitheater führen, ihm die Zunge ausschneiden und wieder zurückführen, ließ angeblich alle auf Inseln Verbannten töten, stiftete Menschen an, einen Senator zu durchbohren und zu zerreißen (Sueton, Caligula 27 – 28)

ließ angeblich zur Einweihung einer Brücke in Puteoli eingeladene Zuschauer ins Meer stürzen und einige, die sich an die Steuerruder klammerten, ins Wasser zurückstoßen (Sueton, Caligula 32, 1; vgl. Seneca, De brevitate vitae 18, 5; Cassius Dio 59, 17, 9 -10)

durchbohrte angeblich einen Gladiator, der sich bei einem Kampf mit Holzwaffen freiwillig niederstoßen ließ, mit einem Eisendolch (Sueton, Caligula 32, 2)

schlug angeblich einen Opferstecher mit einer Opferaxt tot (Sueton, Caligula 32, 3)

Bereicherung durch Rechtsverdrehungen, Druck, bei Testamenten bedacht zu werden (schickte angeblich sogar vielen, die nach einem solchen Testament fortlebten, vergiftete Kuchen), und Auktionen, bei denen er zu hohen Preisen nötigte (Sueton, Caligula 38)

Sextus Papinius und ein anderer Senator angeblich aus Vergnügen geschlagen gefoltert und grausam getötet, bei der Hinrichtung Mund zugestopft, damit sei keine Schmähungen ausstoßen konnten, ihre Väter noch in derselben Nacht von Zenturionen in ihren Häusern aufgesucht und getötet (Seneca, De ira 3, 18, 3- 3, 19, 5; tatsächlich ging es anscheinend um den Vorwurf einer Verschwörung, vgl. Cassius Dio 59, 25, 5 – 7)


hannibalxme 
Fragesteller
 19.05.2019, 14:25

Danke für die ausführliche Antwort!

Also hat er keine Zwangsprostitution betrieben, aber selbst vergewaltigt?

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Albrecht  19.05.2019, 14:47
@hannibalxme

Der Vorwurf einer Zwangsprostitution mit Einrichtung eines Bordells auf dem Palatin ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Verdrehung der Tatsachen.

Ein direkter Einsatz körperlicher Gewalt durch Caligula zur Erzwingung von Sex ist nicht ausdrücklich belegt, aber zumindest Ausnutzung der Machtstellung mittels Druck und psychischer Nötigung ist anscheinend vorgekommen. Die Aussage von Valerius Catullus deutet auf nicht einverständlichen Sex, also Vergewaltigung.

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hannibalxme 
Fragesteller
 19.05.2019, 16:50
@Albrecht

Hat er also wirklich den armen Mann vergewaltigt und hinterher noch die ganzen Frauen? Beziehungsweise gibt es da Belege/Aussagen abgesehen von Catullus‘?

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Albrecht  20.05.2019, 07:06
@hannibalxme

Völlige Sicherheit ist angesichts der Quellenlage nicht möglich. Sueton hat Angaben in der Überlieferung vorgefunden und weist in dem Kapitel nicht auf abweichende Darstellungen hin (anders als in der Frage einer Ermordung des Kaisers Tiberius, die einige Autoren Caligula zuschreiben, also offenbar andere über dessen Tod berichtende Autoren nicht). Mit Valerius Catullus wird eine konkrete Person genannt und er war damals bekannt (aus konsularischer Familie). Das verwendete lateinische Verb stuprare bedeutet „schänden“, „durch Unzucht entehren“, „vergewaltigen“.

Über die zeitliche Reihenfolge steht nichts in der Quelle.

Sueton, Caligula 36 erzählt von anstößigen Handlungen.

C. Suetonius Tranquillus, Die Kaiserviten = De vita Caesarum. Berühmte Männer = De viris illustribus. Lateinisch-deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Hans Martinet. 4., korrigierte Auflage. Berlin ; Boston : De Gruyter, 2014 (Sammlung Tusculum), S. 501:

„Er kannte kein Schamgefühl, noch schonte er das der anderen. So sollen er und M. Lepidus, der Pantomine Mnester und einige Geiseln unzüchtig miteinander verkehrt haben. Valerius Catullus, ein junger Mann aus konsularischer Familie, schrie es sogar laut heraus, daß er ihn geschändet habe und sein Körper durch den ständigen Beischlaf ganz geschwächt sei. Sieht man einmal von der Unzucht mit seinen Schwestern und seiner stadtbekannten Liebe zu der Prostituierten Pyrallis ab, so ohne weiteres ließ er auch keine der vornehmeren Damen in Ruhe. Meistens lud er sie mit ihren Ehemännern zum Essen ein; wenn sie dann an ihm vorbeigingen, sah er sie sich genau und bedächtig an, wie Händler es zu tun pflegen, hob auch mit der Hand ihr Gesicht hoch, wenn sie es aus Scham gesenkt hielten. Dann ging er, sooft es ihm beliebte, aus dem Speisezimmer und ließ diejenige, die ihm an meisten gefallen hatte, zu sich rufen; kurz darauf kam sie zurück, man sah noch die frischen Spuren seiner Wollust an ihr; entweder lobte er sie dann vor allen oder machte sie schlecht, indem er ihre körperlichen und sexuellen Vorzüge und Schwächen aufzählte. Einigen Frauen schickte er persönlich im Namen ihrer abwesenden Ehemänner den Scheidebrief und ließ dies auch im Staatsanzeiger bekannt machen.“

Es gibt eine Aussage eines Zeitgenossen über einen Ehebruch Caligulas mit der Ehefrau des Senators und Suffektkonsuls im Jahr 35 Decimus Valerius Asiaticus, wobei aber nicht deutlich entnommen werden kann, inwieweit dies seitens der Ehefrau freiwillig oder unfreiwillig war.

Seneca, De constantia sapientis 18, 2

Seneca, Schriften zur Ethik : die kleinen Dialoge ; lateinisch-deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Fink. Düsseldorf : Artemis & Winkler, 2008 (Sammlung Tusculum). S. 91:

„Valerius Asiaticus gehörte zu seinen engsten Freunden, ein unbeherrschter Mann, der kaum die Beleidigung anderer ruhig mitansehen konnte. Dem verriet er beim Gelage, das heißt in aller Öffentlichkeit, mit überlauter Stimme, wie sich beim Beischlaf dessen Frau anstelle. Gute Götter! Das mußte ihr Mann hören! Und so weit ging er in seinem Übermut, daß er, der Kaiser, einem ehemaligen Konsul, nein, seinem Freund, nein, nur dem Ehemann zugleich von seinem Ehebruch erzählte und und davon, daß ihm die Frau zuwider sei.“

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hannibalxme 
Fragesteller
 20.05.2019, 07:11
@Albrecht

Okay, das hat mir wirklich weiter geholfen.

Eine Frage noch: Ich habe beim Googlen gelesen, dass Catullus in seinen Gedichten ebenfalls mit Vergewaltigung an irgendwelchen Männern drohte, stimmt das?

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Albrecht  20.05.2019, 07:49
@hannibalxme

Der im 1. Jahrhundert v. Chr. lebende Dichter Catull (Valerius Catullus) hat in einigen Gedichten Androhungen von Vergewaltigung gegen Männer eingebaut (Carmen 16 und Carmen 21 sind Beispiele). Vorsicht ist angebracht, dies zu sehr als drohende Ankündigung in der Realität zu deuten. Es geht um derbe Arten der (abschreckenden) Bestrafung und der Sprecher (lyrisches Ich) betreibt Inszenierung von Männlichkeit. Es gibt auch Gedichte, wo er umgekehrt eine Opferrolle hat.

Der genannte Valerius Catullus zur Zeit des Kaisers Caligula ist nicht dieser Dichter.

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Er wollte sein Pferd zum Konsul ernennen lassen.

Stand meine ich auch auf seine eigene Schwester.

Gibt viele, was den besten Kaiser der römischen Geschichte/ des Kaiserreichs auszeichnet.


hannibalxme 
Fragesteller
 18.05.2019, 16:14

Du magst ihn?

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hannibalxme 
Fragesteller
 18.05.2019, 18:29
@Change79

Naja, ich hatte ihn tatsächlich in Erwägung gezogen, aber sexuelle Vergehen und Verbrechen disqualifizieren jeden. Schade, dass er sich zu sowas hat hinreißen lassen. Es kann zwar eine Löge sein, aber das hat noch niemand glaubhaft darstellen können.

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Da gab es mal eine Film in den 1970ern, die waren da schon extrem deutlich. Den bekommt man heute nur drastisch gekürzt, also ist das schon mal keine Quelle.

Ansonsten kannst Du Dich ja mal im Internet unter Körperstrafen und so austoben.

Wer es noch doller braucht geht ins Foltermuseum in Wien. Danach habe sogar ich gekotzt, weil es einfach unfassbar ist, was Menschen anderen Menschen antun können.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Sieh dir doch Filme oder Dokumentationen dazu an. Es gibt ebenfalls gute Biografien

Vermutlich waren die Arena Spiel das Grausammste.

Allerdings soll er auch Frauen und Töchter von Hofbeamten in einen speziellen Zimmer gezwungen haben es mit ihm zu tun .

Was eigentlich damals sofern es keine Sklavinen waren strafbar war , aber wer könnte sich da durchsetzen.

Auch täte man heute die Kriege der Römer als verbotene Andriffskriege sehen ..